Die letzte halbe Stunde habe ich damit verbracht, die extrem ausführlichen Linernotes von ABWÄRTS-Boss Frank Z im Booklet nachzulesen, und ich werde den Teufel tun zu versuchen, seinen Abriss über rund 26 Jahre Bandgeschichte in nur drei Zeilen wiederzugeben.
Nur soviel: ABWÄRTS spielten ihr erstes Konzert kurz vor Ende der Siebziger in Hamburg auf dem "Geräusche für die 80er"-Festival von Alfred Hilsberg, der später über sein ZickZack-Label auch die erste Single "Computerstaat" veröffentlichte, bei der es sich um eine der wichtigsten und besten deutschen Punkplatten überhaupt handelt: Elektronische Beats treffen auf punkige Schärfe und direkte, politische Texte, und ja, hier zeichnete sich ab, dass da musikalisch ein neuer, eigener Weg gegangen wurde in Deutschland, aus dem sich die Massenmedien und die Musikindustrie später ihre Version der "Neuen Deutschen Welle" zusammenstrickten.
ABWÄRTS gerieten irgendwie in diesen Sog, doch um dazuzugehören waren sie immer zu sperrig, standen sich in Sachen kommerzieller Exploitation trotz partieller Majordeals im Zweifelsfall selbst im Weg.
Auch das Besetzungskarussell drehte sich ständig, und die frühen Mitglieder Marc Chung und Mufti alias FM Einheit wechselten zu EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, die Frank Z im Booklet als "Kapelle, deren künstlerischer Gesamtansatz sich mir bis heute, vorsichtig ausgedrückt, nicht wirklich erschlossen hat" bezeichnet.
Auch sonst nimmt Herr Z hier kein Blatt vor den Mund, schont sich dabei aber selbst auch nicht, redet offen über die Irrungen und Wirrungen, die man im Laufe von mittlerweile acht Alben so erlebt hat.
Diese Irrrungen und Wirrungen sind auch den Songs hier anzuhören, und ABWÄRTS selbst schwankten im Laufe der Zeit immer zwischen brillant und redundant. Brillant sind sie jedenfalls fast durchgehend auf CD1, die die Achtziger abdeckt, bis hin zum Album "Ich seh die Schiffe den Fluss hinab fahren", während ich dann die Neunziger eigentlich für eher redundant halte, Franks Texte mal außen vor gelassen.
Denn musikalisch war der spannende, dynamische Sound hier einem schweinerockigen Hardrock-Sound gewichen, den zumindest ich nicht brauchte. Erst mit dem neuen Jahrtausend und "NuProp" fand die Band bzw.
Frank Z dann wieder zu sich selbst. Wer immer ABWÄRTS nicht vollständig oder bisher gar nicht verfolgt hat, der sollte sich schleunigst diese 40-Song-Zusammenstellung besorgen, die wirklich essentiell ist.
Und alte Fans sollten sich das Teil alleine wegen des Booklet-Textes zulegen. Ach ja, über den auf der CD aufgedruckten Weblink abwärts.com kommt man nicht zur Bandwebsite, besser klappt's mit abwaerts.com ...
(10/10)
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