LYVTEN

Foto

Musik als Medizin

Emotionaler, deutschsprachiger Post-Punk ist seit einiger Zeit hoch im Kurs. LYVTEN aus Zürich lassen sich perfekt in dieses Genre einordnen, machen aber dennoch gekonnt ihr eigenes Ding. Sänger Thorsten Polomski zieht im Interview eine erste Zwischenbilanz.

Thorsten, nachdem du bei BUBONIX und SIX REASONS TO KILL ausgestiegen und in die Schweiz gezogen bist, hat es etwas gedauert, bis du wieder mit einer festen Band in Erscheinung getreten bist. Was schätzt du an LYVTEN besonders?


Das Wichtigste an LYVTEN ist Spaß, sich wieder zu spüren und natürlich mit tollen Jungs, die mit mir auf der gleichen Wellenlänge liegen, Songs zu schreiben, Gigs zu spielen und auf Tour eine tolle Zeit zu haben.

Mit Verlaub: Ihr spielt deutschsprachigen emotionalen Post-Punk, wie dieser in ähnlicher Weise von Bands wie TURBOSTAAT, CAPTAIN PLANET oder weniger gut von DISCO//OSLO gespielt wird. Was unterscheidet LYVTEN von diesen Bands? Oder um mit TREND zu sprechen: Was habt ihr für einen Auftrag?

Ein Aspekte wäre: Wir sind aus der Schweiz und nicht aus dem Norden Deutschlands. Ob DISCO//OSLO jetzt weniger gut oder besser sind, bewerten wir auf keinen Fall. Das Herz sitzt wohl am richtigen Fleck. Und sie haben wie wir auch jemanden in der Band, der einen Migrationshintergrund hat. Unser Auftrag ist es, eine gute Balance zu schaffen zwischen Familie, Beruf und Band. Dazu gehört auch, dass wir unsere Emotionen teilen, unsere Einstellungen weitergeben, ohne dogmatisch zu wirken, und dabei unsere Standpunkte vertreten. Wir haben auch hier in der Schweiz genug Probleme, die es zu lösen gibt, und ja, wir singen auch über Geld, aber aus der Sicht der Straße.

Ihr habt vor, eure erste LP mit Hilfe von Fundraising, also Spenden zu realisieren. Wie kann ich mir das in eurem Fall genau vorstellen und wie waren bisher die Reaktionen eures Umfelds darauf?

Zunächst möchten wir sagen, dass es sich nicht um Spenden handelt, sondern man kauft sich ja eigentlich Goodies wie die Platte, Shirts und anderes. Dabei unterstützt man uns, indem man etwas mehr bezahlt, als das im Handel der Fall ist. Als Band möchten wir gerne etwas gemeinsam mit Leuten auf die Beine stellen, die unsere Musik mögen. Es wird auch witzige Gimmicks geben, die man sonst nicht kaufen kann. Wir geben ja als Musiker auch viel Geld aus, um das alles realisieren zu können, und von daher verstehen unser Umfeld und auch hoffentlich die Fans, dass wir finanzielle Hilfe gebrauchen können. Das meiste bezahlen wir ja nach wie vor selbst.

Dazu fällt mir folgende Frage ein: Was machst du am liebsten mit deinem Geld?

Beim Geld geht es nicht immer darum, was man am liebsten damit tut. Der Großteil geht für Rechnungen drauf.

Unsere Welt befindet sich in einem sozialen, ökologischen und ökonomischen Ungleichgewicht. Falls unser Ressourcenverbrauch weiter in dem Maße anwächst, braucht die Menschheit im Jahr 2050 vermutlich drei Planeten, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Was tun?

Über diese Themen könnten wir lange diskutieren. In Kürze: Wir versuchen ein Leben zu führen, das Rücksicht nimmt auf unsere Mitmenschen, Umwelt und Natur. Einer von uns arbeitet in einer Umweltschutzorganisation und das erhöht die Sensibilität für diverse Themen zusätzlich.

Wenn ihr mit LYVTEN eine Gedankenspur hinterlassen könntet, welcher Satz würde diese auf den Punkt bringen?

Musik muss einem nahe gehen und manchmal richtig wehtun, aber wirken und nicht mal gut schmecken, genau wie Medizin.

Wie geht es 2015 mit LYVTEN weiter?

Bald kommt eine Split-7“ mit unseren Schweizer Freunden I.EXPLODE.I raus. Im Februar/März werden wir einige Shows in Deutschland spielen, worauf wir uns sehr freuen. Des Weiteren arbeiten wir auch die ganze Zeit an Songs für unser erstes Album, das wohl im Herbst erscheint.