MATULA waren und sind eine kleine Reise durch den Alltag, durch Liebe und Sehnsucht, durch Nachdenklichkeit, durch Freude am Sein und an Konzerten mit viel Bier im Backstage. „And some things never change“, heißt es und doch haben die vier aus Hamburg und Kiel mit ihrem neuen und zweiten Album „Blinker“ (Zeitstrafe) einige Uhren neu gestellt. Aus diesem Anlass unterhielt ich mich mit dreien der vier Freunde über Fortschritt, Freundschaft und Popmusik – und natürlich über „Blinker“.
Nach fast drei Jahren Touren und einigen Split-Releases habt ihr nun das zweite Album herausgebracht. Wie sind bisher die Reaktionen auf „Blinker“?
Basti: Die Reaktionen sind top, wir haben wirklich fast ausschließlich positive, durchdachte und wohlwollende Reviews bekommen, und noch habe ich niemanden getroffen, der meinte „Nein, das war nix, Jungs.“
Und Thorben, was ist mit deiner Stimme passiert – Whiskey statt Bier oder einen Tom Waits verschluckt?
Thorben: Ja und nein. In erster Linie wollte ich es mir aber etwas bequemer machen und nicht die ganze Zeit so hoch singen oder krächzen müssen. Das geht auf Tour nach dem dritten Konzert immer schief und ist dann auch nicht mehr authentisch. Also habe ich einfach so gesungen, wie es auch im Konzert klingt. Heiser, weil der Abend davor wieder zu lang war ...
Welche Bedeutung kommt dem Plattentitel „Blinker“ zu? Ein Richtungswechsel oder zumindest dessen Ankündigung? Oder geht es etwa doch um dieses Ding an der Angel?
Basti: Tja, als waschechter Künstler dürfte man dazu jetzt natürlich gar nichts sagen, weil die Interpretation ja dem Betrachter zufallen sollte. Da wir aber weder Künstler noch waschecht sind, erklärt dir Thorben jetzt, was es mit dem Titel auf sich hat ...
Thorben: Im Prinzip geht es um beides. Das mit dem Richtungswechsel hast du schon ganz richtig erkannt. Pack noch das Touren dazu und das Feld ist abgedeckt. Bezüglich der Angel habe ich mir gedacht, dass das ganz gut auf die Texte passt. Der Blinker gibt ja vor ein leckerer Fisch zu sein, ist dann aber dein Ende, wenn du anbeißt. In den Texten geht es ja auch meist um den Kampf mit dem Alltag und die Frage, was davon eigentlich Sinn macht oder nicht mal ein kleiner Fisch ist.
Beitz: Das zentrale Thema der Platte sind Menschen, die ihre Positionen ändern. Sei es, dass sie ausbrechen, zurück- oder auch weitergehen. Der Blinker an der Angel ist dann quasi das Synonym für einen Irrweg. Kann halt passieren.
... und fatal enden. „Blinker“ geht einen fühlbaren Schritt Richtung Pop. Ist Punk tot? Und was macht die Anziehungskraft dieses allumfassenden Musikstils Pop aus?
Basti: Ich denke, der Punk-Zug ist mit uns abgefahren, hat uns ein Stück weit mitgenommen, abgesetzt und wieder abgeholt. Zwischendurch haben wir andere Einflüsse eingesammelt und ebenfalls mitgenommen. „Zu punkig für Pop, zu poppig für Punk“, wie Beitz immer sagt. Wir beschränken uns dabei nicht, entweder es klingt gut oder eben nicht, da müssen wir dem Punk nicht hinterherrennen, genauso wenig wie anderen Genres.
Thorben: Punk ist ja meist auch schon Pop. Wir sind halt Pop mit Punk-Attitüde. Also Dosenbier und so, meine ich.
Beitz: Pop ist eigentlich Mist. Der Name suggeriert: das ist populär, das ist geil, das finden viele Leute „mega“, aber wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass das zwar nette Musik zum Bügeln ist, aber nichts, das wirklich Gehalt hat. Darf Pop ja auch nicht, weil ihn viele Leute hören sollen, und da muss die Musik auch den letzen Volldeppen ansprechen. Pop hat also nichts in der Birne, dafür aber in den Hüften. Und da wir gerne tanzen, aber auch mal ein Buch lesen, versuchen wir beides unter einen Hut zu bekommen. Und Punk? Hör doch auf ... Kindergarten.
Ihr kennt sowohl die Jugendzentren als auch größere Clubs auf Support-Touren diverser Größen seit einigen Jahren. Hegt man den heimlichen Wunsch, selbst mal der Headliner zu sein und größere Hallen zu bespielen? Oder ist es gerade die Stimmung der kleinen Keller, die MATULA ausmacht?
Basti: Ich finde gerade diese Melange total gut. Es gibt Konzerte, die sind in superkleiner, gemütlicher Atmosphäre spitze, schwitzig und einfach toll. Und andere, die wir – wenn auch selten – vor 400 Leuten gespielt haben, können genauso geil sein. Es ist natürlich was anderes und man ist den Leuten vor der Bühne nicht mehr so nahe, wenn man ein bis zwei Meter über ihnen steht, aber beides kann richtig Spaß machen. Von daher: Her mit mehr von beidem!
Beitz: Es ist klar, dass du irgendwann mal Bock hast, einen Schritt weiter zu gehen. Wenn das allerdings bei uns das Ziel gewesen wäre, hätten wir das Ganze von Anfang an völlig anders aufgezogen. Dann wären wir jetzt vielleicht im KI.KA zu sehen ...
Ihr spielt seit sieben Jahren in gleicher Besetzung und seid einen beträchtlichen Teil eurer Freizeit auf Tour. Können Freundschaften so was aushalten?
Basti: Unsere Freundschaften können das anscheinend, auch wenn man sich schon manchmal darüber wundert, dass alle immer noch mitmachen. Hin und wieder – vielleicht wird das die anderen verwundern – denke sogar ich mittlerweile selbstkritisch, dass ich den anderen bestimmt hier und da auf die Nerven gehe. Aber es ist auch einfach so eine Eigendynamik, die sich entwickelt, sobald man im Bus sitzt, so dass man nicht raus kann aus seiner Tour-Haut. Wir haben uns aber auch in diesem Stadium aufeinander eingeschossen und es funktioniert, auch wenn es immer mal wieder nervt. Tips brauchen wir da keine – uns ist nicht mehr zu helfen!
Beitz: Wir kennen uns in- und auswendig und das hilft, sich gegenseitig auszuhalten. Man weiß einfach, wann man die Fresse halten sollte oder Ähnliches. Und wir vier sind auf gleicher Linie kaputt im Kopf, wodurch man auf einer Welle operiert. Sonst würde das keiner mehr aushalten, wie mir meine Mitbewohnerin mal steckte, als ich just von einer Viertagesreise zurückkam und ich mich noch heftig im Tourbetrieb befand.
Wie sieht die nähere MATULA-Zukunft aus? Ausruhen, Touren oder gleich neue Songs schreiben?
Basti: Im August spielen wir noch einige Konzerte und Festivals, danach ist dann Sommerpause und im November wohl noch mal eine ganze Tourwoche. Neue Songs denke ich mir dann in Toulouse aus, wo ich ab Oktober für sechs Monate sein werde – mein Französisch ist noch recht schlecht und so wird meine Gitarre wohl mein einziger Freund sein ... Das ist Emo!
Beitz: Ich hoffe mal, dass die Platte ein paar Leute vom Grill oder im Herbst vom Ofen weglockt und sie auf unsere Konzerte kommen. Also sage mir keiner, man hätte von nichts gewusst!
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