JOYCE MANOR

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Zurück zu alter Homogenität

Das zweite JOYCE MANOR-Album „Of All Things I Will Soon Grow Tired“ konnte 2012 im direkten Vergleich zum selbstbetitelten Debüt der Band aus Los Angeles nur verlieren, denn das rangierte 2011 in vielen Jahresbestenlisten nordamerikanischer sowie internationaler Magazine und Blogs ganz weit oben. Vollkommen zu Recht, betörte die Platte doch mit einem Mix aus Punk und Indie, der ganz in der Tradition von „Pinkerton“ von WEEZER stand, nur mit erhöhtem Randale-Faktor. Songs wie „Leather jacket“, „Ashtray petting zoo“ oder „Constant headache“ sind unschlagbare Ohrwürmer, die den perfekten Soundtrack für eine feuchtfröhliche Party liefern. Infolgedessen wäre es wahrscheinlich egal gewesen, was die Kalifornier danach rausgebracht hätten – sie konnten nur scheitern. Nachdem das Debüt mit 19 Minuten Spielzeit schon relativ kurz war, brachte es der Nachfolger gerade einmal auf 13 Minuten, definitiv zu kurz für ein Pop-Punk-Album. Das Vice Magazine witzelte damals sogar, dass man die Platte gut während der Rotphase an einer Ampel hören könne. Was außerdem irritierte, war die neue stilistische Vielfalt, die einen roten Faden vermissen ließ. Es gab plötzlich LoFi-Akustik-Songs, E-Drums und mit „Bride of Usher“ einen Song, auf den THE SMITHS ganz schön neidisch sein könnten. Alles okay, aber arm an Höhepunkten. Das hatte Bassist Matt Ebert schon damals kurz nach dem Release zugegeben und offenbar nahm sich die Band, die sich nach einem langweiligen Apartmentkomplex benannte, das zu Herzen und tüftelte etwas länger an dem neuen Album herum. Nach zwei EPs und zwei Split-Releases ist „Never Hungover Again“ nun erschienen. Die 20-Minuten-Marke hat man zwar wieder nicht geknackt, dafür kam man vom Stildurcheinander wieder zurück zu alter Homogenität. Zudem bezaubert die Platte erneut mit wunderschönen, emotionalen Songs und zeigt eine junge Band, die sich langsam zu finden scheint. Sänger und Gitarrist Barry Johnson beantwortete ein paar Fragen zum Stand der Dinge.

Barry, wie fühlt es sich an, die neue Platte nun endlich fertig zu haben?


Jetzt geht es mir so, als könne ich nie wieder ein Lied schreiben. Das ist natürlich Quatsch, aber ich merke, dass wir uns ziemlich in das Album reingehängt haben. Ich brauche jetzt erst mal Zeit zum Runterkommen.

Womit habt ihr die letzten zwei Jahre verbracht?

Wir haben Songs geschrieben und aufgenommen, sind getourt, haben geprobt und Gesangsunterricht genommen und zwischen den Touren hatten wir ein paar Gelegenheitsjobs.

„Never Hungover Again“ ist auf Epitaph erschienen. Aus welchen Gründen seid ihr von Asian Man weggegangen?

Ursprünglich hatten wir geplant, bei unserem Label zu bleiben, aber Mike von Asian Man redete uns ein, dass wir uns mal mit Epitaph treffen sollten. Asian Man ist ein tolles Label, aber da gibt es ein paar Dinge, die sie nicht machen können beziehungsweise machen wollen.

Das Album klingt insgesamt homogener als euer letztes, wo ihr noch einige Experimente gewagt habt.

Wir haben das neue Album in seiner Gänze an einem einzigen Ort aufgenommen und so intensiv daran gearbeitet, dass wir jeden Song davon garantiert live spielen können. Auf unserer letzten Platte hatten wir uns ein bisschen zu sehr davon mitreißen lassen, beim Songwriting oder der Aufnahmetechnik etwas Neues auszuprobieren. Letztendlich finde ich, dass wir dabei nicht immer wie wir selbst klangen.

Welche neuen Einflüsse gab es, während ihr an „Never Hungover Again“ gearbeitet habt?

Mein Freund Tony empfahl mir eine Platte von BIG STAR namens „3rd“. Die und eine Serie von Powerpop-Compilations, die ich mir in Japan besorgt hatte, habe ich ziemlich oft gehört.

Was bedeutet der Titel eures Albums eigentlich sinngemäß?

Er bedeutet in etwa, niemals unter den Konsequenzen von etwas leiden zu müssen.

Das Foto auf dem Cover zeigt euren Bassisten Matt mit einem Mädchen, möglicherweise ein Schnappschuss von einer Party. Warum habt ihr dieses Bild ausgewählt?

Das Mädchen ist Francis Quinlan von der Band HOP ALONG. Wir haben dieses Bild ausgesucht, weil es so viel Herzlichkeit ausstrahlt. Das Foto hat uns übrigens auch zum Albumtitel inspiriert.

Singst du mittlerweile über andere Dinge als auf eurem ersten Album?

Ich denke, ich war sarkastischer auf der ersten Platte. Ich war richtig eifersüchtig auf die Leute um mich herum wegen irgendwelcher Sachen. Ich denke auch, dass ich mit Absicht sehr unverschämt war und gerade deshalb Zurückweisung, Selbsthass und solche Dinge thematisierte. Ich hätte zwar nicht einmal mit Freunden über so was geredet, aber es tat während dieser Zeit sehr gut, darüber zu singen. Inzwischen versuche ich, etwas kompliziertere Gefühle zu erfassen. Mir ist übrigens aufgefallen, dass auf diesem Album und teilweise auch früher schon oft „Gesichter“ vorkommen. Ich bin mir nicht sicher, was das bedeutet, aber es hat bestimmt einen Grund.

Es steckt also sehr viel von dir in euren Texten.

Alles von mir steckt darin.

Fühlst du dich mittlerweile erwachsen?

Nein, überhaupt nicht. Ich wundere mich selbst darüber, aber ich fühle mich alles andere als erwachsen.

Wie ist die Beziehung der Bandmitglieder untereinander. Hängt ihr oft miteinander ab?

Ja, definitiv. Wir sind alle gute Kumpels, besonders Chase und ich sind eng miteinander befreundet.

In eurem Video zu „Catalina fight song“ werdet ihr von ein paar Jiu-Jitsu-Profis fertig gemacht. Reflektiert der Schmerz das Grundgefühl des Albums oder war das bloß eine witzige Idee?

Es war bloß eine lustige Idee. Wir dachten, es sei interessant, uns so weit wie möglich außerhalb des Bereiches zu zeigen, in dem wir uns wohl und sicher fühlen.

Ihr schreibt kurze Songs und habt das neue Album innerhalb von zwei Wochen aufgenommen. Es scheint, als entscheidet ihr Dinge recht spontan. Seid ihr schnell gelangweilt oder habt ihr lediglich eine kurze Aufmerksamkeitsspanne?

Nichts von beidem. Die Dinge kommen einfach so aus uns heraus. Wir schreiben einen Song und dann ist der eben so kurz oder lang, wie er ist. So wie wir nicht so viel Zeit im Studio verbringen; das ist einfach unsere Art aufzunehmen. Wir spielen die Songs oft gerne live ein und das kann den ganzen Aufnahmeprozess enorm beschleunigen.

Seid ihr dieses Jahr auch in Deutschland auf Tour?

Ja, wir kommen im November 2014 rüber und können es kaum erwarten.