Die SISTERS OF MERCY zählten zu den Ausnahmeerscheinungen in Sachen britischem Goth-Rock. Ihr Debütalbum „First And Last And Always“ von 1985 setzte in jeder Hinsicht Maßstäbe. Unzählige Bands übten sich als überschaubar gute Kopisten mit mäßigem Erfolg. Nun schicken sich aber die TERMINAL GODS aus London an, hier samt Drumcomputer sehr gekonnt das musikalische Erbe aufzunehmen, auch wenn die Band zu Recht darauf hinweist, dass es weitaus mehr Einflüsse sind, die ihren Sound prägen. Im August 2011 gegründet und mit dem ehemaligen LEGION-Gitarristen Robert Maisey an Bord, beweisen TERMINAL GODS nach knapp 20 Konzerten enormes Potenzial. Und die wenigen bisher veröffentlichten Songs wie „Electric eyes“, „Here in the night light“ und „God child“ lassen ein Debütalbum mit Spannung erwarten. In London stehen sie musikalisch ULTERIOR nahe und live offensichtlich in einigen Momenten auch den STOOGES. Sänger Robert Cowlin liegt stimmlich zudem sehr nahe an Andrew Eldritch, auch sein gesamter Bühnenhabitus ist dem des Sisters-Sängers sehr ähnlich. Das Quartett, in Gestalt von Robert Cowlin, den Gitarristen Robert Maisey und Josh Cooper sowie der Bassistin Katie, beantwortete meine Fragen.
Es ist unüberhörbar, dass der Sound der frühen SISTERS OF MERCY eine große Inspiration für euch war. Ich denke aber, auch andere Einflüsse spielen eine wichtige Rolle. Welche würdet ihr besonders hervorheben wollen?
Robert Maisey: Meine Einflüsse haben sich sehr verändert, seit ich in diversen Bands aktiv bin. In den letzten Jahren war das sicherlich sehr stark der Gothic-Rock der Neunziger Jahre. Das hört man bei TERMINAL GODS auch sehr deutlich heraus, aber die Einflüsse sind weit vielschichtiger. Unsere Songs und der Prozess des Songwritings werden auch stark durch Protopunk-Bands wie THE STOOGES und MC5 beeinflusst. Auch MOTÖRHEAD spielen eine Rolle für uns. Aber beim Gitarrensound wirst du auch Einflüsse aus der Ecke Post-Punk heraushören.
Josh: Mein Einfluss ist eher die dunklere Seite von Punk. Ich mochte aber auch schon immer diese spezielle Form von dunklem Rockabilly und Psychobilly. Als Gitarrist bin ich am stärksten von Ron Asheton von den STOOGES beeinflusst.
Robert Cowlin: Klar, ich schätze die SISTERS OF MERCY und den Post-Punk der frühen Achtziger sehr. Auch meine Performance auf der Bühne ist hier stark von Bands dieser Zeit geprägt. Ich mag auch Musik, die durch den Vietnamkrieg populär und beeinflusst geworden ist, oder den New Wave der Achtziger. An aktuellen Bands und Musikern bin ich nicht sehr interessiert. Was den Einfluss auf meine Texte anbelangt: Als Student der Literaturwissenschaften komme ich mit so vielen Büchern und Texten in Kontakt und sauge sie förmlich auf, so dass sich hieraus durchaus ein Songtext ergeben kann. Ich bin auch ein großer Kinofan, vor allem des Grindhouse-Kinos, das in den USA in den 1960er und vor allem 1970er Jahre bekannt wurde, was sich oft in dem einen oder anderen Text von TERMINAL GODS niederschlägt.
Katie: Bei mir verhält es sich ähnlich wie bei Maisey. Ich wurde zunächst auch stark durch Goth beeinflusst, aber eher durch SIOUXSIE & THE BANSHEES als durch die SISTERS OF MERCY. Aber so richtig war ich mit dieser Szene auch nie verbunden. Ich mag Musik, die man vermutlich in der Presse als „Alternative“ bezeichnen würde. Allerdings bedeutet das für mich ein Spektrum von MOTÖRHEAD bis hin zu Bands wie FUTURE OF THE LEFT.
Maisey, du kommst ursprünglich aus Leeds, das in den frühen Achtziger Jahren eine Hochburg in Sachen Goth war, mit Bands wie THE SISTERS OF MERCY, SKELETAL FAMILY, THE MARCH VIOLETS und RED LORRY YELLOW LORRY. Wie ist der Unterschied zwischen London und Leeds in Sachen Goth?
