MONKS

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How I wrote Monk Time

Als die Beatlemania 1966 auf ihrem Höhepunkt war, machten sich in Deutschland fünf ehemalige GIs daran, so etwas wie die "Anti-Beatles" zu kreieren. Losgelöst von allen kommerziellen und konventionellen Strukturen schufen THE MONKS einen manischen und hypnotischen Sound, der purer Rhythmus und Lärm und gleichzeitig Rock'n'Roll in seiner reinsten Form war. Man muss sich das einmal vorstellen: Während die BEATLES als die perfekte Popband mit hippen Pilzköpfen rumlaufen, spielt in deutschen Käffern eine Avantgarde-Krach-Band in Mönchskutten und mit Tonsuren. Wenig verwunderlich also, dass sie sich damit teilweise ziemlich lächerlich vorkamen. Doch für die Punkbewegung wurden die fünf Betbrüder zu einem ihrer prägendsten Vorbilder, das man heute getrost als Kultband bezeichnen darf.



Wenn du 1966 in Hamburg im Top Ten Club ?I wanna hold your hand' gesungen hast, hat das Publikum mit ?I wanna fuck your hand' geantwortet. Die kannten das schon, hatten alles schon gesehen und wollten etwas Neues hören - so wie uns. Zwar stand Tony Sheridan immer vor der Bühne und hat geschrieen: ?You assholes! That's no rock'n'roll what you're playing!', aber die Leute fanden uns großartig."

Kein Wunder, denn mit ihrem monotonen, streng rhythmischen, beinahe tribalistischen, extrem lauten und düsteren Sound und kurzen, direkten Texten waren THE MONKS ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus. Erst als Ende der 1970er (Art School-)Punkbands wie THE FALL, THIS HEAT, PERE UBU oder DIE EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN anfingen, ähnlich eindringliche monotone und konzeptionelle Musik zu spielen, wurden die MONKS von dieser Avantgarde-Bewegung als Vorbilder genannt. Aber anders als THE VELVET UNDERGROUND gelangten sie bisher nie zu der verdienten Berühmtheit, auch wenn sich über sie vielleicht dasselbe sagen lässt: Obwohl die Platte bei ihrem Erscheinen ein Flop war, hat wohl fast jeder Käufer einer MONKS-Platte eine Band gegründet, die so klingen wollte wie THE MONKS.

1964 fingen die fünf in Deutschland stationierten GIs Gary Burger (lead guitar/vocals), Larry Clark (organ/vocals), Dave Day (rhythm guitar/vocals), Roger Johnston (drums/vocals), und Eddie Shaw (bass/vocals) an, als TORQUAYS in Wirtschaften und Beatschuppen Rock'n'Roll-Standards, Surf- und Beat-Hits von Chuck Berry bis zu den BEACH BOYS zu spielen. Erst als sich Karl Remy und Walther Niemann, beide aus der Werbebranche, ihrer als Manager annahmen, entstand der typische Monk-Sound. Remy und Niemann waren es, die ihnen das Image als Mönche mit den "lächerlichen" Tonsuren verpassten und ihnen Regeln gaben wie "verhalte dich immer, immer, immer wie ein Monk", die konzeptionell daran gingen, die Musik der fünf auf ihre aggressiven, rhythmischen Beats zu reduzieren, die Texte auf ein Minimum an Inhalt zu verkürzen, und dadurch die geballte und gewaltige Energie freisetzten, die das erste und einzige Album der MONKS, "Black Monk Time", heute noch besitzt und damit unweigerlich jeden in seinen Bann zieht.

"Wir sprachen über die Kraft von Kommunikation, Wut, Image, Minimalismus und Dekonstruktion der Songs. Wir haben acht Akkorde hier, können wir auf nur zwei kommen? Lasst uns nur einen nehmen. Wie viel Worte haben wir hier? Fünfzehn? Können wir das auf drei runterkriegen?" [Zitat: geklaut von pressSPEXoct06.pdf auf http://www.playloud.org/monks.html am 23.10.2006.]

