Fans der Band werden anfangs skeptisch die Augenbraue hochziehen. Was ist denn da los? Auf welchem Trip sind IDLES gelandet? Für ihr fünftes Album haben sich die britischen Post-Punk-2.0-Pioniere den RADIOHEAD-Stammproduzenten Nigel Godrich ins Boot geholt. Dessen Handschrift ist deutlich erkennbar. Zusammen mit dem kalifornischen HipHop-Produzenten Kenny Beats (FKA TWIGS, Vince Staples) und Gitarrist Mark Bowen hat Godrich die elf neuen Songs zusammengebaut. Die Texte stecken voller Liebe, Freude und Dankbarkeit. Eine dicke Portion Zuneigung für die Fans, die Band und deren Familien. Wütende Parolen und persönliche Abgründe hat Sänger Joe Talbot diesmal weitgehend stecken lassen. Man hört in jeder Zeile, wie gut es ihm gerade geht. Noch nie wirkten die Briten so zugänglich wie auf „Tangk“. Die Songs sind lasziv, elektronisch verspielt und durchgehend positiv. Gitarren spielen diesmal nur Nebenrollen. Trotzdem bleiben es irgendwie IDLES-Songs mit schroffen Kanten, dickem Wumms und Augenzwinkern in den Texten. Mit jedem Album schwimmen sich die Briten mehr von den Fußfesseln frei, die ihnen die Musikpresse mit dem Etikett Post-Punk 2.0 angelegt hat. Angefangen hat alles mit dem brillanten Debütalbum „Brutalism“ (2017) und extrem schweißtreibenden Shows, in denen die Band aus der Hafenstadt Bristol alles kurz und klein gehauen hat. Es folgten „Joy As An Act Of Resistance“ (2018) und „Ultra Mono“ (2020) mit denen sich die Neo-Post-Punk-Vorreiter immer ein Stückchen weiterentwickelt haben. Stets weiter weg vom Sound, den sie ursprünglich definiert und damit die Fährte für Bands wie FONTAINES D.C., SHAME oder TV PRIEST gelegt haben. „Ultra Mono“ kletterte sogar auf Platz eins der britischen Albumcharts. IDLES machten einfach immer weiter, spätestens alle zwei Jahre gab es ein neues Album. „Crawler“ (2021) versprühte dann sehr deutlich die Lust am Experimentieren. Mit „Tangk“ paddeln IDLES noch eine Meile weiter raus in den Ozean aus Klängen, Rhythmen und Stimmungen. Entscheidend ist einmal mehr die Stimme von Joe Talbot, der mal den gefühlvollen Soulman gibt und gleich darauf knochentrocken flüstert wie Tricky in seinen besten Zeiten. Zur ausufernden Experimentierfreude passen auch Gäste im Studio wie Faust aufs Auge: James Murphy und Nancy Whang von LCD SOUNDSYSTEM haben mit ihren Gesangsparts die erste Single „Dancer“ veredelt. Aufgenommen haben IDLES diesmal im Süden Frankreichs, im La Fabrique-Studio in Saint-Rémy de Provence, ein riesiges altes Landhaus mit Swimmingpool und Garten. Kein Wunder, dass die Stimmung in den Songs so gut ist wie noch nie. Wahrscheinlich gab’s Sekt, Schnittchen und Sonnenschein galore. Auch mal schön, nach all den schlechtgelaunten Tracks der Vergangenheit.
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