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GROOVENOM

Mitten ins Herz

Man muss sich „Mitten ins Herz“ schon auf verschiedenen Ebenen nähern, wenn man das GROOVENOM-Album nicht direkt abschreiben möchte. Der Album- und auch etliche Songtitel wie „Deine Liebe“ oder „Warum weinst du?“ klingen erst einmal nach Liebeskitsch und Schnulze. Musikalisch begegnet man dann ziemlich stilechtem NDH, was sich auch in entsprechend pathetischen Texten über das Zusammenspiel von Liebe und Schmerz bemerkbar macht. An dieser Stelle könnte man, vor allem als Core-Hörer, direkt den Plattenspieler ausmachen und das Album in die hinterste Ecke des Regals packen – aber wenn man das nicht macht, tun sich auf einmal interessante Gedankenansätze auf. Die Liebe, die „Mitten ins Herz“ beschreibt, ist zumeist sehr toxisch und mit ziemlich großer Negativität behaftet. Mein mithörender +1 bringt es treffend auf der Punkt, indem er es sehr gut zusammenfasst als „eine sehr unerwachsene Idealisierung einer Person mit den dazugehörigen Projektionen, die für einen die emotionale Abhängigkeit rechtfertigen“. Ist Liebe also wirklich etwas reinweg Positives, und können wir hier eigentlich von Liebe sprechen oder doch eher von Abhängigkeit von Gefühlen, egal ob diese echt sind oder nicht? Und gerade wenn die Lyrics schon ein bisschen sexueller werden, frage ich mich zusätzlich: Inwieweit ist Sex eigentlich heutzutage noch Provokation? Oder ist es inzwischen wieder mehr Provokation denn je, wenn Gewalt im seltensten Fall zensiert wird, nackte Haut aber immer den größten Aufruhr erzeugt. So gewinnt „Mitten ins Herz“ definitiv an ungeahnter Tiefe.