Sie haben einen Spitzen-Bandnamen, drehen Videos mit Knarf Rellöm als Gast und machen seit drei Alben ein Punk-Elektro-Gemisch mit Texten, die auch Rachut-Fans begeistern können. Zuletzt Ende 2012 auf „Postsexuell“, dem „offiziellen“ Debütalbum. Wir befragten die Drei (Jochen, Steffen und Lars alias Stulle) zum Album und über Vergangenheit und Zukunft der Band.
Eure letzte Platte „Postsexuell“ ist die erste mit einem Label im Hintergrund, die ersten beiden habt ihr quasi im Eigenvertrieb veröffentlicht. Merkt ihr da einen Unterschied?
Jochen: Natürlich ist die Resonanz viel Größer, weil unser Vertrieb Broken Silence stärker die Werbetrommel gerührt hat. Dadurch sind wir in mehr Magazinen besprochen worden, was vorher nicht der Fall war, weil wir die ersten beiden Alben nicht großartig verschickt haben. Und wir trauen uns auch mal, den Norden zu verlassen, erstens, weil wir es sollen, und dann aber auch, weil wir wollen ... enorm.
Lars: Also ich finde das mit einem Label im Hintergrund viel besser, weil uns der formale Kram nicht mehr belastet. Wir müssen keine CDs mehr brennen oder Cover ausschneiden.
Mir ist aufgefallen, dass die erste Platte noch die Jugend auf dem Lande reflektiert, zum Beispiel mit Songs wie „Und immer noch nicht gebumst“. Auf „Postsexuell“ seid ihr mehr im Hier und Jetzt angekommen, was die Texte angeht. War das so geplant?
Jochen: Die Texte schreiben ja hauptsächlich Steffen und ich. Auf der ersten hat Stulle auch noch mitgeschrieben. Ich würde jetzt aber nicht sagen, dass sich die erste Platte nur mit Jugend auf dem Lande beschäftigt. Ansonsten bin ich nicht so der Typ, der so was plant. Da klopft in der Rübe irgendwas an und dann wird das mit Bleistift zu Papier gebracht.
Lars: Das mit dem neuen Album war auch nicht intendiert. Ich weiß noch, wie wir die Platte fertig hatten und gemerkt haben: „Oh, das ist schon ziemlich schwerer Stoff.“
Jochen: Die zweite war aber auch schon ziemlich schwer. Wir sind halt nicht die Picknick-Gute Laune-Schwuppdiwupp-im-Schwimmbad-die-Rutsche-runter-Typen.
Jochen, du schreibst ja recht fragmentarische Texte. Wie gehst du da vor? Hast du ein Textbuch und setzt die Fragmente dann zusammen?
Jochen: Ja. „D.B.D.D.H.K.P“ ist zum Beispiel so entstanden, da habe ich dann einfach Sätze aus dem Buch zusammengesetzt, die zusammenpassten.
Das heißt, du setzt dich nicht zwei Stunden hin und schreibst einen Text runter.
Jochen: Doch, denn Fragmente richtig zusammenklöppeln, kann bei mir auch schon ein paar Stunden dauern. Steffen und ich haben, glaube ich, eine unterschiedliche Art zu texten. Wenn du die Texte ein paar Mal gehört hast, dann kannst du auch ganz klar erkennen, wer was geschrieben hat. Das ist wie bei ALL oder den DESCENDENTS. Da hörst du auch irgendwann raus, wer die Texte geschrieben hat.
Steffen: Ich brauche immer ein Thema, über das ich schreiben kann. Oder einen Themenkomplex, kann auch irgendwas Vages sein. Oder eine Beziehung, einen Menschen, über den ich schreibe. So assoziative Texte wie Jochen, das kann ich nicht.
Ihr macht ja alle noch nebenbei in unterschiedlichsten anderen Projekten Musik. Von Deutschrock über Discopunk bis Schlager ist da einiges dabei. Könnt ihr sagen, was der kleinste gemeinsame Nenner eurer musikalischen Sozialisation ist? Punk?
Lars: Punk ist für mich eher so eine Art Worthülse geworden. Im Bezug auf die Haltung mag Punk zutreffen, und sicher hat unsere Musik Punk-Anteile. Und wir sind auch sozialisiert durch Punk. Vielleicht ist das also wirklich ein gemeinsamer Nenner. Aber generell ist es eher der Umgang mit Musik, die Art, wie wir Songs schreiben, die Haltung, die für mich etwas mit Punk zu tun hat.
Steffen: Bin mir nicht mal sicher, ob Punk der kleinste gemeinsame Nenner ist. Als ich Stulle und Jochen noch nicht kannte, waren wir mal alle drei auf einem BLUMFELD-Konzert in Husum. Andererseits waren Jochen und ich auch bei MISSION OF BURMA.
Wo seht ihr selbst eure Musik verortet?
Lars: Ich sage immer, das ist Gitarrenmusik mit Elektrogelöt und deutschen Texten.
Jochen: Ich sag über der Elbe.
Steffen: Ich sag immer, dass das Punk ist, hehe. Und dann erkläre ich, dass Punk ja ein unheimlich weites Feld ist. Und dann weiß ich nicht mehr weiter.
Das Album ist jetzt auch schon ein gutes Jahr raus, wie geht es bei euch weiter? Steht die nächste Platte an?
Jochen: Ja, die nächste Platte kommt, wenn nichts Gravierendes dazwischenkommt, Anfang 2014. Wir fangen jetzt mal an, in unserem Kellergewölbe neue Sachen aufzunehmen ... im Herbst gibt’s noch ein paar postsexuelle Auftritte und mal sehen, wie wir uns dann nächstes Jahr fühlen. Wir machen demnächst auch Mode – Büdel & Leibchen – und außerdem arbeiten wir gerade an der Rezeptur für einen eigenen No-Energy Drink ...
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