Es ist ein tiefes Eintauchen in die Ox-Frühzeit in Heidenheim am Rande der Schwäbischen Alb, 1989/90. Ein paar Kilometer weiter, jenseits der Landesgrenze, gab es in Dillingen an der Donau den Plattenladen Subway Records von Michael Schuster, man kannte sich. Die in Süddeutschland bekannten DANZIG-Verehrer RESISTORS veröffentlichten auf dem dazugehörigen Label, bescherten dem Ox bei Ausgabe 5 die erste 7“-Beilage. Von Michael bekam ich vorgeschwärmt, wie super diese neue Band aus Weilheim doch sei, NOTWIST. Wann und wo und in welchem Dorf-Juze ich die erstmals live sah? Vergessen. In Ox Nr. 6 von 1990 die Rezension des ersten Tapes: „Stellt euch vor DINOSAUR [JR.] machen melodiösen Hardcore. Surrende Gitarren, wunderbare Melodien.“ Und der Hinweis auf das für August angekündigte Album, und das Ox mit der Rezension dazu kam Anfang 1991. Ich schrieb: „Im süddeutschen Raum wurden sie schon länger als Geheimtip gehandelt, jetzt haben NOTWIST ihre erste LP veröffentlicht und alle Erwartungen übertroffen. DINOSAUR on Acid mit Schwermetallvergiftung und einer Vorliebe für Hardcore ... Wo DINOSAUR eher zu sanften Tönen neigen, wird hier voll in die Saiten gegriffen und geklampft, was der Verstärker hergibt.“ Das Herumreiten auf dem DINOSAUR JR.-Vergleich ist fast schon penetrant, aber wenn ich dieses Album nun nach zig Jahren wieder höre, muss ich feststellen, dass das absolut angemessen ist: J Mascis und Band waren eindeutig der größte Einfluss der aus den Acher-Brüdern Markus und Micha sowie Martin Messerschmid bestehenden Band, und dazu kamen erwähnte scharfe Hardcore-Gitarren und so eine gewisse Härte, wie man sie damals bei PRONG und Co. entdeckte – es crossoverte bereits etwas, aber diesen Sound spielte sonst kaum jemand aus Deutschland – „Neil-Young-Core“ schrieb damals jemand, was anlässlich der Neupressung von 1993 (!) im als Faksimile der 2021-Version beiliegende Presseinfo nachzulesen war. Mit FUGAZI, WIPERS und THERAPY? waren NOTWIST da schon auf Tour gewesen, hatten gerade den Nachfolger „Nook“ veröffentlicht und den Grundstein gelegt für ihre mittlerweile über drei Jahrzehnte andauernde Karriere, die sie längst in gänzlich andere musikalische Gefilde geführt hat. Wer nur diese „neuen“ NOTWIST kennt, wird sie hier kaum wiederfinden, ich aber feiere diesen Klassiker. Subway Records hat den im Original-Coverartwork neu aufgelegt, gepresst in gold-schwarzes Vinyl, mit Foto-Beiblatt, Bandfoto-Reproduktion im Polaroid-Style, erwähntem Release-Sheet von 1993 sowie einem Siebdruck des beliebten „Puppen“-Artworks.
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