Zu den Stakkato-Beats des Schlagzeugs kreischt eine völlig übersteuerte Gitarre, die Orgel fiept und pfeift, der Bass ist nichts anderes als wuchtige, stampfende Rhythmik, das Banjo schrubbt unermüdlich einen einzigen auf den Takt der Hi-Hat gespielten Akkord, und die Texte vermitteln eine Desillusioniertheit, wie sie zwei Jahre vor den 68ern und damit unmittelbar vor der Geburtsstunde der Hippie-Bewegung undenkbar scheint und unverkennbar bereits den nihilistischen Geist des Punk in sich birgt: "Why do you kill all those kids over there in Vietnam? Mad Vietcong! My brother died in Vietnam" heißt es in dem eigentlich als Band-Thema gedachten "Monk Time". "People kill, people will for you. People run, ain't it fun for you. People go, to their deaths for you" ist der anklagende Text von "Complication" und damit ein heftiger Protestsong, wie er in der gesamten Friedensbewegung seinesgleichen sucht, und die Zeilen "I hate you with a passion baby! And you know why I hate you? It's because you make me hate you baby!" aus dem Song "I hate you" ist die extreme Negation zeitgemäßer Lovesongs.

Unermüdlich touren die MONKS durch die deutsche Provinz, spielen in Kleinstädten und Dörfern auf den allsamstäglichen Beat-Abenden, immer in dem Wissen, dass sie von dem völlig unverständigen Publikum gehasst werden. Doch der Traum vom Erfolg als Rockstar erfüllt sich nicht, statt einer geplanten zweiten Platte, werden nur noch zwei Singles aufgenommen, erstmals auch mit Ausflügen in kommerziellere Gefilde.

Und als sich das Managerpaar zerstreitet, ist auch bei den MONKS die Luft raus, und die geplante Asientour fällt ins Wasser, weil Roger Johnson nicht am Flughafen erscheint, sondern nach Texas zurückfliegt. Als auch die anderen in die USA zurückkehren ist das Kapitel MONKS für sie so weit abgeschlossen, dass sie sich schämen, davon zu erzählen.

Erst 1999 stehen die fünf Ordensbrüder noch einmal gemeinsam auf der Bühne, zum ersten Mal in den USA, und im Publikum finden sich auch große Fans wie Genesis P. Orridge (THROBBING GRISTLE, PSYCHIC TV), der zugibt: "Man muss seine Wurzeln kennen.", und Jon Spencer (PUSSY GALORE, BLUES EXPLOSION): "Ich warte schon mein ganzes Leben auf diesen Abend, ich versuche, nicht zuviel zu erwarten, um nicht enttäuscht zu sein." Doch es würde mich wundern, wenn Spencer nicht maßlos begeistert gewesen wäre, denn auch wenn am 23.10.2006 in der Volksbühne, Berlin nur drei der Originalbesetzung der MONKS auf der Bühne stehen - Johnston starb vor zwei Jahren, Clark wollte nicht mehr mitmachen -, bin ich und wie alle anderen im Publikum völlig hingerissen von der Eindringlichkeit dieser Band. Anders als Bands wie die ROLLING STONES, deren Altherren-Rock nur mehr peinlich ist, haben es die MONKS geschafft, in Würde zu altern. Jeglicher Rockstar-Habitus - der ihnen freilich schon in den 1960ern fehlte - ist ihnen völlig fremd, ich habe selten eine Band gesehen, die mit soviel Freude, so lebendige und ehrliche Musik gespielt hat. "This music has survived over 40 years", meint Eddie Shaw, der aktuell gerne NINE INCH NAILS oder MOUSE ON MARS hört, und damit hat er recht. Wer - wie Thomas Meinecke - THE MONKS in Richtung Techno rücken will, übersieht, dass Techno niemals soviel Wut, Energie und Seele besaß, wie THE MONKS.

