STITCHES

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Punk Rock Unprofessionals

Sollte es tatsächlich nötig sein, die STITCHES aus Los Angeles vorzustellen? Sollte tatsächlich jemand diese Frage mit Ja beantworten, so hätte es dieser jemand eigentlich verdient, von den Jungs höchstpersönlich einen Satz heiße Ohren verpasst zu bekommen, oder sollte zumindest dazu gezwungen werden, die „8 x 12“-LP so lange zu hören, bis jedes einzelne Wort auf diesem Meisterwerk auswendig hergebetet werden kann. Jene epochale Platte, die 77er-Rowdytum und völligen Nihilismus gepaart mit einer großen Dosis (Selbst-)Zerstörung zelebrierte, in einer Zeit, als sich für diese Art von Punk keine Sau mehr interessiert hat, was die Band selbst übrigens nicht weniger hätte jucken können.

Im Gegensatz zu vielen heutigen und auch damaligen Bands, die von größerem Publikum faseln, die mehr Leute erreichen und eine Botschaft verbreiten wollen, dafür auch gerne ihre Seele an ein Majorlabel verkaufen, um dann zwei Jahre später reuig wieder zur „Basis“ zurückzukehren, haben die STITCHES nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihnen derartige Schachzüge gewaltig dort vorbeigehen, wo sich die Sonne ohnehin nicht blicken lässt. Warum wohl sonst veröffentlicht man sein Debüt ausgerechnet dann auf Vinyl, als dieses Medium schon nahezu jeder eingeäschert hatte? Während sich in der zweiten Hälfte der Neunziger andere Bands im Gefolge der OFFSPRING- und GREEN DAY-Charterfolge ebenfalls vom Ruhm kosten wollten, prügelten die STITCHES einfach einige in Alkohol, Amphetamine und andere Substanzen eingelegte Rotzorgien ein, und live war oftmals noch nicht einmal klar, ob sie es überhaupt bis zum Ende des Songs schaffen würden, nur dass das kein aufgesetztes Image, sondern ihr Leben war.

War – denn Dinge ändern sich, weil Menschen sich ändern und weil Punk davon lebt, Erwartungen, die andere an einen haben, in den Arsch zu treten, um kein Klischee seiner selbst zu werden. Weshalb die STITCHES mitnichten nur das sind, was ihr an wilden und abgedrehten Geschichten von ihnen gehört habt, könnt ihr jetzt selbst von Mike Lohrmann erfahren.

Mike, ich bin gerade über eine alte Ausgabe des 3rd Generation Nation Fanzines von 1999 gestolpert, als ihr gerade eure zweite Europatour bestritten habt und fand dort ein Interview mit euch, das die Überschrift trägt: „Wie ich die STITCHES interviewte und überlebt habe!“. Da bin ich mit meinem Interview per E-Mail wohl auf der sicheren Seite ...

Auf jeden Fall, andererseits kommen wir ja noch früh genug wieder rüber zu euch, also pass auf, was du sagst, haha!

Der Titel des Interviews bezog sich unter anderem auch auf den kleinen Wutanfall, den Johnny damals bei eurem Gig in Neuss hatte, als er einen Typen mit seiner Gitarre verprügelt hat. Erinnerst du dich noch an diese Tour, als jeder Schiss vor euch hatte?

Ich erinnere mich daran, dass wir auf Tour gewesen sind, aber ansonsten erinnere ich mich nicht mehr an viel. Obwohl, an Teile der besagten Nacht kann ich mich noch entsinnen. Johnny ist damals auf einer Quarterpipe in der Auffahrt abgeklappt und ein wütender Clubbesitzer hat sich das bei ihm geklaute Fassbier aus unserem Tourvan zurückgeholt. Nette Bühne, große Lichter, nicht viele Leute im Club, meinst du diese Nacht? Ich weiß überhaupt nicht, weshalb damals alle so ein Theater um diese Geschichte gemacht haben, denn zu dieser Zeit war das für uns ein Abend wie jeder andere.

Würdest du sagen, dass es bestimmte Leute bei Shows gibt, die geradezu danach schreien, eine Tracht Prügel zu kassieren?

Ja, ich bin einer von diesen Leuten.

Auch wenn ich euch nicht persönlich kenne, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass ihr die Art von Typen seid, die ständig darauf aus sind, andere aufzumischen. Ist das einfach eure Version von Dr. Jekyll und Mr. Hyde?

Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber meine Persönlichkeit verändert sich schon ein wenig, wenn ich besoffen bin. Alkohol vergrößert bei mir das, was gerade in meinem Inneren so vor sich geht. Das Problem dabei ist, dass ich, bevor ich anfange zu trinken, nie genau sicher bin, was eigentlich gerade so in mir vorgeht, und man von daher nie weiß, wer oder was einen gleich erwartet. Die Ergebnisse diesbezüglich kann man kaum vorhersagen, und das Einzige, was immer gleich bleibt, ist, dass ich irgendwann einen Blackout habe.

Was du da gerade geschildert hast, passt sehr gut zu dem Bild, das man von dir auch auf der Bühne geboten bekommt: Ein mit Tollwut infizierter epileptischer Maniac, ganz im Sinne dessen, was Rock’n’Roll ursprünglich einmal ausgemacht hat. Welchen Personen haben bei dir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, nachdem du sie auf der Bühne gesehen hast?

Ich beziehe mich da gerne auf die beiden Johns und einen Jim, nämlich John Denney von THE WEIRDOS, John Lydon und Jim Decker von THE CROWD. Sicher gibt noch einige andere, aber diese drei sind die Einzigen, die einen wirklich bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben.

Was muss man mitbringen, um als Mitglied der STITCHES zu bestehen?

Haha, großartige Frage, auch wenn ich mir bezüglich der Antwort nicht sicher bin. Unser momentanes Line-up jedenfalls hat zusammen die härtesten Zeiten durchgestanden und besteht dementsprechend auch aus den Leuten, die am längsten als Mitglied der STITCHES durchgehalten haben.

Eine andere Sache, die den STITCHES-Mythos neben der ganzen Gewaltgeschichte mitbegründet hat, ist sicherlich der vielfältige und reichliche Konsum von Drogen jeder Art. Nun bist du ja, wenn ich richtig liege, seit euren dritten Europatour 2002 sowohl trocken als auch clean. Was hat dich letztendlich dazu gebracht, diese Entscheidung zu treffen?

Riskante Frage für ein Interview, das könnte der kritische Punkt sein, an dem alles ziemlich langweilig wird, weil zwar jeder die Geschichten aus dem Krieg hören will, aber niemand, wie die Leute überlebt haben. Aber egal, trotz des Risikos, dass einige Leser euer Zine gleich in die Tonne kloppen und sich ein billiges Pornoheft besorgen werden ... Drauf geschissen, die Sache hat sich folgendermaßen ergeben: Schon bevor wir mit der Band überhaupt angefangen haben, waren wir bei allen Arten von Drogen und Alkohol mit dabei, wir sind halt einfach so drauf gewesen und haben uns verdammt viel und von allem möglichen reingezogen. Speed war dabei in den Anfangszeiten sicher unser großer Favorit und der damit verbundene „Blitzkrieg“-Effekt war genau das, was ich haben wollte. Ich habe dann die ziemlich strikte Regel ausgegeben, vor Gigs nur eine bestimmte Menge an Alkohol zu saufen, das Ganze aber mit exzessivem Speed-Konsum zu verbinden, um sicher zu gehen, dass die Songs so schnell, so treffsicher und so wütend wie nur möglich gespielt werden. Es gibt nichts, das damit vergleichbar wäre, völlig überdreht, total gereizt und wütend zu sein, während du beinahe eine Herzattacke durch das Speed bekommst und deinen Job auf die einzig richtige Art und Weise erledigen willst. Jedenfalls geriet diese Regel relativ schnell in Vergessenheit und verwandelte sich in die Kombination exzessiver Alkohol- und exzessiver Speed-Gebrauch. Eine gute Kombination, oder?

Klingt super ...

Das einzige Problem war, dass man, nachdem man tagelang wach war, irgendwann etwas brauchte, um wieder runterzukommen, und Heroin war dafür der charmanteste Partner. Nach einer Weile allerdings war die Kombination Heroin und Kokain wichtiger als alles andere, die Band eingeschlossen, wodurch sich zwischen uns ziemlich viele Spannungen entwickelt haben. Ich bin nicht mehr bei Proben und/oder Konzerten aufgetaucht, und falls ich mich doch einmal habe blicken lassen, war ich in katastrophaler Verfassung. Skibs war zu der Zeit einer meiner besten Drogenkumpels und ich denke, Johnny hat ihn dafür gehasst. Der Grund war, dass Johnny im Gegensatz zu uns nicht so tief in diese Heroin-Geschichte eingestiegen war. Er war immer noch voll und ganz auf die Band fixiert und hat damals alles getan, um die Band, und vor allem auch mich, am Leben zu halten. Hätte er damals nicht diesen Antrieb an den Tag gelegt, dann hätten wir garantiert alles hingeschmissen. Meine persönliche Geschichte ist einfach die, dass ich irgendwann so viel Ärger mit dem Gesetz hatte, dass ich für den ganzen Spaß, den ich hatte, Anfang 2002 entweder das Land hätte verlassen müssen oder für längereZeit in den Knast gewandert wäre. Also habe ich einfach aufgehört und mich stattdessen auf mich selbst konzentriert. Ich wanderte nicht in den Knast – oder zumindest nicht so lange, wie man es mir zuvor gesagt hatte – und bin seitdem trocken und clean, was für mich bestens funktioniert. Ich denke, dabei sollten wir auch es belassen.

