Die Geschichte der Londoner Punkband CHELSEA ist im Wesentlichen die Geschichte ihres Sängers Gene October. Er gründete die Band im Herbst 1976 und löste sie nach nur einem Gig wieder auf. Die drei übrigen Mitglieder machten fortan als GENERATION X weiter, wobei sich eines von ihnen in Billy Idol umbenannte.
October stellte daraufhin eine neue Truppe zusammen, die mit ihrer zweiten Single „Right to work“ einen Hit in den britischen Charts landen konnte. Dieser Song definierte in der Folgezeit das Image von CHELSEA als Band des kleinen Mannes mit sozialkritischen Texten und Working-Class-Attitüde.
Unglücklicherweise erschien das Debütalbum erst 1979, also zwei Jahre zu spät, um vom Punk-Boom im Vereinigten Königreich zu profitieren. In den folgenden Jahren veröffentlichten CHELSEA eher unregelmäßig neue Platten, wechselten dafür aber regelmäßig ihr Line-up.
Dies lag nicht zuletzt an Gene October selbst, der als durchaus schwieriger Charakter galt – und wohl auch noch gilt – und der sehr sprunghaft sein konnte (das Bremer Weser Label trieb er in den Neunzigern durch eine von ihm kurzfristig abgesagte Tour fast in den finanziellen Ruin).
An den Erfolg ihrer frühen Singles konnten CHELSEA nicht zuletzt deshalb weder in den Achtzigern noch in den Neunzigern anknüpfen. Von daher überrascht es wenig, dass jetzt mit „Saturday Night Sunday Morning“ erst das zehnte Album in der fast vierzigjährigen Geschichte der Band erscheint.
Musikalisch hat sich indes wenig geändert. Es glaubt auch wohl niemand ernsthaft, dass Gene und seine Jungs jetzt wie SUM 41 oder so klingen. Klassischer britischer Punkrock, mal etwas treibender („They don’t care what you want“), mal etwas melodiöser („Saturday night sunday morning“), aber immer eingängig, trifft auf gelegentliche Ausflüge in die Bereiche des Street- und Pop-Punk.
Dass mit James Stevenson seit einiger Zeit wieder der Gitarrist aus den Anfangstagen mit an Bord ist, tut der Band hörbar gut. Höhepunkte des Albums sind „Someone like you“ und „Talk about it“, wobei die 13 Songs des Albums insgesamt sehr homogen und ohne jeden Ausfall rüberkommen.
Insofern passt „Saturday Night Sunday Morning“ perfekt in die CHELSEA-Diskografie, die bisher kein wirklich schwaches Album aufweist. Was sich allerdings wie ein roter Faden durch fast alle Alben und auch dieses zieht, ist eine Produktion, die ruhig etwas mehr Wumms vertragen könnte.
Aber gut, betrachten wir das mal als so gewollt. Übrigens: Sein soziales Gewissen hat Gene October selbstverständlich behalten – nicht nur als Texter. Als Angestellter in der Stadtverwaltung Brightons sorgt er dafür, dass in dem englischen Seebad der Müll ordentlich getrennt wird.
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