Es muss 2010 oder 2011 gewesen sein, als ich OKKULTOKRATI kennen lernte. Ich begab mich seinerzeit nach Bochum ins Matrix, um dort eine KYLESA-Show zu besuchen. Es gab zwei Vorbands, von denen die erste derart belanglos war, dass ich mich weder an Musik, geschweige denn ihren Namen erinnern kann.
Die zweite jedoch, die ist mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben, sollte sie doch dem eigentlichen Headliner ganz schön die Show stehlen, wie sich später an diesem Abend herausstellte. Da standen plötzlich ein paar Gestalten auf der Bühne, die allesamt aussahen, als hätten sie einige Nächte ohne den geringsten Schlaf durchgezecht und mir stellte sich unweigerlich die Frage, wie diese fertigen Typen hier bitte schön auch nur ansatzweise einen vernünftigen Gig zustandebringen sollten.
Man stellte sich kurz als OKKULTOKRATI vor und dann ging das Massaker auch schon los. Als gäbe es kein Morgen, droschen diese Jungs auf ihre Instrumente ein und ballerten dem erstaunten Publikum mit unfassbarer Wucht eine Mischung aus Punk, Black Metal, Sludge und Assel-Rock vor den Latz, was letztlich nicht nur meine Kinnlade nach unten klappen ließ.
Ich erinnere mich noch ganz genau an einen gewissen Chefredakteur, der mit glänzenden Augen neben mir stand und sich wie ein kleines Kind an dieser Show erfreute. Warum dieser ausführliche Rückblick? Nun, weil OKKULTOKRATI nicht mehr dieselben sind.
„Leider“ ist man zunächst gewillt zu sagen, doch sollten wir zunächst die Umstände beleuchten. Gitarrist und Hauptsongwriter Pâl Bredup erlitt im vergangenen Jahr mitten in der Hochphase des Songwritings zu „Night Jerks“ eine aggressive Muskelerkrankung, in deren Folge er mitunter nicht mal mehr eine Gitarre halten konnte.
In seiner Not wich Bredup auf Synthesizer und Keyboards aus, experimentierte viel herum und das daraus resultierende Ergebnis liegt nun in Form von „Night Jerks“ vor. Klar, besonders leicht hat es diese Band ihren Fans auch auf ihren früheren Releases nie gemacht, doch das neue Album wird sicher nicht wenigen einen dicken Kloß im Hals bescheren.
OKKULTOKRATI bezeichnen ihre Musik heute selbst als „Ufo Rock“ und man kommt letztlich nicht umhin, dies bestätigend abzunicken. Das offensichtlich Rabiate ist zurückgewichen und hat Platz gemacht für eine teilweise maschinenhafte Kälte, bedingt durch die neue Instrumentierung.
Man bewegt sich heute in einem stilistischen Fahrwasser, welches mehr in Richtung JOY DIVISION, nein, eher sogar noch deren Vorgängerband WARSAW schielt. Ja, der Punk und die dazugehörende Wut sind beide noch da, man muss eben nur etwas tiefer danach graben, insbesondere bei einem musikalischen Koloss wie dem Albumabschluss „Cosmic wynter“, der klingt, als hätte hier der Geist Syd Barrets seine Finger im Spiel gehabt.
„Night Jerks“ ist ein Album, das polarisieren wird, und genau deswegen ist diese Platte auch für Fans der Band so wichtig.
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