Beinahe verblassen die Gastauftritte von Schorsch Kamerun (DIE GOLDENEN ZITRONEN) - natürlich als Nonne verkleidet -, Peter Hein (FEHLFARBEN), Mark E. Smith (THE FALL) - der freilich ein bisschen zu wenig nüchtern war, um sich nicht wie üblich als nörgelnder, alter Prediger zu inszenieren - und Ana da Silva und Gina Birch (beide RAINCOATS), die allesamt trotz ihrer Sozialisation im Punk ihre Starallüren nicht verbergen können und zumindest neben den MONKS wie geübte Entertainer wirken.

"Als ich die Platte der MONKS Anfang der 1980er zum ersten Mal gehört habe, war das für mich eine Offenbarung", meint Dietmar Post. Dietmar Post und Lucía Palacios gelingt es in ihrem Dokumentarfilm "Monks - Transatlantic Feedback" nach achtjähriger Recherche einen beeindruckenden und intimen Blick auf die MONKS zu werfen. Sie zeichnen ihre Zeit bei der Army, als TORQUAYS, die Entstehung ihres Sounds bis zur Reunion 1999 liebevoll und detailbewusst nach, verweben Songs, Fernsehaufzeichnungen, Postkarten und andere Originaldokumente mit ihren Gesprächen mit den fünf (Remy und Niemann wollten nicht an dem Projekt teilnehmen), lassen alle ihre Version der MONKS und vor allem wunderschöne Anekdoten erzählen, ohne wertend einzugreifen. "Wir wollten diesen Film auch machen, weil sie witzig sind." Und witzig sind die fünf, die weit davon entfernt sind, sich als abgebrühte Stars zu geben. Stattdessen werden sie gezeigt als liebenswerte, "normale" Menschen, die einfach großartigen Rock'n'Roll geschaffen haben.

Stellt man sich das Lachen aus der Tube vor, wie es in Sitcoms gebräuchlich ist, man hat einen ungefähren Eindruck davon, wie das Publikum bei der Deutschlandpremiere von "Tranatlantic Feedback" regelmäßig in schallendes, aber ehrliches Gelächter ausgebrochen ist. "Transatlantic Feedback" ist auch deshalb ein außergewöhnlicher Film, weil er aus der Sicht begeisterter, und doch kritischer Fans eine faszinierende Band porträtiert, die eine solche Würdigung mehr als verdient hat.

Post und Palacios haben die MONKS nach vierzig Jahren wieder nach Deutschland geholt und damit eine große Fanschar (und sich selbst) glücklich gemacht: "Natürlich war das auch ein feuchter Traum von uns, die MONKS endlich live in Deutschland zu sehen."

Trotz Bestuhlung war das Konzert in der Volksbühne mitnichten ein Sitzkonzert, das Publikum hat ebenso geschwitzt und getanzt wie die MONKS und ihre "Helden" gebührend gefeiert.

Auf der ebenfalls von den beiden Filmemachern initiierten Tribute-2CD "Silver Monk Time" (so hätte auch das zweite Studioalbum der MONKS heißen sollen) finden sich MONKS-Cover von namhaften Musikern wie Charles Wilp, THE FALL, FEHLFARBEN, Gudrun Gut, John Spencer, PSYCHIC TV, FSK, MOUSE ON MARS, Alec Empire, THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY, FAUST, THE GOSSIP, GOLDENE ZITRONEN feat. CHICKS ON SPEED und vielen anderen.

Was ihren Einfluss auf die experimentelle Musik betrifft, gibt sich Shaw bescheiden: "Wir waren nicht die ersten, die Feedback benutzt haben. Das lag einfach daran, dass es zu dieser Zeit durch die bessere Technik möglich wurde, und wir waren halt die ersten, die das auf Platte gebannt haben."

Anders als zeitgleiche Vertreter der Minimal Music wie Steve Reich oder La Monte Young, bei denen ja auch John Cale sein typisches Gitarren- und Geigenspiel, wie man es von THE VELVET UNDERGROUND kennt, gelernt hat, wollten die MONKS bei allem Minimalismus immer einfach eine Rock'n'Roll-Band sein. Also vergesst die BEATLES (die sind eh völlig überbewertet), it's Monk Time!