VENEREA

Der "Schwedenpunk" hat schon so manche Band kommen und gehen sehen, aber es gibt auch Konstanten wie MILLENCOLIN oder STONED, die seit Anfang der Neunziger unbeirrt ihre Sache durchziehen. Zu diesen Bands gehören auch VENEREA, die sich nach vier Jahren Abstinenz mit ihrem neuem Album "Losing Weight, Gaining Ground" zurückmelden. Erstaunlich, bedenkt man, das die Welle des großen Hypes schon längst vorbei ist und Bands wie NO FUN AT ALL oder ASTREAM weggespült hat. Also war es überfällig, mal nachzuhaken und das Quartett im Interview zu befragen.

VENEREA ist auch nach 10 Jahren Bandgeschichte, diversen Veränderungen des Line-Ups und drei Alben noch immer bei den meisten Melodycore-Jüngern unbekannt, wahrscheinlich auch, weil zwischen den letzten beiden Platten fast vier Jahre liegen. Nur wenige kennen die recht bewegte Bandgeschichte, die mir Bassist Mike gleich zu Anfang erzählt: "Dana startete die Band 1991, also vor 10 Jahren, damals noch unter dem Namen VENEREAL DISEASE und ganz zu Anfang noch ohne mich, ich kam etwas später dazu. Wir produzierten zwei Demos unter diesem Namen, bis wir 1994 einen Deal mit Brööl Records machten, bei dem wir unseren Namen in VENEREA, einen amerikanischen Satelliten aus den Sechzigern, der den Planeten Venus erforschen sollte, änderten. Wir machten drei Mini-CDs, "Houlabalou", "Shake your Booty" und "Swollen", bei Brööl Records, aber die zahlten uns nie was, also wechselten wir zu Gift of Life-Records und produzierten dort 1997 "Both Ends Burning". Danach verließ uns unser Drummer und unser Toningenieur Matt, der übrigens auch unsere neue Platte aufgenommen hat, ersetzte ihn für ungefähr zwei Jahre und nahm mit uns die "We shall overcome"-10" auf, die wir erst letztes Jahr auf Renate Records veröffentlicht haben, weil es diverse Probleme mit Gift of Life-Records gab und wir uns dazu entschlossen hatten, wieder das Label zu wechseln. Neben dem Labelwechsel mußten wir uns nach einem neuen Drumer umsehen, da Matt, der wirklich ein guter Drumer ist, nicht auf Punk steht und daher nicht zu uns paßte. Also suchten wir einen neuen Mann, und was lag näher, als Fred unseren Roadie hinter die Schießbude zu setzen. Er hatte zwar noch nie hinter den Drums gesessen, aber er lernte sehr schnell und wir konnten unsere neue Platte "Losing Weight, Gaining Ground" endlich aufnehmen."

Da man ja jetzt mit dem neuen Label Renate Records zufrieden ist und die Leute zusammen hat, müsste das ja heißen, dass VENEREA nun öfters zu sehen bzw. zu hören sind, als es in der Vergangenheit der Fall war. "Definitiv ja", bestätigt Mike. "Wir wollen nicht wieder vier Jahre bis zum nächsten Album verschwenden, tatsächlich planen wir unsere nächste Platte fürs Frühjahr 2002 und in diesem Sommer werden wir wahrscheinlich auch was machen, vielleicht eine 7". Und natürlich werden wir auch touren, in Kürze auf der Vans-Tour mit IGNITE und SNFU. Das ist natürlich mehr eine Hardcore- als eine Punkrock-Tour, aber wir haben durchaus auch harte Songs im Programm, die wir da natürlich verstärkt spielen werden."

Für solche Tourpackages muß man als Band eine Menge Knete hinlegen und so manche Spackenband vom Majorlabel kauft sich in solche Touren ein, um sich eine gewisse Credibility zu verschaffen. Auch VENEREA müssen zahlen. "Wir müssen uns die Gigs natürlich erkaufen, d.h. für solche Dinge wie den Tourbus, das Catering etc. bezahlen, wir machen also kein Geld mit dieser Tour, aber es ist trotzdem eine gute Gelegenheit, für uns etwas mehr zu touren."

In Schweden ist das mit den Gigs durchaus ein Problem, denn selbst die SATANIC SURFERS meinten, es wäre extrem schwierig Gigs in Schweden zu bekommen. "Nun, es ist deshalb so schwierig in Schweden Konzerte zu organisieren", erklärt Mike, "weil du erstens bekannt bzw. bei einem Major unter Vertrag sein mußt, um genug Leute zu den Shows zu bekommen, und zweitens Schweden ein grosses Land ist, aber eine recht geringe Bevölkerungsdichte besitzt und Konzerte aus diesem Grund oft nur im kleinen Rahmen stattfinden. Weiterhin ist es nicht gerade ein Vergnügen, in Schweden Liveshows zu spielen, denn meistens ist es so, das direkt vor der Bühne ein paar junge Kids ihre Fäuste hoch halten, weil sie es im Fernsehen gesehen haben und es für cool halten, und 20 Meter weiter hinter ihnen steht der Rest an der Wand. Das ist ein typisch schwedisches Konzert."

Ziemlich erstaunlich, angesichts der Tatsache, dass in Schweden in der Schulzeit jeder die Möglichkeit hat, ein Musikinstrument seiner Wahl zu erlernen und Bands dort nur so aus dem Boden sprießen. Aber trotz dieser regionalen Schwierigkeiten und den Rückschlägen der letzten Jahre sind VENEREA mittlerweile auf Kurs Richtung Spitze des melodischen Punkrocks aus Europa. Songtechnisch hat das skandinavische Quartett aber keinen konkreten Plan für die Zukunft: "Mittlerweile schreiben wir unsere Songs zusammen", erzählt Mike. "Früher waren wir durch die Tatsache, das jeder von uns in verschiedenen Orten lebt, gezwungen, die Songs erst zu schreiben und dann später im Proberaum auszuprobieren und zu bearbeiten. Heute ist es so, dass jeder zum Song einen gewissen Teil beiträgt, was sehr viel mehr Spaß macht und sehr viel mehr Möglichkeiten bietet. Ich denke, das wird man auf dem nächsten Album auch deutlich hören können. Wir wollen das Beste der "Both Ends Burning"- und der "Losing Weight Gaining Ground"-Aufnahmen zusammenbringen und noch ein bißchen besser machen. Wir haben noch ne Menge gute Songs in petto und könnten direkt morgen eine neue Platte aufnehmen, du siehst wir haben noch einiges vor..."

Da bleibt mir nur noch, Glück zu wünschen und auf die kommenden Konzerte und Platten zu hoffen.