ABWÄRTS

Krautrock

ABWÄRTS aus Hamburg schrieben 1980 Punk-Geschichte mit der Single „Computerstaat“ und ihrem Debütalbum „AmokKoma“: „Linke Seite Supermarkt, rechte Seite Abenteuerspielplatz, in der Mitte Autobahn ...“ Obwohl ABWÄRTS, damals unter anderem mit Axel Dill und Margit Haberland, nie zu der typischen Eins-zwei-drei-vier-Fraktion zählten, hatte die Band, gerade in der konservativen Hamburger Punk-Szene, Anfang der Achtziger Jahre einen hohen Stellenwert.

Es folgte „Der Westen ist einsam“ und dann brach die NDW-Hysterie aus. ABWÄRTS waren auf diversen grässlichen NDW-Samplern wie „Alles für zuhause“ vertreten, das war vielleicht gut für das Portemonnaie, aber mit der Band ging es bergab, Drogen spielten hier wohl auch eine Rolle.

FM Einheit und Mark Chung verließen das sinkende Schiff und schlossen sich EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN an. Frank Z., der Kopf und Sänger der Band, wurschtelte vor sich in, veröffentlichte ein erfolgloses Soloalbum, fand aber mit Michael „Elf“ Mayer (SLIME), Uwe Bastiansen (MASK FOR), Jochen Hansen (RIO REISER BAND) wieder neue Bandmitglieder beziehungsweise ein altes, FM Einheit, und veröffentlichte 1990 mit „Ich seh die Schiffe den Fluss herunterfahren“ wieder ein richtig gutes ABWÄRTS-Album.

Weitere Platten folgten, die inzwischen auch im Rock Hard besprochen wurden (und hier musikalisch auch ganz gut aufgehoben waren), aber auch der ehemalige METALLICA-Produzent Flemming Rasmussen konnte den Weg in die musikalische Sackgasse nicht verhindern.

Erst 2004 gab es mit „Nuprop“ ein neues Album und ein neues musikalisches Konzept. Mit Rodrigo González, auch ein alter Hamburger Punkrocker, der aber den meisten wohl durch seine DIE ÄRZTE-Mitgliedschaft bekannt sein dürfte, gab es wieder Punkrock (diesmal mit Industrial-Elementen) und natürlich das ABWÄRTS-Markenzeichen: zynische Beschreibungen einer kalten Realität, Zukunftsängste und Massenpsychosen. „Rom“ und „Europa Safe“ folgten und Frank Z., Rodrigo González, Martin Kessler und Björn Werra wuchsen zu einer echten Band zusammen.

Das neue Album „Krautrock“ hinterlässt allerdings einen etwas zwiespältigen Eindruck. Positiv ist anzumerken, dass wieder mehr Platz für musikalische Experimente vorhanden ist, der „Nuprop“-Sound wird nicht zu stark strapaziert.

„Berlin Görlitzer Park“ oder „Hollywood“ wirken fast wie (etwas aufgepeppte) Songs von „Schiffe“ oder „Der Westen“, und „Die Model“ erinnert nicht nur an die STRANGLERS, hier haben ABWÄRTS sogar (fast) einen Ohrwurm geschrieben.

Bei aller Rückwärtsgewandtheit erschließt sich mir aber nicht der Sinn von „Computerstaat 3.0“ „In einem Gartenhaus“ und „Beirut Holiday Inn 3.0“, überflüssige Versionen eigener alter Songs braucht keiner.

Auch die einst so auf den Punkt gebrachten Texte von Frank Z. haben einiges von ihrer Bissigkeit verloren, bei „Parallelwelt“ und „Das Verhör“ jedoch blitzt der alte Zynismus noch einmal.