Das noch recht junge Quintett THAT VERY TIME I SAW aus Haan-Gruiten hat vor kurzem seinen zweiten Tonträger fertiggestellt, herausgebracht über das soeben selbstgegründete Label Redfield Records. Jetzt fehlen zum großen Namen nur noch ein wenig Glück und die richtigen Supportslots. Mit PALE hat es vor kurzem funktioniert, mit WATERDOWN und LOCKJAW wird es das auch. Gegründet hat sich die Band, die sich nach einer willkürlichen Zeile in einem Shakespearestück benannt hat, im Frühjahr letzten Jahres. Schon im Sommer dieses Jahres machte man sich an die Produktion des Demo-Debüts, und heraus kam eine 7-Song EP namens "I only wanted to know, everything is alright". Diese gab die musikalische Richtung vor: ein wenig Punk, etwas Hardcore und große Gefühle - wer jetzt lauthals "Emo" schreit, liegt nicht so ganz falsch, aber auch nicht so ganz richtig, denn was ist schon Emo? In welcher Musik steckt denn keine Emotion? Wer hat eine Antwort? Die Band vielleicht? Nein, denn mit diesem Begriff mag man sich zwar anfreunden, da der Hörer so in etwa einschätzen kann, woran er ist, nicht jedoch worum es wirklich geht. Bei THAT VERY TIME I SAW geht es darum, das Publikum zu rocken, das stellte ich zumindest fest, als ich sie letztlich vor PALE spielen sah.
Dieses Interview wurde etwa vier Wochen vorher aufgezeichnet, in meinem Zimmer, zu zehnt. Dabei waren nur vier Bandmitglieder da, Gitarrist Alex hatte andere Verpflichtungen.
Wer seid ihr?
Daniel: Bassist, 19, ledig, geschwisterlos.
Lars: Der Sänger bin ich. Lieblingsfarbe: blau. Nicht ledig, die Herzdame ist anwesend.
Michael: Ich bin Micha, 29 und Schlagzeuger. Der alte Mann in der Band.
Kai: Ich bin der Gitarrist und versuche zu singen.
Wann habt ihr angefangen zu musizieren und aus welchen Gründen?
Kai: Angefangen hat alles mit Alex, der gerade anfing Gitarre zu spielen. Wir spielten zuerst im Keller bei uns, aber zu zweit war das doch ein wenig langweilig. Durch Zufall haben wir dann den Micha in einer Zeitungsannonce entdeckt, der die Bands angab, in deren Stil wir weitermachen wollten. Das hat dann zu dritt erst ganz gut funktioniert. Dann habe ich Daniel getroffen, der ist mein Nachbar und war schnell überzeugt. Außerdem meinte er, dass er da einen Sänger an der Hand hätte. Wir haben dann zwei-, dreimal geprobt und die Band stand.
Wann hattet ihr euren ersten Auftritt?
Daniel: Unser erstes Konzert war im Juni 2000, mit der Gruppe ANORMALIE in einem Bunker-Proberaum in Düsseldorf.
Kai: Die erste größere Sache war dann, als wir die Debüt-CD schon draußen hatten, mit GARRISON.
Dann kam eure neue CD raus, "Observing life through rose coloured glass".
Kai: Darauf sind sieben Songs enthalten, von denen "Please excuse" schon ein einer anderen Version auf dem Debüt war. Der Song "Don Quichote", der durch seine harte Gitarre und Lars´ teilweises Geschrei ein wenig aus dem Rahmen fällt, wird demnächst wahrscheinlich auf einem englischen Hardcoresampler von Ignition Records erscheinen.
Wie sieht es mit neuem Material aus, wollt ihr eure musikalische Richtung straight beibehalten?
Daniel: Mit der momentanen Besetzung bzw. Instrumentierung sind wir schon ganz glücklich. Wir sind eine Live-Band und werden vorerst keine musikalischen Experimente eingehen, die wir nicht auch live repräsentieren können.
Lars: Wir basteln aber schon wieder an neuen Songs und unser neuester gefällt mir persönlich richtig gut. Wir sind ja noch jung, da kann noch einiges kommen.
Wer schreibt bei euch die Texte?
Lars: Die schreibe ich schon, allerdings ist das nicht gerade mein Lieblingsthema. Über Songs zu sprechen macht keinen Spaß. Man schreibt den Text auf gewisse Weise für sich selbst und das Geschriebene ist einem dann völlig klar, aber Leuten aus dem Stehgreif zu erklären worum es in jedem einzelnen Song geht, ist nicht so leicht.
Schreibt ihr zuerst den Song und bastelst du dann die Lyrics drumherum oder umgekehrt?
Lars: Meistens existiert schon vorher der Song, hin und wieder kommt es aber auch vor, dass ich einen Text angefangen oder fertig habe und dann erst der musikalische Teil entsteht. Ich schreibe alle meine Texte selber, da ich auch das singen möchte, was ich geschrieben habe. Ich könnte mir vorstellen, dass wenn ich den Text eines anderen singen würde, diese Person wohl eher unzufrieden ist, da ich den Text dann wahrscheinlich nicht so rüberbringen würde, wie sie sich das vorstellt. Wenn Kai eine Strophe singt, schreibt er die selber.
Seid oder fühlt ihr euch musikalisch von anderen Bands beeinflußt?
Daniel: Wenn, dann wahrscheinlich schon eher unterbewußt. Erst neulich ist es vorgekommen, dass wir etwas spielten und wir es wieder verworfen haben, weil es uns so bekannt vorkam.
Lars: Irgendjemand meinte mal, wir klingen wie HOT WATER MUSIC. Jemand anderes meinte allen Ernstes, der Gesang erinnere ihn an SMASHING PUMPKINS. Da fiel mir nichts mehr ein.
Michael: Und wir würden California-Punkrock spielen. Spätestens da war uns allen bewußt, dass wir am falschen Ort waren.
Lars, bei eurem Song "Don Quichote" schreist du recht ungewohnt laut und aggressiv, hast du vor dies bei neuen Songs ausgedehnter beizubehalten?
Lars: Ich schreie live noch mehr, am liebsten würde ich ja die ganze Platte lang schreien, aber dann werde ich immer ermahnt, dass ich auch singen soll. Als Steigerung zum normalen melodischen Gesang ist das Stilmittel des Schreiens schon angenehm effektiv. Die Mischung macht´s.
Wie würdet ihr eure Musik selbst beschreiben?
Kai: Wir wurden schon mal als Postpunkindierock bezeichnet. Das ist vielleicht ein bisschen zu umfassend, aber bei Emo wiederum kann man sich wenigsten eine grobe Vorstellung von unserem Sound machen. Es ist einfach Gitarrenmusik, Rock.
Lars: Bei dem Begriff Emocore weiß man wenigsten, dass es zwischen fiesem Hardcore und Popmusik einzuordnen ist, haha.
Warum habt ihr eigentlich euer eigenes Label gegründet?
Kai: Das haben wir einfach aus Interesse gemacht, außerdem kann man ja nie wissen, wofür das einmal nützlich sein kann. Das Ganze kann in Zukunft ja noch expandieren und gibt uns vorerst mal eine Art der Sicherheit, eine Basis.
Ich bedanke mich für das Interview. Viel Glück für die Zukunft.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #43 Juni/Juli/August 2001 und Jan Schwarzkamp
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Guntram Pintgen