MUSLIMS

Foto© by Chris Charles

In jeder Hinsicht unmissverständlich

Das neue Album der amerikanischen Punkband THE MUSLIMS heißt „Fuck These Fuckin Fascists“, erschienen ist es auf Epitaph Records. Ziemlich unmissverständlich, der Titel, so wie auch die Texte auf dem Album formuliert sind. Musikalisch präsentiert sich das 2017 in Durham, North Carolina gegründete Trio zwar facettenreich, kommt aber ebenso schnell auf den Punkt. Auf ihrem Facebook-Profil beschreiben sich THE MUSLIMS mit „PUNK. Political satire, spandex and radical extremism. Black/Brown queer shit.“ QADR beantwortet stellvertretend für die Band einige Fragen zur Platte.

Wo habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?

Ich kannte Ba7Ba7 – man spricht es BaHbaH aus – bereits einige Jahre, bevor ich ihn fragte, ob er bei einem neuen Punk-Projekt mitmachen möchte. Wir streckten durch gemeinsame Freunde unsere Fühler nach einem Bassisten aus und nach dem Treffen mit Abu Shea war klar, dass das Schicksal bestimmt hat, dass Allah bei uns Bass spielen wird.

Ihr habt alle Erfahrung mit vielen verschiedenen Musikstilen, „Fuck These Fuckin Fascists“ ist ja auch kein reines Punk-Album. Aber warum habt ihr Punkrock als Grundsound gewählt, was kann man in diesem Genre am besten ausdrücken?
Ich bin mit Punk aufgewachsen und Ba7Ba7 auch. Es war immer das richtige Genre, der richtige Sound und das richtige Gefühl, um das auszudrücken, was wir wirklich empfinden. Und unsere Erfahrungen mit dem nötigen Maß an Aggression in Form eines Smooth-Jazz-Ensembles zum Ausdruck zu bringen ... na ja, das wäre ein bisschen umständlich geworden.

Ihr thematisiert sehr ernste gesellschaftliche Probleme, aber seid auch immer für Spaß zu haben. Gab es einen Punkt, an dem ihr euch bewusst dazu entschieden habt, das Leben zu genießen und aufzuhören, mit Idioten ernsthaft über wichtige Themen wie Rassismus, Klassismus etc. diskutieren zu wollen?
Leider werden wir von misogynen Incels [Anm. der Autorin: Kofferwort aus involuntary für unfreiwillig und celibate für zölibatär] und anderen ignoranten Arschlöchern die ganze Zeit bewertet, weil sie überall sind. Es ist ja unmöglich, nicht wütend darüber zu sein, wie schrecklich dieses Land und diese Welt in vielerlei Hinsicht sind, aber die Kunst sorgt gleichzeitig für Ausgleich und Freude. Darum geht es bei uns.

Wie sieht für dich die bestmögliche Gesellschaft aus und was wäre notwendig, um das zu erreichen? Wenn wir etwas zerstören wollen, sollten wir ja eine Vorstellung davon haben, was wir stattdessen haben wollen.
Um eindeutig rassistische, klassizistische und zutiefst abgefuckte Systeme herauszufordern, heißt das nicht, dass wir auch alle Antworten haben müssen. Wir können wissen und verstehen, dass etwas nicht stimmt, ohne die perfekte Lösung zu haben, die über „Lasst uns aufhören mit dieser beschissenen Sache“ hinausgeht. Wir haben Überzeugungen und Visionen für eine bessere Zukunft, für die wir kämpfen. Aber um die Frage ganz einfach zu beantworten, die bestmögliche Gesellschaft ist eine ohne Versklavte oder Zwangsarbeit – die gibt es nämlich immer noch –, eine ohne Landdiebstahl und Schändung, eine ohne Rassenhierarchien und vorherrschende Gewalt – institutionelle, zwischenmenschliche und so weiter. Eine, die sich dafür einsetzt, Schäden aus der Vergangenheit zu heilen, durch Reparationen für Schwarze, PoC und Indigene weltweit. Eine, die das Gleichgewicht untereinander und mit dem Planeten sucht. Eine Gesellschaft, die sich selbst reflektiert, sich nach Bedarf verändert und immer für das Ganze arbeitet.

Einerseits will man das System bekämpfen, andererseits muss man Kompromisse eingehen, um mit seiner Musik und seinen Botschaften möglichst viele Menschen zu erreichen. Kannst du für THE MUSLIMS eine kapitalistische Grenze definieren, die ihr nicht überschreiten würdet?
Wir ziehen die Grenze beim Twerking im Oval Office, um Superbowl-Slots zur besten Sendezeit zu bekommen, die von Amazon gesponsort werden.

„Illegals“ ist sicherlich einer der besten Songs des Albums, der darauf abzielt, dass es mit der absurden Annahme beginnt, dass Weiße das Recht hätten, die Regeln zu bestimmen und andere einzustufen. Stell dir vor, dass sich alle Machtstrukturen weltweit über Nacht wirklich ändern würden, was würdest du tun?
Ich würde Tomaten pflanzen.

„John McCain’s ghost sneaks into the white house and tea bags the president“ ist der letzte Song des Albums. John McCain kann sich mit Sicherheit nicht mehr in jemandes Haus schleichen, aber wenn du dich ins Weiße Haus schleichen könntest, was würdest du tun?
Diese Frage kann ich aus rechtlichen Gründen nicht beantworten.

Ihr habt ein Lied namens „Coronavirus“ und es gibt einen Satz, der hier in den deutschen Medien während der Pandemie oft geäußert wurde: „Das Virus zeigt, dass alle Menschen gleich sind“, was meiner Meinung nach völliger Quatsch ist. Was denkst du über dieses Zitat?
Ja, es ist kompletter Quatsch. Ja, das Virus kann jeden infizieren, aber wie bei allen Dingen muss man Klasse, Rasse, Gesundheit, Zugang und viele andere Dinge berücksichtigen. Wer wird am härtesten getroffen? Hier in den Staaten wurde es zu dieser Frage der individuellen Freiheit. Und auf der anderen Seite gibt es schwarz-braune Communitys, die der Regierung zu Recht nicht vertrauen, weil rassistische und gewalttätige, nicht einvernehmliche medizinische Experimente an PoC unter dem Deckmantel, es ginge um „Impfstoffe“, durchgeführt werden. Es ist alles sehr ... beschissen. Aber wir behalten die Hoffnung, deshalb kämpfen wir.