Ich höre den neuen SOCIAL DISTORTION-Longplayer gerade zum ersten Mal, hinter mir liegt eine erfolgreiche Probe und der Ausblick auf eine Party am morgigen Tag, die Bedingungen sind gut. Und während ich hier so sitze, nachts um kurz vor drei, möchte ich es hinausschreien: „Verdammt, das ist die beste SxDx-Platte, die es je gab!“ Ich habe erst die Hälfte der Platte erreicht und meine Laune ist richtig gut.
Ganz genau wie die Stimmung auf „Hard Times And Nursery Rhymes“. Der traurige Künstler wurde mit „White Light, White Heat, White Trash“ offensichtlich kuriert, ein Meer aus Hals-Schwalben in Tränen.
Hier singt nun ein reifer Mann, der – so scheint mir – mit der Welt im Reinen ist. Aber warten wir den morgigen Tag und die nächsten Runden des Longplayers ab ... Aus dem morgigen Tag sind nun Wochen, viele Durchläufe der LP und eine leicht schwindende Euphorie geworden.
Kurz gesagt ist „Hard Times ....“ neuer Stuff, der Ness-Jünger glücklich machen wird, und obendrauf gibt es mit „Writing on the wall“ einen der schönsten balladesken Songs, die Ness bisher geschrieben hat.
Die ersten Eindrücke hatten allerdings gemein, dass sich Mike Ness bis dato noch nie so mutig gab, was Modifikationen seines Social D-Trademark-Sounds betrifft. Das finde ich gut und das hatte er in Interviews bereits angekündigt: Da sind Gospelchöre, Melodien wirklich nah an „nursery rhymes“, und hier und da glaubt man neue Stimmlagen zu hören.
Es wird jedoch auch klar, dass der Wagen noch immer in der gleichen, alten, soliden Garage parkt. Poppiger sind SOCIAL DISTORTION geworden, und fröhlicher – ich versuche, nicht „lustiger“ zu schreiben.
Zwar gibt es mit dem Hank Williams-Cover „Alone and forsaken“ eine recht düstere Adaption, diese folgt jedoch auf das eigentlich schon unangenehm heitere „Far side of nowhere“. Bei mir hat der unbedingte Fanboy vor einiger Zeit schon das Haus verlassen, und hätte mir vor ein paar Jahren ob der Punktevergabe unterhalb der Maximalzahl auf die Finger und den Kopf gehauen.
Betrachte ich meine Eingangszeilen, bleibt dennoch zu sagen: Vereint in Teppich, Hut und Unterhemd verbleibe ich mit einer uneingeschränkter Empfehlung an alle „Addicts“ und bin mir sicher, dass mit dieser Platte auch einige Türen in Richtung einer neuen Hörerschaft aufgestoßen werden.
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