TEENAGE BOTTLEROCKET

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Eine große Party

Ende August erscheint auf Fat Wreck mit „Sick Sesh!“ das neunte Album der beliebten Punkrock-Band TEENAGE BOTTLEROCKET aus Laramie in Wyoming, die zur Zeit weltweit Thema ist. Dies liegt aber ausnahmsweise nicht an der Vorfreude der zahlreichen Fans auf das neue Album. Vielmehr sorgte ein Konzert im Juni in Florida für viel Aufsehen rund um den Erdball. Wir wollten von Bassist Miguel Chen natürlich wissen, was es damit auf sich hat. Die beiden Frontmänner Ray Carlisle und Kody Templeman sowie Schlagzeuger Darren Chewka vervollständigen nach wie vor die Band.

TEENAGE BOTTLEROCKET sind eine sehr aktive Band, die es in manchen Jahren auf mehr als 150 Shows bringt. Pandemiebedingt waren die Auftrittsmöglichkeiten in den letzten Monaten minimal. Was bedeutete das für euch? Konntet ihr wenigstens regelmäßig proben?

Das war echt verdammt hart. Das war für uns echt ein regelrechter Kampf, nicht auf Tour gehen zu können. Zur Ablenkung haben wir alles mögliche unternommen, um darüber nicht verrückt zu werden. Eine Zeitlang habe ich einfach viele verschiedene Freunde in der ganzen Welt angeschrieben, um einfach nur „Hallo“ zu sagen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind. Und was das Proben angeht, das ist unabhängig, ob es eine Pandemie gibt oder nicht. Da wir inzwischen alle so weit auseinander wohnen, proben wir eigentlich so gut wie nie.

Hattet ihr die Möglichkeit, 2020 oder Anfang 2021 irgendwelche Shows zu spielen? Waren Streaming-Konzerte eine Option für euch?
Unsere letzte Show vor der Pandemie haben wir am 1. März 2020 gespielt. Danach gab es die Zwangspause bis März 2021. Wir haben eine Livestream-Show gespielt. Da war es uns aber wichtig, dass wir etwas Besonderes daraus machen. Wir haben für diese Show eigens coole Extraclips produziert. Auf das Ergebnis bin ich echt stolz.

Im Juni dieses Jahres hattet ihr nach der Pause wieder die ersten regulären Auftritte in den USA. Gab es besondere Anforderungen an diese Veranstaltungen?
Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Jede Show ist anders und wir sind noch lange nicht zurück beim Normalzustand. Im Rahmen unserer Konzerte gibt es Veranstaltungen mit Gesundheitstests am Eingang und es gab schon eine Show mit einem Rabatt für Geimpfte. Bei der Show letzte Nacht in Nashville gab es das Angebot von kostenlosen Impfungen. Es wird definitiv viel ausprobiert und viele Veranstalter machen sich Gedanken und geben das Beste.

Eure Live-Show in St. Petersburg in Florida hat hier in Europa für viel Aufsehen gesorgt. Der Veranstalter bot zwei unterschiedliche Ticketpreise an. 18 Dollar für Geimpfte und 999,99 Dollar für Ungeimpfte. Dadurch wollte er Ungeimpfte dazu motivieren, sich impfen zu lassen. Wie waren die Reaktionen bei euren Fans und in der Öffentlichkeit?
Das ist tatsächlich zu einer ganz großen Sache geworden, das wurde auch in den Medien international ausgerollt. Dazu waren wir zweimal bei CNN zu sehen. Wen das Thema interessiert, dem empfehle ich mein CNN-Interview auf YouTube. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Veranstalter wollte den Konzertbesuchern damit einfach eine sichere Show bieten. Da bin ich ganz bei ihm. Wenn die Kids Party wollen, dann wollen wir, dass unsere Fans dabei sicher und glücklich sind.

Gibt es schon Pläne, in Europa zu touren und hier das neue Album zu präsentieren? Angeblich sind die Preise für Flugtickets im letzten Jahr enorm gestiegen.
Wir werden sicher wieder nach Europa kommen, aber aktuell gibt es noch einige Hindernisse, die erst überwunden werden müssen. Momentan konzentrieren wir uns noch auf die USA.

Fat Mike, der Boss eures Labels Fat Wreck, hat „Sick Sesh!“ als euer bisher bestes Album gepriesen. Hat er recht und was bedeutet das Lob für euch?
Klar, natürlich hat er recht. Das ist unsere stärkste Platte, jeder sollte die Scheibe kaufen oder am besten gleich drei Exemplare. Wir danken Mike für seine Einschätzung und sowieso auch für reichlich gemeinsamen Spaß in den letzten Jahren. Ein super Kumpel.

Was hat es mit dem Albumtitel „Sick Sesh!“ auf sich?
„Sick Sesh!“ ist ein Spezialausdruck für eine Situation, in der man gemeinsam cool abhängt, zusammen Spaß hat oder was Großes erlebt wie zum Beispiel zusammen skaten, etwas rauchen oder Musik machen. Wir wollten einfach, dass dieses Album eine große Party ist, eine coole Session, eben eine richtige „Sick Sesh“. Das letzte Jahr war für uns alle hart, deshalb ist jetzt genau die beste Zeit für dieses großartige gemeinsame Erlebnis.

