STEAKKNIFE

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Blind Date

Zwanzig Jahre nach dem dem Debüt erschien 2015 mit „One Eyed Bomb“ die fünfte LP von STEAKKNIFE aus dem Saarland. Drei Jahre später hatte ich nun die Gelegenheit, die fünf Männer wieder einmal live zu sehen. Eines ihrer eher seltenen Konzerte fand im JuZ Domino in Coburg statt. Vor dem Gig traf ich mich mit Punkrock-Urgestein und SPERMBIRDS- und Ex-2BAD-Sänger Lee Hollis und Gitarrist Marc zu einem Blinddate im Girls Room.

MOBINA GALORE „Ready to let go“

Marc:
Einordnen kann ich es nicht. Ich finde es aber spannend.

Lee: Keine Ahnung. Ich war bei L7, die kommen dem schon nahe. Definitiv nicht schlecht.

MOBINA GALORE, ein Lied aus dem Jahr 2017. Eine Band, die aus zwei Frauen besteht.

Marc:
Oh Gott, keine Chance, das ist viel zu neu. Ich finde es ein klein bisschen eintönig – aber das Instrumentalspiel ist echt geil. Auch der „Screamo-Part“ im Stück. Ich würde mir auf jeden Fall noch mehr von ihnen anhören.

ROLLINS BAND „Do it!“

Lee:
Haha, Henry Rollins! Mit BLACK FLAG.

Nein, das ist von einer frühen ROLLINS BAND-LP.

Marc:
Das klingt aber noch ziemlich nach BLACK FLAG, „My war“-mäßig.

Lee: Man muss Henry Rollins respektieren und das auch heute noch.

Marc: Klar, er ist großartig, keine Frage. Die Musik ist für mich recht kurzlebig, die Person ist für mich dennoch super wichtig.

Lee: Ich gehe im Dezember auf eine Multimedia-Veranstaltung von ihm. Er liest dort, „predigt“ und schimpft und irgendein „digital-stuff“ ist dabei, ich weiß nicht, was das ist, bin aber sehr gespannt.

DURAN DURAN „Wild boys“

Marc:
DURAN DURAN! Meine Schwester war ein großer Fan davon. Vom Songwriting her haben die aber definitiv schon Besseres geliefert.

Lee: Ich bin wieder 23. In der Disco. Es ist ein Zeitdokument, gibt mir aber überhaupt nichts. Jedenfalls haben sie damals Haare gehabt.

Marc: Ich würde jetzt gerne das Video dazu sehen, das war ziemlich seltsam in dieser postapokalyptischen Halle, zwischen bizarr und peinlich. Das lief damals bei „Formel Eins“. Komm, mach noch mehr von solchem Scheiß, haha.

SOCIAL DISTORTION „Cold feelings“

Marc:
SOCIAL DISTORTION?

Lee: Ja! Cool, dieser klassische Punkrock-Gesang.

Marc: Auf jeden Fall sind sie Meister des Midtempo-Punkrock und schaffen es gut, Druck aufzubauen und das Ganze mit Melodie und Atmosphäre zu versehen. Die „White Light ...“-Platte war natürlich ein Meilenstein und wurde aber dann so ein bisschen totgenudelt. Von welcher Platte ist das?

„Somewhere Between Heaven And Hell“ von 1992, die LP davor.

Marc: Das spiele ich mal meinen Kindern vor. Die sind fünf und sieben Jahre alt und lieben so was. Ich selbst höre nur noch wenig Punk, wenn dann zum Kopf durchspülen. Wenn ich aber Jazz auflege, sind die Proteste groß. Ich verliere momentan etwas an Einfluss, die hören zur Zeit ganz schön viel DIE TOTEN HOSEN, auch DUESENJAEGER muss ich viel auflegen.

Warum hörst du nur noch wenig Punk?

Marc: Es wird immer ein Teil von mir bleiben, Punk hat mich sozialisiert. Irgendwann erweitert man aber seinen Horizont, das ist, als ob du dein ganzes Leben auf dem Dorf gelebt hast und plötzlich wegfährst und merkst, dass Reisen gar nicht schlecht ist.

Lee: Ich höre immer noch Punkrock.

Marc: Ich auch!

Lee: Aber zu wenig, haha!

Marc: Weil es einfach noch so viel Musik sonst zu entdecken gibt.

SLIME „Yankees raus“

Lee:
SLIME, „Yankees raus“. Das haben wir gecovert, irgendwann zu der Zeit zwischen 2BAD und STEAKKNIFE. Ich habe die damals auch live gesehen, Anfang, Mitte der Achtziger, in Kaiserslautern. Auf dem Konzert haben sie am Ende vier oder fünf BLACK FLAG-Songs gespielt. Die haben die alle zerfetzt, eine super Live-Band.

Marc: Ich fand die immer schlecht und musikalisch total überbewertet. Sie haben ihren Platz in der deutschen Punk-Historie und die richtige Haltung. Man fand die damals einfach gut, weil sie jeder gut fand, ich habe aber nie eine Platte von denen besessen oder gewollt. Ich habe von der letzten ein Lied gehört und frage mich, wo noch der Unterschied zu DIE TOTEN HOSEN ist.

Lee: Die ersten drei Lieder der Live-LP waren der Gipfel. Eins folgt aufs nächste ohne Pause und der Schlagzeuger spielt einfach zum nächsten durch. Ich fand es brillant.

ANGRY SAMOANS „Hot cars“

Lee:
Samoans!

