ALTE SAU

s/t

Kaum eine Veröffentlichung eignet sich besser, um auf „hohem Niveau“ zu jammern, als eine aus dem Hause Rachut, der, wenn wir ehrlich sind, seine Mitmusiker und Bandnamen wechseln kann wie löchrige Socken, ohne dass es einen großen Unterschied macht.

Ob nun mit Orgel statt Gitarre, Chor und Wechselgesang, mit oder ohne was auch immer, der Gesangsstil des alten Herrn ist unverkennbar und prägnant. So prägnant, dass jede Band mit ihm am Mikro in der letzten Konsequenz eigentlich nachträglich namentlich ergänzt werden sollte.

Ähnlich wie bei anderen unverwechselbaren stilprägenden Musikern müsste es heißen: JENS RACHUT & DAS MOOR, ANGESCHISSEN FEAT. JENS RACHUT, DAS JENS RACHUT DACKELBLUT QUARTETT, JENS RACHUT UND SEIN KOMMANDO SONNE-NMILCH, THE OMA HANS AND JENS RACHUT KAFFEEKRÄNZCHEN, JENS RACHUT ENSEMBLE, B.A.A.V.J.R.H.

(BLUMEN AM ARSCH VON JENS RACHUTS HÖLLE). Warum die vielen Neubenennungen, wenn unter dem Strich eine Konstante bleibt und der stete Wechsel genau genommen auch schon wieder eine Art wiederkehrendes Schema ist? „Ah ja, die nächste Band aufgelöst, die neue steht schon in den Startlöchern.

Ja, klingt ähnlich.“ Nun gut, aus der Asche vom Kommando wurden die lieblichen Chorgesänge übernommen, auch der Wechselgesang sowie das hochwertige Schlagzeugspiel mit exzellentem Rhythmusgefühl sind da, nur die Namen sind andere.

Bekannte Themen (Hunde, schräge kleine Kurzgeschichten) begegnen uns in leicht anderer Form wieder, wobei sich „Paula Scheiße“ bis auf den leicht abzuwandelnden Refrain sogar sehr gut zur Melodie von „Angst macht keinen Lärm“ mitsingen ließe.

„Das Gerede“ ist nicht weit von „Stille Post“ entfernt, inhaltlich aber so treffend und genial, dass man das gut und gerne verschmerzen kann. Der Nichtgesangsstil ist (zum Glück) nach wie vor unverändert unverkennbar, was auch diese Inkarnation Jens Rachut/ALTE SAU zu einer weiteren Band aus demselben Hause macht, das schon lange nichts mehr zu beweisen hat.

Die kleinen Ausflüge in NDW-Gefilde (Bärchen, Dorau) machen Spaß, überraschend ist es aber wiederum nicht. Die Duftmarken sind seit den Blumen gesetzt, die Heerscharen an Epigonen nahezu zahllos, nur können sich die Rezensenten oft nicht richtig auf die eine Referenz einigen.

Der Punkt ist dann aber doch, dass ich den Herrn mit seinem alten Mitstreiter Andreas Ness an der Gitarre viel lieber mag als mit einer Orgel, und damit bin ich sicher nicht alleine. Ich weiß, dass ich keinen Wunsch frei habe, aber ich hätte kein Problem damit, wenn der alte Mann von der Küste bis ans Ende seiner Tage mit einer WIPERS-Gitarre an seiner Seite das machen würde, was er ohnehin tut, nämlich schräge Texte singen, und sich keinen Stress mehr damit antut, aus Sorge um die Etablierung seine nächste gute Band in irgendeine andere umzubenennen, und die musikalischen Exkursionen in andere Gefilde, so wie es sich gehört, als Projekt laufen zu lassen.