Sind Drogen etwas, das man glorifizieren sollte, denn manche würden das sicher anhand eurer Texte so interpretieren?

Ich würde nicht von Glorifizierung sprechen, sie waren einfach ein integraler Bestandteil des Songwritings, weil wir alle auf Drogen waren, als wir die Songs geschrieben haben.

Vielleicht sollten manche auch einfach mal anfangen, Texte weniger als Verhaltensregeln, sondern vielmehr als Geschichten zu sehen, die erzählt werden?

Exakt, denn ich würde es hassen, irgendjemanden bestimmte Regeln oder Verhaltensrichtlinien vorzuschreiben, besonders auch unter dem Gesichtspunkt, mit welchem Ethos Punkrock ursprünglich einmal angefangen hat. Diese Songs sind einfach nur meine Geschichte aus der Zeit, in der sie geschrieben wurden.

Mit Flachzangen wie Pete Doherty wird dem Dasein als Junkie inzwischen gerne ein gewisser romantischer Chic angehangen, aber eigentlich ist es das doch nicht die Wirklichkeit, oder?

Ich mag Pete Dohertys Musik und mir gefällt auch die Tatsache, dass er ein Junkie ist. Einen gewissen „romantischen Chic“ kann man diesem Lebensstil sicher zurechnen, das war schon immer so. Nimm doch mal Keith Richards als Beispiel, denn verdammt, wer wollte nicht den ganzen Tag Rock’n’Roll spielen, heiße Girls ficken und dabei ständig drauf sein? Pete Doherty ist sicher kein Keith Richards, aber er spielt Musik, fickt auch heiße Girls und ist ebenfalls den ganzen Tag drauf. Überleg doch mal, Kate Moss und Heroin? Verdammt gute Arbeit, Pete! Sicher, am Ende ist da auch die üble Seite, aber das ist dann eben der Preis, den du zahlen musst, außer du bist Keith Richards und kannst dir Bluttransfusionen und diesen ganzen Scheiß besorgen.

Was diese Sache betrifft, bereust du rückblickend irgendetwas, das du getan hast, oder war es das alles wert?

Ich bereue nicht eine einzige verdammte Sache.

Inwiefern hast du dich als Person über die Jahre verändert? Würdest du sagen, dass du jemand bist, mit dem man mitunter nur schwer klarkommen kann?


Ich denke, dass sich vieles an meinem Verhalten über die Jahre verändert hat, aber mein Denkprozess und meine Werte sind dieselben geblieben.Ich würde nicht sagen, dass ich jemand bin, mit dem man schwer klarkommt, aber ich bin sicher, dass es da andere gibt, die das nicht so sehen.

Die STITCHES gelten ja als Orange-County-Punkrock-Legende, obwohl deren Mitglieder eigentlich überhaupt nicht aus Orange County kommen. Wo und wie habt ihr euch kennen gelernt?

Johnny Witmer habe ich während einer meiner Skateboard-Touren in Ohio getroffen, Johnny Toomey aka Sleeper bei Underdog Records und Pete bei einer Show in Anaheim. Skibs, der Sleeper später an den Drums ersetzt hat, bei einer in Huntington Beach. Gleich und gleich gesellt sich gerne, wenn du so willst.

In Orange County ist insgesamt wieder ziemlich viel los, scheint mir. Siehst du das ähnlich? Das wäre für mich nämlich zumindest eine Ausrede, dass ich diese Frage ständig an Leute aus O.C. stelle.

Orange County hat wie jede Stadt ihre eigene Signatur. Es ist ein ziemlich großer Bezirk, der sich bis nach Los Angeles hinein zieht. Bedingt durch diese Größe und die damit verbundene Anzahl an Menschen sowie die Dinge, über die man in Südkalifornien schreiben kann, ergibt sich entsprechend natürlich auch eine große Anzahl an Punkbands, pure Mathematik.

Denkst du, euer aktuelles Line-up hat die perfekte Chemie gefunden und wird auch in Zukunft so bestehen bleiben? Wie oft waren die STITCHES eigentlich wirklich auseinander, denn vor eurer 7“ bei Modern Action Records dachten viele, euch gäbe es überhaupt nicht mehr?

