DIRTY PROJECTORS

Rise Above CD

Betrachtet man David Longstreth aus Brooklyn mal aus einem rein künstlerischen Blickwinkel, so muss dieser Kerl verdammt nochmal ein Genie oder total wahnsinnig sein. Da Genie und Wahnsinn bekanntlich nah aneinander zu liegen kommen, wird man nach diesem Hörgenuss also getrost beides annehmen können.

"Rise Above" erinnert nicht nur an den ersten Songtitel des legendären BLACK FLAG-Albums "Damaged" - als vom Künstler ausgewiesenes Konzeptalbum ist "Rise Above" sozusagen die Reinkarnation des Hardcore-Klassikers aus dem Jahre 1981, allerdings ohne diesem in irgendeiner Weise stilistisch auch nur nahe zu kommen.

David hat sich dieses BLACK FLACK-Album weder kurz vorher angehört noch dessen Texte gelesen. Die kunstvoll abstrahierte Nachmodellierung konstruierte er allein aus Erinnerungen seiner Jugendtage.

Bemüht man die Distanz zwischen Erde und Mond als Vergleich, so wirken der gute Heimatplanet und sein Trabant wie siamesische Zwillinge, im Gegensatz zu "Rise Above" und "Damaged". Gemäß des Bandnamens wirken die Songs zerrissen, wie eine Bildprojektion, die eine schmierige, zersprungene Projektionslinse in tausend Stücke zerhackt und in allen Regenbogenfarben leuchtend an eine Rauhputzwand wirft.

Den "Diebstahl des Punkrockgeistes" wollte der New Yorker damit vollziehen, "so wie es AMERICAN IDOL mit New Wave und Grunge machen". Und damit gelingt Mr. Longstreth etwas Faszinierendes - er präsentiert eine polarisierende Mischung aus wirren Popklängen, schrillen Kopfstimmgesängen, schmissigen Folk- und deplatziert wirkenden Country-Einstreuungen.

Und doch ist es zweifelsohne der Punk, der über allem schwebt, wie das Schwert des Damokles. (10)