VENTURA gründeten sich 2003 im schweizerischen Lausanne. Nach „Pa Capona“ (2006) und „We Recruit“ (2010) veröffentlichte die Band kürzlich ihr drittes Album „Ultima Necat“, wissen mit gleichermaßen noisigem wie doomigem Post-Rock mit Hang zum Indierock zu gefallen – NEUROSIS, SONIC YOUTH und MOTORPSYCHO lassen grüßen. Ich stellte Gitarrist Philippe Henchoz ein paar Fragen.
Reden wir über Affen. Ihr habt als Cover ein Foto gewählt, auf dem man japanischen Bergaffen sehen kann, die sich in im eisigen Winter in heißen Quellbecken entspannen, während die Welt um sie herum gefroren ist. Warum habt ihr dieses Foto ausgewählt, welche Geschichte oder Botschaft steckt dahinter?
Eigentlich steckt dahinter keine Botschaft, außer vielleicht einer kleinen Mahnung: Wir sehen uns wirklich ähnlich. Dieser Affe macht einen sehr menschlichen Eindruck auf mich. Er sieht aus, als wäre kurz davor, in die Luft zu gehen, während seine „Frau“ versucht, ihn zu beruhigen. Ich entdeckte das Foto in einer Zeitung und habe mich gleich darin verliebt. Es stammt von dem japanischen Fotografen Kimimasa Mayama. Wir haben die Rechte daran gekauft, damit wir es als Coverbild verwenden konnten.
Fotos sind euch wichtig. Im Booklet findet sich Kinderfotos von euch dreien, keine aktuellen. Warum das?
Weil wir die Idee für den Innenteil von einer amerikanischen Band namens RUMAH SAKIT geklaut haben. In ihrer Version sind es vier Bilder von ihnen, wie sie nackt in einen See springen. Wir hatten aber nicht die Zeit, das zu tun, also dachten wir, es wäre lustig, wenn wir stattdessen Kinderbilder von uns nehmen würden. Außerdem sind wir mittlerweile potthässlich.
Ist das heutige Line-up von VENTURA dasselbe, mit dem ihr angefangen habt? Was ist euer musikalischer Hintergrund? Und was macht ihr sonst noch, denn ich nehme mal an, dass die VENTURA-Live-Shows nicht für die hohen Mieten in Lausanne ausreichen?
Wir kamen 2003 zusammen, nachdem jeder von uns Erfahrungen in anderen mehr oder minder erfolgreichen Bands und Genres gesammelt hatte. Bassist Diego spielte bei SHOVEL, Schlagzeuger Mike war bei ISCARIOTE, einer großartigen Hardcore-Noise-Band, und ich habe bei einer Post-Rock-Band namens ILLFORD gespielt. Seit wir zusammen spielen, hat sich das Line-up nicht verändert. Diego arbeitet in einer Wirtschaftsschule, Mike ist Erzieher und ich habe das Privileg, in einer der schönsten Konzertlocation von Lausanne arbeiten zu können. Wir alle haben in etwa den gleichen musikalischen Hintergrund: DINOSAUR JR., THE PIXIES, THE WEDDING PRESENT, DRIVE LIKE JEHU ... Später kam dann härterer Kram wie BOTCH, COALESCE und so weiter, auch wenn man das unserer Musik vielleicht nicht anhört.
Was hat euch zur Bandgründung inspiriert, wie hat sich eure Vorstellungen von Musik über die letzten zehn Jahre verändert haben? Euer neues Album „Ultima Necat“ unterscheidet sich deutlich von den beiden ersten.
Am Anfang war das Musikmachen wohl eher eine Ausrede, um high zu werden und sich zu betrinken ... An meiner Wahrnehmung von Musik hat sich als Einziges wirklich verändert, dass ich heute offener bin als vor zehn Jahren. Ich tendiere inzwischen eher dazu, ruhige Sachen zu hören. Ich finde es immer schwieriger, mir aggressive Musik anzuhören. Aber ich spiele sie gern. Es stimmt, unsere Alben unterscheiden sich ziemlich voneinander, aber eigentlich war auch keines davon als Album gedacht. Es war eher so: „Oh, wir haben zwölf Lieder fertig, vielleicht könnten wir ins Studio gehen, sie aufnehmen und sehen, ob wir daraus nicht ein Album machen können.“ In dieser Band zu sein ist das Beste, was mir jemals passiert ist, und nach zehn Jahren bin ich endlich bereit das zuzugeben.
Ich höre zwei Elemente in eurer Musik: Das eine ist das schwer zu definierende Genre des „Post-Rock“, das andere ist Noiserock – ihr hattet sogar mal David Yow von THE JESUS LIZARD als Gastsänger. Wie einfach oder schwer ist es, diese beiden „Welten“ zu vereinen?
Das ist etwas, worüber wir nicht wirklich nachdenken, es ist einfach etwas, das wir ganz spontan machen ... Ich bin auf jeden Fall mit der Bezeichnung Noiserock einverstanden, aber nicht so sehr mit Post-Rock, hauptsächlich weil der Post-Rock, den ich mag, instrumental ist. Ich würde sagen wir sind sehr von HUM beeinflusst. Für jene die es nicht wissen: HUM sind eine kriminell unterschätze Neunziger-Spacerock-Band; „Downward Is Heavenward“ ist mein absolutes Lieblingsalbum.
Wie organisiert ihr eure Veröffentlichungen? Es sind zwei Labels beteiligt, Vitesse Records und Africantape.
Das aktuelle Album ist eine Koproduktion von Vitesse und Africantape, denn du weißt ja, heutzutage ein Album zu veröffentlichen, ist schon fast selbstmörderisch. Da dachten die beiden, sie könnten die Kosten und das Risiko des Bankrotts auch gleich teilen. Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden mit der Arbeit unserer Labels.
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