Wie ich ja schon erwähnt habe, ist das momentane Line-up sicher ziemlich solide, aus verschiedenen Gründen. Wir proben nie – was man auch merkt – und schaffen es trotzdem immer wieder durch ein wackeliges Set unserer alten Songs. Während der Neunziger hatten wir eine Phase von neun Monaten, in der wir nicht gespielt haben, wegen der Drogen. Abgesehen davon haben wir eigentlich sporadisch immer mal wieder gespielt.

Vielleicht seid ihr ja einfach nicht professionell genug? Was absolut als Kompliment zu verstehen ist, denn durch zuviel Professionalität geht doch oft der Charme verloren.

Perfekt getroffen, nicht professionell genug, ich liebe das. Wir sind einfach nur ein paar Fuck-ups, die beschissene Songs für andere Fuck-ups spielen, die beschissene Songs mögen. Wie viel mehr braucht man schon? Der Widerspruch, Punkrock und professionell in einem Satz zu verwenden, ist doch eigentlich schon Erklärung genug. Auf der anderen Seite kann es natürlich schwer sein, seine Platten ohne richtigen Vertrieb loszuwerden und zumindest ein bisschen Geld dafür zu bekommen.

Wie wichtig ist Geld für euch als Band?

Kleine Stückzahlen, D.I.Y., niemals deinen richtigen Job kündigen.

Können wir trotzdem nach oben genannter 7“ die Hoffnung haben, dass da noch etwas nachkommt? Was hat es mit der „Jetset“-Platte auf sich?

„The Jetset“ haben wir etwa zur selben Zeit wie die „Monday Morning Ornaments“-7“ aufgenommen. Die anderen haben aus dieser Zeit noch ein paar Songs mehr im Gepäck, aber bisher bin ich nicht dazu gekommen, daraus etwas zu machen. Vielleicht werden wir an denen noch etwas machen, Texte zu den Songs, an der Struktur arbeiten, um sie irgendwann in der Zukunft einmal aufzunehmen. Wir haben halt alle ziemlich viel zu tun und eigentlich nicht wirklich die Zeit, neue Songs zu schreiben, wir proben ja noch nicht mal.Veröffentlicht wurde die „Jetset“-Platte jedenfalls am Pearl Harbour Day, also dem 7. Dezember, und bis jetzt verkauft sie sich ganz gut.

Dann steht einem weiteren Besuch in Europa ja eigentlich nichts mehr im Weg, oder muss ich tatsächlich erst nach Kalifornien fliegen, um euch mal wieder auf der Bühne zu sehen?

Ich kann nichts versprechen, aber ich könnte mir schon gut vorstellen, dass wir irgendwann in der Zukunft noch einmal in Europa spielen. Falls du deinen Fix allerdings schnell haben willst, solltest du dir ein Flugticket besorgen.

Um noch einmal auf die Chemie in eurer Band zurückzukommen, wie wichtig ist die zwischen Johnny und dir für euer Weiterbestehen?

Essentiell, ich liebe Johnny. Wir haben mit der Band angefangen, um einen Kick zu bekommen, nicht mehr und nicht weniger. Ich könnte mir niemals vorstellen, ihn zu ersetzen, um die Band am laufen zu halten. Es ist ja auch nicht so, dass wir das neueste, nächste große Ding wären und es nötig hätten, Platten zu verkaufen, damit wir die Miete bezahlen können oder etwas in der Art. Wenn er keinen Bock mehr hätte und aussteigen wollte ... Moment, das hat er ja schon getan, er hat THE CRAZY SQUEEZE gegründet und die sind überragend. Die STITCHES werden ab und zu mal spielen und mit diesem Weg sind wir auch glücklich so.

Neben der Musik hattet ihr als Band vor allem auch immer eines, nämlich Stil. Wie wichtig ist Stil für euch und wie würdet ihr ihn definieren?

Wir haben uns schon so gekleidet und benommen, lange bevor wir die Band überhaupt gegründet haben, das ist wie mit den Drogen, es ist einfach das, was wir sind. Stil ist alles und Musik reflektiert deinen Stil, es ist alles eine Frage der Präsentation. Jeder hat einen bestimmten Stil und man kann relativ schnell erkennen, ob das sein eigener oder ein erzwungener ist. Ein Stil kann sich außerdem auch verändern, allerdings sollte er das aus ehrlichen und eigenen Gründen tun und nicht, weil man in den Augen der anderen ein bestimmtes Image pflegen muss.

