Kevin Devine kann mittlerweile auf eine relativ lange Karriere als Musiker zurückblicken. Da kommt viel zusammen, über das der New Yorker Polizistensohn auf seinem aktuellen Album „Instigator“ singen kann. Es hätte familiärer und freundlicher klingen können, wäre da nicht etwas dazwischengekommen. Im Interview spricht Devine über seine eigene musikalische Entwicklung, seine Familie und ein politisches System, das durch die Wahlen in Amerika noch ungerechter geworden ist.
Kevin, Erwachsene singen über erwachsene Themen. Wo du früher mit MIRACLE OF ’86 über Teenage Angst gesungen hast, muss es jetzt wohl die politische Situation in deinem Heimatland Amerika sein?
Grundsätzlich ist „Instigator“ keine durchweg politische Platte geworden, trotz Songs über den 11. September zum Beispiel. Es gibt genauso Songs über persönliche Beziehungen, wie über die Folgen von Polizeigewalt gegen Minderheiten. Der Großteil meiner Familie besteht aus Polizisten, deren Position ich nicht verteidigen muss. Ich habe den Song „Freddie Gray blues“ geschrieben, um mich für eine Ungerechtigkeit, ein Verbrechen zu entschuldigen. Er ist ein Statement. Du wirst in Amerika wenige Musiker finden, die das gutheißen, was da im Moment passiert. Mit Trump als Präsident wird alles nur noch schlimmer.
Muss Musik heutzutage politisch sein?
Kunst kann sein, was sie will. Musiker haben jedoch die große Chance, ihre Sicht der Dinge auf eine besondere Weise an ihre Hörer heranzutragen. Momentan ist Politik leider das Thema, das am schlimmsten auf den Fingernägeln brennt. Es herrscht so eine unglaubliche Ungerechtigkeit in diesem Land, das so stolz auf seine Werte ist. Es muss sich etwas ändern. Nun jedoch in jedem Song nach einem Wechsel zu schreien, wäre nicht das, was ich machen würde. Ich beschreibe das, was um mich herum passiert. Einzelne Geschichten, ganz alltägliche Dinge ... Du kannst dir nicht vorstellen, wie kräftezehrend es ist, sich als Amerikaner ständig für etwas rechtfertigen zu müssen, was man selbst zu bekämpfen versucht.
„Instigator“ ist dein neuntes Album, wie empfindest du den Druck, der während des Songwritings herrscht. Sortierst du viele Stücke aus?
Ich habe das Glück, dass ich meine Songs vor niemandem rechtfertigen muss. So kann ich entscheiden, über was und wen ich singen will. Natürlich steht über allem der große finanzielle Druck, dem du als Künstler ausgesetzt bist. Den versuche ich jedoch komplett auszublenden und mich nach der Veröffentlichung einer Platte eher auf das Touren zu freuen, als permanent die Downloads oder Verkäufe zu checken.
Du hast in der letzten Zeit deine Produktionen durch Crowdfunding finanzieren können. Braucht man heutzutage deiner Meinung nach eigentlich noch Plattenfirmen?
Auf jeden Fall brauchst du jemand, der deine Musik unter die Leute bringt und der vor allem an dich glaubt. Ich war sehr stolz, dass die Crowdfunding-Sache so gut funktioniert hat. Wir hatten schon innerhalb weniger Stunden das nötige Geld zusammen, um ein Studio zu mieten und an der Veröffentlichung von Songs zu arbeiten. Das ist ein unglaublich schöner Vertrauensbeweis der Leute, die sich mit meiner Musik beschäftigen. Der Aufwand, eine Platte komplett im Alleingang herauszubringen, ist riesengroß. Ich habe schon mal darüber nachgedacht, bin jetzt aber erst mal sehr froh, dass ich dabei Unterstützung habe.
Apropos Unterstützung: Warum heißt ihr KEVIN DEVINE & THE GODDAMN BAND? Warum trennst du zwischen dir als Songwriter und dir als Teil einer Band?
Das hat mit künstlerischer Freiheit zu tun. Ich habe es nach dem Ende von MIRACLE OF ’86 genossen, komplett allein für meine Songs verantwortlich zu sein. Nicht dass man mich falsch versteht: Wir haben damals sehr gut zusammengearbeitet. Im Zuge der Solo-Konzerte hat sich in mir das Gefühl breitgemacht, auch mal wieder laute, rockige Songs schreiben zu wollen. Das konnte ich dann auf der nächsten Platte einfach tun. Ich musste mit niemandem den Richtungswechsel besprechen oder mich rechtfertigen. Momentan ist es so, dass wir Konzerte auch mal mit wechselnden Musikern spielen. Alles fühlt sich viel unkomplizierter an.
Stellenweise klingt „Instigator“ nach Powerpop à la WEEZER. Was hältst du von solchen Vergleichen?
WEEZER waren während der Produktion der Platte tatsächlich eine große Inspiration. Zumindest ihre alten Platten wie beispielsweise „Pinkerton“ zeugen von purer Kreativität und Individualität. „Instigator“ sollte die rockigste Platte werden, die ich in letzter Zeit aufgenommen habe. Grundsätzlich stören mich Vergleiche überhaupt nicht. Ich bin ja froh, wenn sich jemand mit meiner Musik beschäftigt.
Es mag zwar noch Zukunftsmusik sein, jedoch stehen nach der Veröffentlichung von „Instigator“ ja dann die Arbeiten am zehnten Album an. Hast du schon Ideen gesammelt und wie stehst du zu so einem Jubiläum?
Zuerst einmal werden wir mit „Instigator“ ordentlich viele Konzerte spielen. Die Platte ist gerade erschienen, da liegt ein weiteres Album vorerst in weiter Ferne. Ich muss jedoch gestehen, dass ich mir schon Gedanken über das zehnte Album gemacht habe. Vielleicht wird es wieder ein wenig ruhiger. Vielleicht aber auch nicht.
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