Maisey: Der „Leeds-Sound“ ist in der Tat außergewöhnlich und fast eine Legende. Schwierige Frage, was der wesentliche Unterschied zwischen dem alten und neuen Stil bei Goth ist. Da gibt es Bands wie ULTERIOR aus London, die bereits für die SISTERS OF MERCY Support waren und einen rohen und direkten Sound haben, der dem ganz frühen Leeds-Sound entspricht. Dann gibt es wieder Bands wie PRETENTIOUS, MOI? oder THE EDEN HOUSE, die sehr viel eher wie THE MISSION oder ROSETTA STONE klingen, als an die Lorries oder Sisters zu erinnern. Einer der wichtigsten noch existenten Bands in Leeds sind sicherlich die MARCH VIOLETS. Dass sie noch aktiv sind und großartige Konzerte spielen, kann uns sehr viel mehr diesen Sound und Geist dieser Zeit vermitteln, als ein fast sakrales Abhören ihrer alten Veröffentlichungen.
Auf die Frage, weshalb die SISTERS OF MERCY keinen Drummer haben, meinte Andrew Eldritch einmal lakonisch: „We never got a drummer, because drummers don’t fit into anybody’s personal chemistry.“ Wie seht ihr das?
Maisey: Ich bin sehr fasziniert von Drumcomputern, wenn man sie nicht dazu einsetzt, wie richtige Schlagzeuger zu klingen. Wenn man versucht, einen Drumcomputer als Ersatz für einen echten Drummer einzusetzen, kann das niemals funktionieren. Will man hingegen eine bestimmte Form von elektronischer Industrial Percussion mit richtigem Rock’n’Roll verbinden, ist das etwas, das sehr gut funktionieren kann. Es kommt immer darauf an, dass man es intelligent umsetzt.
Josh: Ich hatte zunächst große Bedenken einen Drumcomputer zu verwenden. Aber als wir die ersten Konzerte gespielt hatten, entstand mit diesem Sound eine Atmosphäre, die mich dann doch überzeugt hat. Ich empfand diesen Sound bei vielen Post-Punk-Bands wie THE JESUS & MARY CHAIN oder NEW ORDER als sehr einzigartig. Ein Sound, den du als Schlagzeuger nicht erreichen kannst.
Maisey: Viele der Drum-Sounds, die wir verwenden, sind adaptierte Samples des Drumcomputers, mit dem NEW ORDER „Blue monday“ eingespielt haben.
Cowlin: Ein Drumcomputer klingt einfach besser. Sie erzeugt auf einmalige Weise einen bestimmten mechanischen Gleichlauf beziehungsweise eine gewisse dunkle „Trostlosigkeit“ oder Kälte, wie wir sie auch bewusst in unsere Musik integrieren wollen.
Katie: Es ist einfach so, dass wir einen Sound schaffen wollen, den ein echter Schlagzeuger nicht hinbekommt. Vermutlich würden wir bei unserer Erwartungshaltung an den Drummer fünf von ihnen während einer Tour aufgrund ständiger Erschöpfung verschleißen.
Von was lebt ihr eigentlich? Die Band wird die Mieten in London vermutlich nicht einspielen.
Maisey: Ich arbeite eigentlich in einer Bar.
Josh: Ich arbeite in der gleichen Bar, nur besser bezahlt als Maisey.
Cowlin: Ich habe gerade das erste Drittel meines Master-Abschlusses in englischer Literatur an der Brunel Universität in Uxbridge, West-London hinter mir. Ansonsten halte ich mich mit Bürojobs über Wasser.
Katie: Ich arbeite teilweise in der Universitätsbibliothek und am Sonntag in einem Plattenladen, in dem Maisey quasi Hauptkunde ist und mir auf diese Weise meinen Unterhalt sichert.
Was kann man nach zwei Singles an neuen Veröffentlichungen von euch in naher Zukunft erwarten?
Maisey: „Genesis“ ist in unserem Verständnis keine echte eigenständige Single, sondern ein erster selbstproduzierter Promostart. „Electric Eyes“ sehen wir eigentlich als erste offizielle Veröffentlichung an. Im gewissen Sinne sind wir hier ein Risiko eingegangen, da wir es ausschließlich als Vinylsingle herausgebracht haben, da es schöner aussieht und besser klingt. Falls das Vinyl gut ankommt, werden wir im Herbst wieder auf Vinyl veröffentlichen. Wir haben bereits neue Songs geschrieben, die allerdings etwas schneller sein werden als die bisherigen.
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