Sie sind keine moderne Band. Das betont Alan Averill immer wieder. Trotzdem haben es die Iren mittlerweile auf zehn Studioalben gebracht und sind immer relevant geblieben. Wir sprechen mit dem Sänger über den Entstehungsprozess von „How It Ends“.
Ich habe gelesen, dass ihr erst letztes Jahr angefangen habt, an den Songs für das Album zu arbeiten. Während der Pandemie hättet ihr viel Zeit zum Schreiben gehabt, aber ihr wolltet es nicht tun. Warum habt ihr euch während der Pandemie nicht an die modernen Zeiten angepasst und den Proberaum kurzerhand ins Internet zu verlegen?
Weil es ein Eingeständnis der Niederlage wäre, denke ich. Die Regeln während der Pandemie waren hier sehr streng, man durfte keine fünf Kilometer weit gehen. Natürlich durften wir Musik machen, aber unser Proberaum war geschlossen und er lag ziemlich weit draußen auf dem Land. Und ich habe den Jungs gesagt, dass wir diese Band nicht gegründet haben, um Avatare auf einem Bildschirm zu sein. Wir haben sie gegründet, um mit Menschen in einem Raum zu sein, sei es beim Proben, beim Aufnehmen, bei Live-Auftritten, auf Reisen. Und wenn wir das nicht können, gibt es keine Band. Ich weigere mich, Dateien auszutauschen. Ich weigere mich, online zu schreiben. Alle waren damit einverstanden. Also taten wir einfach nichts. Und wenn die Dinge nie wiederkommen sollten, würde nichts mehr von dem bleiben, was ich liebe. Kein Heavy Metal für mich. Weißt du, die Sache ist die, ich habe absolut nichts gemacht. Ich habe nichts geschrieben. Ich habe nicht einmal die Gitarre in die Hand genommen. Ich dachte, ich hätte bereits ein Album verschwendet, eine wirklich gute DREAD SOVEREIGN-Platte. Die andere Band, in der ich Gitarre und Bass spiele und singe. Es war verschwendet in Pandemie. Und ich dachte, nein, scheiß drauf, deshalb machen wir keine Musik. Du musst mit einem Van auf Tour gehen und auftreten. Natürlich kannst du nicht alles machen. Am Ende hat es vielleicht für Prog-Tech-Death-Bands funktioniert, aber für den Rest der Szene funktioniert es einfach nicht. Wir sind altmodisch, und ich bin sicherlich sehr altmodisch in meiner Herangehensweise an diese Dinge, denn das ist es auch, was es für mich bedeutet, in einer Band zu sein. Ich meine, es steckt im Namen, „eine Band“. Also habe ich das einfach abgelehnt.
Wie war es, wieder gemeinsam Musik zu machen? Ist der Funke sofort übergesprungen?
Ja, es ging sehr schnell, es gab viele Ideen und ich glaube, wir haben es auch einfach genossen, wieder zusammen im Proberaum zu sein. Es war keine Routine, weil wir das in den letzten Jahren so vermisst hatten, und ja, sobald ich das Studio gebucht hatte, sagte ich: „Okay Jungs, wir haben vier oder fünf Monate“. Wir hatten viele Ideen und die Dinge begannen sich schnell zu entwickeln. Und die Chemie bei PRIMORDIAL stimmte einfach. Es ist einfach alles ganz natürlich an die Oberfläche gesprudelt. Noch einmal, manchmal macht man sich Sorgen, es ist eines der schwierigsten Dinge, wenn man Teil einer Band ist, aus den Parametern herauszukommen, innerhalb derer die Band existiert. Objektiv von außen zu schauen und zu fragen: Klingen wir noch so, als ob wir es ernst meinen? Klingen wir noch engagiert, voller Energie? Klingen wir noch nach all diesen Dingen, verstehst du? Und objektiv bin ich rausgegangen und habe gesagt: Ja, ich glaube, das tun wir. Wir fühlten alle das Gleiche. Und der Prozess ging schnell, relativ spontan und ziemlich instinktiv.
Und für den Hörer gibt es sogar zwei Songs mehr als bisher.
Aber das Album ist nicht länger als das letzte. Das ist ein bisschen seltsam. Es sind zehn Songs, aber sie sind ein bisschen kürzer als sonst. Ich glaube, die Riffs sind ein bisschen besser verteilt. Es gibt ein nicht so viele von diesen dunklen, mäandernden Passagen. Einige erscheinen etwas kraftvoller und direkter und haben vielleicht weniger dynamische Breakdowns. Es ist sehr schwer zu sagen, aber sie sind auf jeden Fall insgesamt etwas kürzer geraten.
Ich finde, dass dein Gesang auf diesem Album besser klingt als je zuvor. Kannst du mir etwas über eure Arbeitsweises erzählen?
Nun, ich bin mit allen anderen im Proberaum. Und manchmal proben wir ein paar Songs und ich habe meine Ideen, die einfach so rauskommen. Aber zum Beispiel „Pilgrimage to the world’s end“ ist ein Song, der aus Ideen im Studio entstanden ist, aber was man beim Gesang hört, ist ein Take. Das ist der erste Take für diesen Song. Das ist alles in einem Take entstanden und es wurde nicht geprobt. Manchmal trifft man es einfach, das klingt wie ein Klischee, aber man ist dann in einer bestimmten Zone, in einer bestimmten Stimmung. Ich kann auf sehr intensive Weise kreativ und konzentriert sein, aber das geht eben nicht lange. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist nicht sehr groß. Aber wenn man etwas im Moment macht, ist man wirklich inspiriert, und dann entsteht einfach so ein Song. Aber ich denke vorher permanent über das Lied nach und arbeite es in meinem Kopf aus. Dann schreibe ich irgendwie den Text und verschiebe Dinge, während der Rest der Band das Stück spielt. Ich komme rein, höre mir das an und gehe wieder. Später am Abend, wenn wahrscheinlich schon alle nach Hause gegangen sind, fange ich an, mit dem Techniker an den Sachen zu arbeiten. Ich mache meine Sachen gerne abends, zwei bis drei Stunden lang, sehr intensiv. „How It Ends“ ist das Album, auf dem mir mein Gesang am besten gefällt. Ich glaube, er ist wirklich gut geworden. Es ist unser stärkstes seit langem. Und es gibt viele Harmonien und komplizierte Passagen. Manche Songs wurden Monate vorher geprobt und ausgearbeitet. Bei anderen Songs denke ich, dass PRIMORDIAL als Band sehr instinktiv funktioniert. Man muss nur irgendwie an die Idee glauben. Wir wissen, dass nichts perfekt ist, dass alles einen fehlerhaften Charakter hat und dass wir eine Band sind, die mit analogen Instrumenten spielt. Wir benutzen keine Tempo-Maps, wir benutzen kein Metronom, wir benutzen keine Trigger, wir benutzen keinen Click-Track, wir benutzen schon gar kein AutoTune. Wir machen es einfach so, wie es sich gut anfühlt. Glücklicherweise scheinen wir meistens die richtige Entscheidung zu treffen. Das hört man.
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