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TALCO

And The Winner Isn’t

Diese Band ist der beste Beweis: Ska-Punk muss nicht irrelevant, eindimensional, schlicht und austauschbar sein. Ganz im Gegenteil. Diese Band steht mit jeder Note und jeder Zeile – sofern man denn der italienischen Sprache mächtig ist oder zumindest einen guten Online-Übersetzer hat – für Gehalt und Wichtigkeit, für musikalische Qualität und eindringliche Botschaften.

Ein ganzes, von so manchem Menschen nicht wirklich geschätztes Genre muss TALCO dankbar sein für das, was sie bislang seit sechs Alben betrieben haben und nun mit „And The Winner Isn’t“ fortsetzen.

Wobei die Bezeichnung „Ska-Punk“ streng genommen ohnehin viel zu eng gefasst ist, um die Musik dieses Sextetts aus der Region um Venedig irgendwie greifen zu können. TALCO mischen den Trompeten schließlich allerlei – und „allerlei“ bedeutet massenhaft – Folklore aus ihrer Heimat und von anderswo sowie Geradeaus-Punkrock und zig Spielereien auf Akkordeon, Banjo und Saxofon bei.

So lange und so konsequent, bis man meint, Freiheitskämpfer aus allen Freiheitskämpfen der Welthistorie am Lagerfeuer sitzen zu sehen und sie dabei ihre Hymnen und Schlachtrufe schmettern zu hören.

TALCO sind eine Blaupause für, nun ja, linke Musik. Für Musik, die per se alles umschließen und umfassen will und die sich hartnäckig wehrt, stumpf und stupide, monoton und einseitig zu sein.

Stumpf und stupide, einseitig und monoton sind doch die anderen, denen es nur ums Saufen und Raufen und darum geht, Soundtracks für entsprechende Parolen zu liefern. Parolen, die man vorzugsweise in rechten Kreisen hört.

Oder in Kreisen, in denen man immer vorgibt, bloß nichts von Politik wissen zu wollen und in denen am Ende dann doch auch die verkehren, die Patriotismus und das Gefühl des „Wir Unterlegenen hier gegen die Herrschenden und die nicht hierher Gehörenden da“ rauskeifen.

Hört man „And The Winner Isn’t“, dann ist man mitten drin im Sektor namens „Gute Seite“. Dann hinterfragt man all das, was im heutigen Leben eine viel zu große Rolle spielt: rasend schnelle Technologie, a-soziale Netzwerke, die von Populisten geschürte Angst vor allem Fremden, das unser Leben natürlich nicht bereichern, sondern uns unserer eigenen Kultur berauben will.

Und man kommt nach Momenten, in denen man es mit gereckter Faust genießt, auf der Welle dieser famosen Musik zu reiten, zu dem Schluss: Es ist noch nicht zu spät. Das Leben ist schön. Es gibt so viel Tolles und neues Fremdes zu entdecken.

Vielfalt ist die Zukunft des Menschen und dieses Planeten. Sie muss um alles in und auf der Welt erhalten werden. Und Bands wie TALCO geben den Weg vor, wie das gelingen kann: mit unbändigem Einsatz, einer beinahe kindlichen Spielfreude.

Und tosenden Songs, die einem – ob man nun Italienisch versteht oder nicht – direkt ins Herz gehen. Mehr muss Musik nicht leisten.