Mit dem Songwriting für das Album habt ihr Anfang 2020 begonnen, aufgenommen wurde Ende 2020, das Mastern erfolgte Anfang 2021. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf das Album? Wäre das Album ohne Corona ganz anders geworden?
Die größte Herausforderung war herauszufinden, wie wir unseren Drummer Darren Chewka zu den Aufnahmesessions aus Kanada in die USA bekommen. Als das geklärt war, war der Rest ein Kinderspiel. Abgesehen davon habe ich einen Song über Eichhörnchen geschrieben.

Was ist an Eichhörnchen so cool?
So was ergibt sich dann einfach dadurch, wenn du den ganzen Tag zu Hause festsitzt und die ganze Zeit aus dem Fenster starrst. In unmittelbarer Umgebung meines Hauses in Texas gibt es gefühlt Millionen von Eichhörnchen. Während der Pandemie habe ich unglaublich viel Zeit damit verbracht, ihnen einfach zuzuschauen. Da entstand die Idee zu dem Song „Squirrel“.

Ihr sagt selbst, dass ihr mit dem neuen Album wieder zu einem roheren Gitarrensound zurückgekehrt seid, nachdem euer letztes Album einige radiotaugliche Nummern beinhaltete. Was ist eigentlich verkehrt daran, im Radio gespielt zu werden, auch als Punkrock-Band?
Gar nichts. Es geht nichts darüber, im Radio gespielt zu werden. Verdammt, wenn es sein muss, notfalls auch im Rahmen eines Werbespots für Taco Bells.

In unserem letzten Interview habt ihr gesagt, dass ein guter Punkrock-Song nicht länger als drei Minuten sein sollte. Auf dem neuen Album gibt es einige Tracks, die diese Länge übertreffen.
Hmm, ich befürchte, dass wir nicht besonders gut in Mathematik sind.

Ansonsten ist euer neues Album aber ein total typisches TEENAGE BOTTLEROCKET-Album.
Ja, ich bin mir sicher, wenn du TEENAGE BOTTLEROCKET magst, wirst du dieses Album lieben.

Ihr habt das Privileg, dass ihr gleich mehrere talentierte Songwriter in der Band habt. Du, Ray und Kody schreibt die Songs. Ist das Gerücht richtig, dass es gerade zwischen Ray und Kody einen regelrechten Wettstreit darum gibt, wer die besten Stücke eines Albums schreibt? Und wer hat dieses Mal die Nase vorn?
Diese Situation ist definitiv für beide ein Ansporn und großer Motivationsfaktor. Ich schreibe auch Songs und überlege dann, wer von den beiden diesen Track besser singen wird. Der bekommt dann den Song von mir zugesteckt. Auf dem neuen Album stammen drei Titel aus meiner Feder, zwei singt Kody und einer wird von Ray gesungen. Wer von den beiden dieses Mal der Sieger beim Songwriting ist, auf diese Diskussion lasse ich mich nicht ein, ich liebe alle Songs vom neuen Album.

Das neue Album enthält wieder diese wilde Mischung an kruden Songthemen, teilweise wieder mit dem typischen TBR-Pennälerhumor. Was hat es beispielsweise mit diesem mysteriösen Truck in „Semi truck“ auf sich?
Der Text ist inspiriert vom Film „Rhea M – Es begann ohne Warnung“ von Stephen King. Damit sollte alles klar sein.

Mit „Hello Dana“ und „Spend the night“ habt ihr auch zwei veritable Liebeslieder auf dem Album, die sogar recht schmalzige Sätze wie „I want to spend the night together / I want to be with you forever“ und „You’re like a dream come true / Now that I got you“ enthalten.
Das sind reale Liebeserklärungen. Kody hat „Hello Dana“ für seine Frau Dana geschrieben und Ray „Spend the night“ für seine Frau Rachel. Wir sind alle verheiratet und haben Kinder. Wir lieben unsere Ehefrauen, was sollte also dagegen sprechen, Songs für sie zu schreiben?

In „Moving on“ geht es darum, seine alte Heimat hinter sich zu lassen. Fiktion oder Wirklichkeit? Gibt es Gründe, eure Heimatstadt Laramie zu verlassen?
Das ist die Realität. Ich bin nach Texas umgezogen und habe Laramie hinter mir gelassen. Ich habe dort mehr als dreißig Jahre gelebt. Nach der Geburt unserer Tochter haben meine Frau und ich entschieden, an einen Ort umzuziehen, der besser für unsere Familie ist. So sind wir nach Texas gezogen, auch um näher bei meinem Vater zu sein. Aber auch um in einer Stadt wohnen zu können, die unseren Kindern mehr Möglichkeiten und mehr Vielfalt bietet.