Wie ja schon angedeutet, war es in den letzten Jahren eher still um euch, trotzdem haben die Leute immer noch Interesse an euch, was heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich ist. Woran liegt das deiner Meinung nach, sind die STITCHES einfach zeitlos?

Ich weiß nicht genau, BRIEFS, SPITS, SHARP OBJECTS, CYANIDE PILLS, SHOCKS, SMOGTOWN, MODERN PETS, CRAZY SQUEEZE, GUIDA, CAT PARTY, REGULATIONS, das sind alles Bands aus den letzten Jahren oder aktuelle Bands, die für Aufsehen gesorgt haben oder es noch immer tun, was vielleicht daran liegt, dass die Leute, die auf diese Art von Musik stehen, auch selbst ein ganz besonderer Schlag sind – es sind zwar nicht viele, dafür aber Menschen mit gutem Geschmack.

Da du gerade SMOGTOWN erwähnt hast, die ja so was wie eure kleinen Brüder sind, wie findest du deren neue LP?

Ich habe die Platte zwar, hatte aber noch keine Zeit, sie zu hören, was mir mit vielen Platten so geht, denn mit einer Familie und einem Nine-to-five-Job fehlt dafür einfach oft die Zeit. Ich bin mir trotzdem sicher, dass sie großartig ist, denn sie sind ohne Zweifel eine gute Band. Chavez hat eine Zeit lang mit mir zusammen gewohnt und er ist jünger als ich, von daher passt das mit dem kleinen Bruder auf jeden Fall.

Würdest du sagen, dass du mit zunehmenden Alter auch zunehmend nostalgisch geworden bist, was bestimmte Dinge angeht?

Ich war schon immer nostalgisch, das ist wohl die Trennungsangst, würde ich sagen. Außerdem bin ich eine Sammler und ein Borderline-Messie. Ja, die Nostalgie, vor einigen Jahren hatte ein Kumpel von mir die Möglichkeit, sich die WEIRDOS bei ihren Comeback-Shows anzusehen, und ich wünschte, ich hätte dabeisein können. Die WEIRDOS waren und sind immer noch absolut unanfechtbar. John Denney hat eine unglaubliche Präsenz auf der Bühne und in ihrem Stil haben sie sich nie zu sehr auf eine Sache festgelegt, wie man an dem Unterschied bei ihrer Kleidung zwischen der „Destroy All Music“-7“ und der „Action Design“-EP sehr gut erkennen kann, sie decken dort einfach irgendwie alle Genres ab. Da gibt es übrigens noch eine coole Geschichte, denn vor einer Weile habe ich einen Anruf bekommen und wurde gefragt, ob ich für John Denney als Frontmann der WEIRDOS bei einem Gig einspringen könnte. Natürlich gab es da nur eine Antwort: „No way!“. Sieh dir doch die ganzen Bands an, die das gemacht haben und völlig abgekackt sind, DEAD KENNEDYS mit Brandon Cruz, BLACK FLAG mit Mike Vallely oder die POGUES mit Joe Strummer. Gut, die POGUES mit Joe Strummer waren jetzt nicht wirklich Scheiße, es war halt nur nicht Shane MacGowan und damit es wirklich die POGUES sind, brauchst du einfach Shane MacGowan, zumindest in meinen Augen. Das wollte ich den WEIRDOS auf keinen Fall antun, abgesehen davon, dass ich nicht denke, ich könnte in irgendeiner Form seinen Platz einnehmen oder seine Präsenz ersetzen. Offensichtlich haben sie dann ähnlich gedacht, denn es kam nie dazu. Trotz allem aber ein äußerst schmeichelhafter Anruf.

Viele Bands zerstören ja mit so was auch ihr ganzes Ansehen und kommen dann wie lächerliche Volltrottel rüber, die gerade in ihren Jogginghosen aus dem „Weight Watchers“-Camp geflüchtet sind.

Oh, meine Güte, du hast 999 also auch gesehen? Hahaha, ich konnte noch Jahre danach keine 999-Platte mehr hören. Sie haben sich zwar großartig angehört, versteh mich da nicht falsch, aber sie anzusehen, war wirklich hart. Das ist eben diese Stilsache und ich habe ihren Stil geliebt, als ich jung war.

Wie lange werden die STITCHES noch weitermachen, könnte euch überhaupt etwas stoppen? Wird es eine große dritte STITCHES-Welle geben?

Eine große dritte Welle wird es wohl nicht geben, nur eine neue Platte. Irgendwo habe ich noch ein paar alte Demotapes, die ich vielleicht einmal veröffentlichen werde, aber etwas Neues wird es in der nächsten Zeit nicht geben.