Sollte George W. Bush über einen guten Draht zum lieben Gott verfügen, dann wird Al Jourgensen spätestens für "Rio Grande Blood" in der Hölle schmoren. Nicht nur dass er auf dem Cover des dreizehnten MINISTRY-Albums den US-Präsidenten als Jesus-Parodie in einem Ölfass stehend und von Bohrtürmen und Bombern umgeben abbildet, jetzt dreht er "Dubya" auch noch die Worte so im Mund herum, dass der Mann endlich mal die Wahrheit sagt.
Der Opener und gleichzeitige Titeltrack startet mit der Ankündigung "And now a message from the President of the United States, George W. Bush" und präsentiert dann, begleitet von den typischen MINISTRY-Gitarrenbreitseiten, ein paar leicht umgeschnittene Bush-Samples, die den Herrn dann so schöne Dinge sagen lassen wie "I'm a dangerous, dangerous man with dangerous, dangerous weapons", "I'm a weapon of mass destruction, I'm a brutal dictator and I am the evil" oder ganz simpel "I'm an asshole." Jourgensen macht mit "Rio Grande Blood" also genau dort weiter, wo er vor zwei Jahren mit "Houses Of The Molé" aufgehört hat.
Es dreht sich primär wieder um den Verbrecher und seine Gefolgschaft im Weißen Haus sowie natürlich deren Weltpolitik, und auch musikalisch knüpfen MINISTRY trotz Besetzungswechseln nahtlos am Vorgänger an.
Al Jourgensen hat sogar beinahe die ganze Belegschaft ausgetauscht - Ex-FEAR-Schlagzeuger Mark Baker ist immer noch dabei, neu dagegen sind Ex-PRONG-Boss Tommy Victor an der Gitarre und Bassist Paul Raven (ebenfalls ex-PRONG, aber auch ex-KILLING JOKE).
Und auch wenn die beiden Letzteren, teils deutlich hörbar, am Songwriting beteiligt gewesen sind - "Gangreen" basiert beispielsweise auf einem Riff, das an die PRONG der frühen Neunziger erinnert - ist "Rio Grande Blood" im Endeffekt wieder Jourgensen pur.
Ob rasend schnelle Klopper wie das absolute Albumhighlight "Senor Peligro", das mit seinem brillanten Achtziger-Thrash-Riff das Potenzial hat, meinen ewigen MINISTRY-Übersong "Burning inside" abzulösen, oder brutale Midtempo-Songs wie das ebenfalls heraus stechende, einfach genial arrangierte und mit einer grandiosen Pathos-Melodie versehene "LiesLiesLies" oder der hypnotische Rausschmeißer "Khyber Pass", jeder Moment der zehn Songs auf "Rio Grande Blood" - der kurze Militär-Chant am Ende der Platte nicht mitgezählt - kommt einem sofort vertraut vor und begeistert direkt.
Wirklich schon bekannt dürfte "The great satan" vom letztjährigen MINISTRY-Compilation-Album "Rantalogy" sein, hier aber in einer anderen Version vertreten. Natürlich haben auf "Rio Grande Blood" auch wieder Gäste mitgewirkt, ein gewisser Sgt.
Major hat "Gangreen" mit seiner Stimme veredelt, Liz Constantine von den sich selbst als experimentellen HipHop spielende Band bezeichnenden DIZZY X singt bei "Khyber Pass" und auch Jello Biafra hat mal wieder bei Jourgensen vorbeigeschaut, um für "Ass clown" ein paar Zeilen einzusprechen.
"Rio Grande Blood" ist also erneut ein verdammter Geniestreich, der mir sogar noch ein bisschen besser gefällt als das eh schon grandiose "Houses Of The Molé und ein weiterer Klassiker im Gesamtwerk MINISTRYs werden wird, direkt neben "Psalm 69" und knapp hinter "The Mind Is A Terrible Thing To Taste".
(10/10)
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