RAZZIA

Menschen zu Wasser

Eine „typische“ Deutschpunk-Band waren RAZZIA nie, ja noch nicht mal eine Deutschpunk-Band. Dem konservativen Punk-Fan dürfte sowieso nur das Debüt „Tag ohne Schatten“ (1983) gefallen, schon bei „Ausflug mit Franziska“ (1986) hatten sich Keyboards eingeschlichen, hatte sich die Band auf einen stilistisch ganz eigenen Weg begeben, machte Anleihen im damals pauschal als „Wave“ bezeichneten Post-Punk-Sektor, der heute „Goth“ heißt.

1989 dann kam auf dem bandeigenen Triton-Label „Menschen zu Wasser“, das dritte Album, das an „Ausflug mit Franziska“ anknüpft, aber noch ein Stück weiter weg vom klassischen Punkrock ihres Debüts ist.

Auch hier wird wieder mit Synthie-Einsatz gearbeitet, bei „Stahlherz“ nimmt man mit dem markanten Sprechgesang (bei der Suche nach den Ursprüngen des ... BUT ALIVE-Sounds bitte mal hier genau hinhören) einiges vorweg, das den Hamburger Post-Punk-Sound der Neunziger prägen sollte.

Hier findet sich auch die unglaublich grandiose Textzeile „Wer freitags morgens in der S-Bahn fährt / Weiß, warum wir aussterben müssen“ – ein Satz, den jeder ÖPNV-Nutzer mit einem IQ über 100 sicher nachvollziehen kann.

Auch „Glasmoor“ ist ein Ausnahmestück, das massiv an die L.A.-Deathpunks CHRISTIAN DEATH erinnert. RAZZIA, die sich 1991 nach dem „Spuren“-Album erstmal auflösten, waren in dieser ersten Phase von 1979 bis 1991 neben Bands wie NEUROTIC ARSEHOLES und EA80 eine der wichtigsten und kreativsten Bands, die die hiesige Szene hervorgebracht hat, einfach weil sie textlich und musikalisch jenseits irgendwelcher Klischees agierte.

Diese CD-Neuauflage wurde von der Band neu gemastert, denn seinerzeit lief beim Mastering (nach zweiwöchigen, teuren und aufwendigen Aufnahmen) etwas schief, so dass man mit dem Ergebnis nie zufrieden war.

Die CD kommt im Pappschuber, im Booklet gibt’s die Texte sowie Linernotes der Band zum Entstehungsprozess – und zwei Videoclips von 1989 finden sich als Bonus, sofern man die CD im Computer abspielt.