Drittes Kapitel der CYANIDE PILLS-Albumhistorie nach dem selbstbetitelten Debüt von 2010 und „Still Bored“ von 2013, erneut aufgenommen in den Billiard Room Studios in Leeds, dem Wohn- und Badezimmer der Band seit den Aufnahmen zur ersten Single „Break It Up“ vor acht Jahren.
Eigener Zahnputzbecher und drei warme Mahlzeiten inklusive. Immer dabei die weiße Lederjacke, das von Casino Steel höchstpersönlich angepasste Markenzeichen, die Uniform zur Übernahme der Herrschaft über die Welt und sämtliche angrenzenden Galaxien.
Die Mission: Neon im Allgemeinen und Pink im Besonderen. Doch hinter all dem Bonbonpapier und scheinbar planlosen Angriffen auf die menschliche Sehkraft steckt messerscharfe, humorvolle Analyse, Geschichten des alltäglichen Wahnsinns, die man kaum noch wahrnimmt oder vollständig zu ignorieren versucht, weil sonst die Männer mit der Jacke, die man nur hinten zubinden kann, kommen würden.
Die CYANIDE PILLS sind keine Männer großer Worte, Pointen werden nicht inszeniert, sondern gesetzt, Aussagen werden getroffen und nicht angedeutet. Konsequent warnen sie so selbst eine etwaige außerirdische Spezies vor dem Kontakt mit dem selbstzerstörerischen Subjekt Mensch, welches eine hässliche Kugel der Krankheit bewohnt.
Doch wie vermitteln sie ihre Botschaft musisch, wie nehmen sie Kontakt zum Haustelefon von E.T. auf? Das Rezept ist altbewährt und oft bemüht, doch nur selten so zur Perfektion getrieben, wie es von den CYANIDE PILLS exerziert wird.
Orgasmusabhängiger Schnoddermaul-Konfetti-Pop aus den grauen Mauern trostloser englischer Arbeiterstädte wie Manchester, von einigen Eingeweihten auch BUZZCOCKS genannt, ist der eine Teil, epileptische Bowery Bopper mit One-two-three-Schnappatmung auf Speed-Bonbons, mit Mickey Mouse-T-Shirt und beeindruckenden Achselhaaren ist der andere.
Zwischen diesen beiden Polen installieren sie dezente Variationen ihres Hauptthemas, Springteufel-Geschenkpäckchen mit ADICTS-Glitter etwa oder einen Hauch jugendlich verschwitzter Petting-Fantasien in schwülen Brickfield Nights.
Ebenso kurz gehackte „Neat Neat Neat“-DAMNED-Kanonaden mit ADVERTS-„Bored teenagers“-Effekt und VIBRATORS’ „London girls“ zum Trost, wenn man mal wieder in den Schlangen vom Arbeitsamt steht.
Dass diese Variationen auch beim dritten Anlauf nicht an Reiz verlieren, liegt vor allem auch an der ironischen Herangehensweise der Jungs aus Leeds, die sich selbst und ihren in den vergangenen Jahren etablierten Status zu keinem Zeitpunkt zu ernst nehmen und auch einmal über sich selbst lachen können.
Genau auf diesem Weg gelingt ihnen der große Tanz auf der Rasierklinge, immer kurz vor dem Absturz in die Notaufnahme, so wie wir es bei den CYANIDE PILLS kennen und schätzen gelernt haben.
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