Marc: Haben wir das Lied nicht mal gecovert?

Lee: Nein, nicht dieses Stück.

Marc: Wir versuchen, sie immer wieder mal zu covern, sie sind für STEAKKNIFE natürlich eine enorm wichtige Band.

JINGO DE LUNCH „Metherfor“

Marc:
Hm ... BABOON SHOW?

Lee: No, Jingo!

Marc: Echt?

Ja, von der letzten LP von 2010.

Lee:
Ich finde, Yvonne ist eine der besten weiblichen Sängerinnen. Sie hat auch eine neue Band, die ich aber noch nicht gehört habe.

TREEDEON.

Lee:
Ja, genau. Bei SPERMBIRDS hat sie damals auch bei einem Lied mitgesungen. Damals war alles kleiner, man kannte sich. Wir haben ein paar Mal mit ihnen gespielt und ich muss sagen, dass es nicht einfach war, nach ihnen aufzutreten, da sie eine großartige Live-Band waren.

ADOLESCENTS „No way“

Lee:
Yeah. „No way“! ADOLESCENTS? Großartig. Ich erinnere mich an alles. Das änderte mein Leben. Das war ein Teil davon.

PUBLIC IMAGE LTD. „Spice of choice“

Marc:
PiL. Hört man an der Stimme.

Lee: Verdammt, das wollte ich gerade sagen. Er hat diesen fuckin’ british accent, haha. Nein, das gefällt mir nicht. Die haben zwei oder drei gute Lieder. Sie werden überschätzt. Natürlich ist John Lydon ein wegweisender Typ, keine Frage.

Marc: Was würde passieren, wenn man John Lydon und Jello Biafra in einen Raum setzen würde? Die würden sich aufs Maul hauen, oder?

Lee: Nein, sie würden einfach weiter labern, haha.

Nimm noch Henry Rollins und Wattie von EXPLOITED dazu.

Marc:
Henry würde versuchen, eine sinnvolle Diskussion zu starten, die anderen zwei würden anfangen zu quasseln und der EXPLOITED-Typ würde nichts raffen. Und in die Ecke kotzen, haha.

Wattie hat Rollins und Biafra als „doppelzüngige Fotzen“ und „scheiß Wichser“ beschimpft. Ich denke, Rollins würde ihm wohl erst mal eine reinhauen.

Marc:
Was? Oh Mann, dieser rechtsoffene Wattie soll mal pissen gehen. EXPLOITED sind eine völlig überbewertete Scheißband.

Madonna „I’m so stupid“

Lee:
Sehr schön. Aber keine Ahnung, wer das ist.

Lee und Marc gleichzeitig: PJ Harvey?

Lee: Sehr, sehr super schön, aber ich habe keine Ahnung. That’s that chick that killed Cobain, haha.

Marc: Die Stimme kommt mir so bekannt vor. SLEATER-KINNEY? Eine B-Seite von Taylor Swift, haha?

Lee: Patti Smith, haha! The new Patti Smith, haha.

Sie hat in den Achtzigern als Tellerwäscherin und Stripperin angefangen ...

Marc:
Madonna? Das ist Madonna?! Ja, jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Ohren, haha. Das ist echt gar nicht schlecht. Das Beste, was ich von Madonna in den letzten Jahren gehört habe.

Lee: Auch ich bin etwas überrascht. Echt sehr schön.

Marc: Ich bin kein Fan von ihr, habe aber ganz großen Respekt vor ihr. Sie ist so was wie der weibliche David Bowie, hat viele Imagewechsel vollzogen und ist trotzdem souverän dabei geblieben. Und es war schon früher ein gutes Songwriting. „Material girl“ war zum Beispiel kein schlechtes Lied, haha.

YOUTH OF TODAY „Positive outlook“

Marc:
So was ist der Grund, warum ich aufgehört habe, Hardcore zu hören – eine reine Testosteron-Sauce.

Lee: Der Gesang ist teilweise lustig. Ich habe keine Idee, irgendeine beliebige Straight-Edge-Band?

YOUTH OF TODAY, ein Stück von der „Break Down The Walls“-LP.

Marc:
Oh Gott, die fand ich mal gut. Und die Platte habe ich auch, da ist wohl nicht viel hängengeblieben.

Lee: YOUTH OF TODAY? Wow. Mit denen waren wir mit SPERMBIRDS mal auf Tour.

THE DISTILLERS „Die on a rope“

Lee:
Gefällt mir. Großartig. Sind das THE CLOWNS?

Nein. Australische Sängerin. Von Tim Armstrong von RANCID quasi entdeckt. Er hat sie, als sie 16 war, in Australien kennen gelernt und sie haben dann nicht viel später in den USA geheiratet.

Marc:
Ja, ich habe die Story mal gehört. Da fällt mir ein, dass ich schon lange nicht mehr beim Friseur war, um die „Frau im Spiegel“ zu lesen.

Die Band heißt THE DISTILLERS.

Lee:
Ich habe öfter von der Band gehört. Doch, gefällt mir.

TANKARD „Try again“

Lee:
TANKARD. Lustig.

Ich habe mal gelesen, dass ihr darüber wütend wart, weil sie ein SPERMBIRDS-Lied gecovert haben.

Lee:
Oh nein. Echt nicht. Ich habe gar nicht mitbekommen, warum viele wütend waren, weil irgend jemand gesagt hat, wir wären wütend gewesen. Nein, es war ein aufgesetzter Konflikt, den es gar nicht gab. Das ist ein lustiger Song.