PICTUREBOOKS

List Of People To Kill

THE PICTUREBOOKS sind so unbeschriebene Blätter, dass das dem Album beiliegende Info geheimnisvoll inhaltsleer ist und der misstrauische, weil erfahrene Musikberichterstatter dahinter schon wieder eine Verschwörung wittert.

Einen Deal mit dem Plattenboss später („Tausche Rezension gegen Information!") ist die Sache dann etwas weniger geheimnisvoll - oder wollte der fürsorgliche Labeldaddy seine jungen Schützlinge einfach nur fürs Erste vor der Häme der Journaille bewahren? Das Trio, das sich THE PICTUREBOOKS nennt, ist um die 20, spielt seit fünf Jahren zusammen, und kommt aus Gütersloh, einer Stadt im äußersten Osten von NRW, die eigentlich nur dadurch eine gewisse Bekanntheit erlangte, dass hier der Medienkrake Bertelsmann seinen Stammsitz hat und außerdem in der Vergangenheit ein paar Songtexter aus Reimgründen den Städtenamen verbraten haben.

THE PICTUREBOOKS also. Kommen aus den Nichts und legen ein Album hin, das schon beim ersten Hören aufhorchen ließ: Machen mächtig Druck, verbraten äußerst ungestüm die letzten 30 Jahre Indie-Musikgeschichte und zaubern daraus elf Song-Unikate, will heißen: jeder ist etwas anders, nie kommt das Gefühl auf, hier einfach nur ein nett durchlaufendes Album vor sich zu haben.

Hätte ich die Band im Blind Date regional einordnen sollen, ich hätte auf England getippt, vermutet, dass es da sicher schon eine „NME Single of the Week" gibt, aber das ist noch Zukunftsmusik.

Lustigerweise kamen mir als Erstes ART BRUT in den Sinn, denn wie die hat das junge Trio hier so eine gewisse Krawallattitüde, verbrät leicht wavige Frühachtziger-UK-Stilelemente und sympathisch großmäuligen Britpop, linst auch mal gen USA, aber findet die Insel alles in allem doch musikalisch am interessantesten - ob das was mit der Briten-Dominanz in Gütersloh zu tun hat, sind da doch seit 1945 jede Menge von denen stationiert? Wie dem auch sei, THE PICTUREBOOKS sind mitreißend, begeisternd und haben das Zeug dazu, weiter oben mitzuspielen, wenn sie denn jemand lässt.

Immerhin steckt hier nämlich kein großkotziger Major-A&R dahinter, kein wichtigtuerischer Manager, und das ist gut so. Und dass das Album übrigens so eine brillante Produktion hat, hängt möglicherweise damit zusammen, dass einer der Burschen auf den Namen Fynn Grabke hört: Dessen Vater, ein gewisser Claus Grabke, stand hinter dem Mischpult.