Ich heiße euch willkommen zu einem Phänomen, das dazu fähig ist Jungfrauen wie Musikfans gleichermaßen in Schreie der Wollust oder des Entsetzens ausbrechen zu lassen. Die Rede ist von den HARD-ONS, die sich in pubertärem Wahn einen Namen auferlegten, der postpubertäre Schreiberlinge wie mir dümmliche Einleitungen rausrutschen lässt.
Obwohl (oder vielleicht auch weil) dieses Trio Infernale nun seit knapp 20 Jahren den australischen Underground (mit)bestimmt, stellen die drei Sydneyianer rund um Frontheadbanger Blackie nicht mehr als eine Fußzeile des großen australischen Musikalmanachs dar. Die gerechte Entlohnung für so viele Jahre Hardcore-Independent-Saitenmissbrauch liegt vielmehr jenseits des großen Teichs. Dass sich an dem Verhältnis HARD-ONS - Australien Pfui! HARD-ONS - Europa Hui! auch nach ihrer ersten Tour durch den roten Kontinent seit der längst überfälligen Reunion vor einem Jahr nichts geändert hat, bewiesen mir die eher mickrigen Besucherzahlen von fünf Konzerten denen ich in Down Under beiwohnte. Verständlich also, dass Blackie auf das heimische Biz einen Hals hat: "Die ganze australische Musikszene ist ein Witz" heisst es da schlicht. "Der Grund, warum wir uns auflösten, war nicht weil wir uns nicht weiterentwickelt hätten ... das war nie das Problem. Es war vielmehr weil Australien "fucked", unsere Fans "fucked", und die ganze Musikindustrie "fucked" waren. In Übersee hat man uns stets viel besser behandelt. Jedesmal wenn wir nach Europa kommen, sind wir aufs Neue überrascht, wie sehr unsere Fans dort mit der Band verwurzelt sind und wir sind glücklich, uns dort so gut geschlagen zu haben."
Auch wenn der Verdacht nach diesen Worten naheliegt: "This terrible place", der Titel ihres neuen Albums, soll keine Anspielung auf ihre Heimat sein, sondern ist vielmehr auf eine bizarre Kirche im Süden Frankreichs zurückzuführen. HARD-ONS mäßig bizarr ist auch der Sound ihres Neulings, obwohl eine Tendenz in Richtung melodisch zu erkennen ist: "Nun, Melodie war immer ein Teil unserer Musik, manchmal mehr, manchmal weniger. Auf unserem neuen Album haben wir viele neue Ideen eingebracht und einige dieser Ideen ließen uns Melodie und Popelemente stärker in den Vordergrund stellen, was einfach großartig klingt. Für mich ist es das beste HARD-ONS-Ding was wir jemals gemacht haben und wir haben es vollkommen selbst produziert und finanziert. Wir hatten keine Hilfe von ausserhalb, keine Einflüsse von ausserhalb, absolut nichts von ausserhalb."
Ob sich die Fans der Begeisterung Blackies anschließen würden wagten einige seiner Landsleute jedoch zu bezweifeln: "Weil es anders ist, haben uns viele Leute gefragt ob wir nicht beunruhigt wären, was unsere alten Fans denken würden", ist es durch das Perlweissgrinsen Keishs De Silva (Schlagzeug, Gesang) zu vernehmen. "Für mich ist es OK wenn sie es nicht mögen, dann können sie sich ja immer noch das Best-Of oder eins der alten Alben anhören." Doch die Entwarnung folgt stante pede: "Ich glaube aber, dass immer noch ein wenig Stoff auf dem Album zu hören ist, der die alten HARD-ONS repräsentiert. Es ist nur so, dass ich eine progressive Seite fühle, die so offensichtlich ist, dass sie von den Leuten zur Kenntnis genommen werden muss. Wir sind eben nicht die Art von Band, die nach einem Best Of-Album nur noch Best Of-Songs spielen. Wir lieben Musik viel zu sehr um so etwas zu tun."
Ihrer Liebe zur Musik ist es wohl auch zuzuschreiben, dass die HARD-ONS entgegen aller Trends ihren Weg beibehalten. "Für uns ist es wirklich entmutigend zu hören, dass viele Bands ihre Lieder nicht aus künstlerischen Motiven für sich selbst, sondern immer mit einem Auge auf die Öffentlichkeit und die Plattenfirmen schreiben. Dies scheint bezeichnend für die Neunzigerjahre zu sein und ist ein Aspekt, der uns auch ins neue Jahrtausend folgt." Doch zum Glück gibt es ja die HARD-ONS. Und das ab April tourenderweise auch wieder in Europa.
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