Nach einigen internationalen Drummerboys und -girls in den vergangenen Ausgaben, ist es an der Zeit, sich mit den heimischen Trommelkünstlern zu beschäftigen. Wir freuen uns daher, in dieser Nummer das Düsseldorfer Punkrock-Urgestein Tomo am Start zu haben, denn der ist seit Jahrzehnten fest in der deutschen Punkrock-Szene verwurzelt und wohl jeder von euch da draußen hat die eine oder andere Platte im Schrank stehen, auf der er zu hören ist.
Tomo, bist du als kleiner Junge schon deiner Mutter auf die Nerven gegangen, weil du immer auf ihren Töpfen herumgedroschen hast?
Hey, woher weißt du das? Vielleicht erinnerst du dich noch: Ende der Siebziger gab es noch so große runde Waschpulverpackungen mit Plastikdeckeln. Heute ist ja alles schön eckig, wegen Effizienz und so, aber mit diesen Teilen und einer großen umgedrehten Curver-Box hab ich dann meine erste Schießbude zusammengeschustert. Den Part der Sticks haben zwei Bleistifte übernommen und das Setup war komplett.
Wie lange hielt dieser Zustand an, wann wolltest du unbedingt ein richtiges Set haben?
Mit 15 hatten wir mal eine Projektwoche in der Schule, unter anderem mit einem Bandprojekt. Da hab ich mitgemacht und den Drum-Part übernommen. Der Lehrer war gut drauf und so konnten wir am Ende der Woche „Smoke on the water“, „Blitzkrieg bop“ und „Nazis raus“ spielen. Danach habe ich mir dann recht schnell das erste Schlagzeug gekauft. Wir haben damals noch in Neumünster gewohnt, meine Eltern waren unerwartet entspannt und das Ding stand schnell bei uns auf dem Dachboden.
Gab es damals schon Drummer, denen du nachgeeifert hast?
Ich habe neben meinem Schlagzeug einen Discman stehen gehabt und meinen begrenzten Fähigkeiten nach zu meinen Lieblings-CDs getrommelt. Das waren dann jeweils Songs, bei denen Tommy Ramone, Stefan Mahler, Mick Harris oder Pete Finestone von BAD RELIGION gespielt haben. Das müsste so 1990 gewesen sein und da haben wir dann auch ziemlich schnell unsere erste Band MISTFISH gegründet. Ich habe jeden Tag nach der Schule zwei Stunden einfach versucht, die Songs mitzuspielen.
Warst du immer mit deinem Part am hinteren Bühnenrand zufrieden oder wolltest du auch mal vorn im Rampenlicht stehen?
Auch wenn du als Drummer immer den meisten Schrott durch die Gegend schleppst, war das immer genau mein Ding. Mitte der Neunziger, als ich nach Düsseldorf gekommen bin, habe ich mit drei Freunden GTX gegründet und da Bass gespielt und gesungen. Das ist dann aber irgendwie nach einer CD auf Flight 13 wieder zu Ende gegangen. Parallel habe ich damals bei STRETHER getrommelt. Wir haben eine 7“ bei Kabuki/Blurr gemacht und dann fragte Frankie, der selbst gerade erst bei den SONIC DOLLS eingestiegen war, ob ich da trommeln könnte. Das war Anfang ’97. Wir haben zweimal geprobt und sind dann direkt auf Tour nach Spanien gefahren. Ich war damals großer Lookout Records-Fan und konnte genau den Sound machen, den ich liebte, und all die wunderbaren Menschen kennen lernen, die diese Szene damals ausmachte. Das Studium erlaubte es, ohne Ende Konzerte zu spielen, und wir haben das bis vor einigen Jahren so durchgezogen. Leider haben wir die Band aus Zeitgründen auf Eis legen müssen, aufgelöst haben wir uns aber nicht.
Hast du damals davon geträumt, Profimusiker zu werden oder war dir immer klar, dass die Musik ein schönes Hobby bleiben würde?
Nein, das war nie der Plan, und wenn ich den einen oder anderen Schlagzeuger so sehe, dann möchte ich mich auch nicht als „Musiker“ bezeichnen. Ich mache das, was meine Hände mitmachen, und sehe das alles nicht so ernst. Wenn ich was nicht hinbekomme, dann spiele ich halt was anderes. Wichtig ist, dass ich die Songs live spielen kann, auch wenn schon das eine oder andere Getränk verköstigt wurde.
Reizen dich außer Punkrock auch noch andere Musikstile, die du vielleicht gern noch mal mit anderen Musikern ausprobieren möchtest?
Ich bin generell sehr offen, natürlich auch was den Musikstil angeht. Allerdings ist das, was wir mit OIRO machen, genau meine Welt. Wir können zu 100% unser Ding machen, ohne auch nur den kleinsten Kompromiss einzugehen. Mit echten „Musikern“ will ich nichts zu tun haben. Sobald man anfängt, das alles zu ernst zu nehmen, kann ich nichts mehr damit anfangen. Mit solchen Leuten habe ich mich früher auch hier und da mal getroffen, mehr als eine Probe ist dabei aber nie rumgekommen. Am besten bleibst du bis nach dem Konzert alkoholfrei und stellst dich dann nach der Show auch noch an den Merchstand und verteilst Autogramme. Haha! Professionalität und Punk sind zwei komplett unterschiedliche Welten und bis auf weiteres bleibt das auch alles so.
Ist Studioarbeit eher ein notwendiges Übel, um live spielen zu können, oder macht sie dir sogar Spaß?
Ich habe noch nie einen Song öfter als dreimal eingespielt, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war – oft klappt es direkt beim ersten Take. Aber ich spiele natürlich viel lieber live, wobei das Studio auch seine besonderen Seiten hat. Über einen langen Zeitraum wachsen die Songs irgendwie zusammen und nach dem Aufnehmen ist es jedes Mal ein besonderer spannender Moment, die Platte das erste Mal zu hören. Und da wir uns wegen Zeitmangel eh alle nicht so oft sehen, merkt man im Studio wie auf Tour auch immer wieder, dass wir eine Gang aus fünf Freunden sind, die sich super verstehen und die selbst bei einem oftmals zähen Prozess wie dem Aufnehmen einer Platte viel Spaß miteinander haben.
Würdest du gern häufiger live spielen, als das zur Zeit mit OIRO der Fall ist?
Ja klar, keine Frage. Aber die Band besteht aus fünf Leuten und die dazugehörigen Familien, Kinder, Jobs und so weiter haben natürlich großen Einfluss auf die Anzahl der Wochenenden, an denen wir unterwegs sind. Derzeit ist es eben so, wie es ist. Wenn die ganz Kleinen etwas größer sind, ändert sich das vielleicht ja wieder. Bei uns läuft es aber gerade sehr gut, denn die Songs für die neue OIRO-LP sind kurz vor fertig.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #117 Dezember 2014/Januar 2015 und Christoph Lampert