Eine Kultband? Was für eine banale, naive Frage. Natürlich sind die HARD-ONS eine Kultband. Verdammt, in mehr als 1 1/2 Dekaden haben die HARD-ONS Musikgeschichte geschrieben. Sie gelten als Wegbereiter des Pop-Punk und haben es neben einer Handvoll anderer australischer Bands geschafft sich über die Landesgrenzen hinaus einen Namen zu machen, der, ähnlich einem Qualitätssiegel, für einige der schönsten Popsongs in der Historie des Punkrock steht. Jetzt, nach einer Pause von mehr als 5 Jahren, sind die HARD-ONS wieder da - und sie haben nichts, aber auch gar nichts von dem eingebüsst, was sie seit jeher ausgezeichnet hat. Und wenn man sich das Trio heute, in aller Subjektivität, mit allen erdenklich Vorurteilen behaftet, betrachtet, gewinnt man den Eindruck die Zeit sei stehengeblieben. Und das gilt sicher nicht zuletzt für das Aussehen der "alten Männer", die noch lange keine sind. Hemmt die Sonne Australiens den Prozess des Alterns? Gibt es ein anderes, viel aufregenderes Geheimnis?? Vielleicht wüssten wir jetzt mehr, hätten wir Gitarrist und Sänger Blackie - Ray (Bass) und Keish (Drums & Vocals) vergnügten sich anderweitig - auch diese Fragen gestellt. Aber da gab es wichtigeres zu klären...
Ich denke mal, dass man davon ausgehen muss, dass euch heute gar nicht mehr so viele Leute kennen, denn eure letzte Tour und Platte war Anfang der Neunziger. Könntest du vielleicht für die Leute, die euch nicht von früher kennen, einen historischen Abriss liefern?
Puh, echt? Na gut. Wir haben die Band gegründet, als wir noch zur Schule gingen, spielten 15 Jahre und trennten uns dann. Noch kürzer?
Äh... Was war euer Hintergrund, als ihr die HARD-ONS gegründet habt, was für Musik habt ihr gehört?
Viel Sixties-Punk, aber natürlich auch die ganzen Seventies-Punkbands. Das reichte von MC5 und STOOGES bis zu den BEATLES. Wir waren Kids, sahen die SEX PISTOLS im Fernsehen waren absolut geplättet: da wussten wir, wir müssen dranbleiben an diesem Punk-Ding.
Vor was für einem Szene-Hintergrund habt ihr die Band gegründet?
Als wir mit den HARD-ONS loslegten, war die Szene in Australien völlig am Arsch. Es war eine Szene mit England-Punkbands der dritten Generation, sehr trend- und modebewusst und du musstest unbedingt die richtigen Klamotten tragen - natürlich Nietenlederjacken - um dazuzugehören. Ausserdem war diese Punkszene ziemlich rassistisch.
Rassistisch?!?
Ja, nimm nur Bands wie EXPLOITED, denen viele in Australien nacheiferten. Die Fans dieser Bands waren einfach stumpfe Deppen, denen passte es überhaupt nicht, dass es mit uns eine Band gab, in der drei verschiedene Hautfarben vertreten waren und die vom Outfit her - wir trugen Turnschuhe und Shorts und hatten keine kurzen Haare - überhaupt nichts mit ihnen zu tun hatten. Wir kümmerten uns eben kein Stück um den vorherrschenden "Punk-Uniform"-Code - und die damaligen Punkbands wie EXPLOITED interessierten uns kein Stück. Stattdessen hingen wir ständig in Plattenläden rum, hörten uns wirklich jede Platte im Laden an und versuchten Leute zu finden, die die gleiche Musik mochten wie wir. Ich meine, du weisst ja, wie es ist, wenn du gerade erst anfängst Musik zu hören: du entdeckst etwas, was dir gefällt, kennst dich aber nicht aus und versuchst dann möglichst viel zu finden, was so ähnlich klingt. Wenn du diese Platten dann alle gekauft hast, gehst du einen Schritt weiter, versuchst herauszufinden, welche Platten diese Bands gehört haben, und so kämpfst du dich immer weiter vor - bis du eines Tages feststellst, dass deine Plattensammlung 5.000 Scheiben umfasst...
Würdest du dich denn als Plattensammler bezeichnen?
Ich glaube schon, dass ich ein Sammler bin, wenn auch kein fanatischer. Ich sammle eher Musik als Platten, verstehst du?
Die HARD-ONS: Wann wart ihr erstmals in Europa auf Tour?
Puh, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, aber ich glaube, es war ´88 oder ´89.
Damals wart ihr absolut omnipräsent: ihr wart Ende der Achtziger hierzulande doch ziemlich bekannt, eure Platten verkauften sich sehr gut, ihr wart ständig auf Tour, und es war wohl insgesamt die Hoch-Zeit der HARD-ONS.
Ja, so sehe ich das auch. Die Jahre davor waren zwar auch o.k., aber wir haben in Australien wirklich überall gespielt und wollten einfach mal was Neues aussehen. Als wir dann das erste Mal hier in Europa waren, war das eine interessante Erfahrung, nur eine Stunde zu fahren und sich in einer ganz anderen Stadt zu befinden. In Australien wäre das gleich eine Tagesreise. Wir haben dann auch jedes Jahr ein- oder zweimal hier getourt.
Aber ihr wart ja auch in Japan und den USA.
In Japan waren wir verdammt angesagt, das war grossartig. In den USA war es eine regionale Sache, und es ist sehr hart sich dort zu etablieren. Du wirst als Band wie Scheisse behandelt, trotzdem waren wir ein paarmal dort, aber am Schluss hatten wir die Schnauze voll, jedesmal Geld zu verlieren. Auch jetzt hat uns unser altes Label dort, Taang!, gefragt, ob wir nicht touren wollen, aber das tun wir uns nicht an.
Wenn ich mich recht erinnere, wurdet ihr damals immer in einem Atemzug genannt mit Bands wie ALL und CHEMICAL PEOPLE, wobei sich an letztere wohl heute auch kaum noch jemand erinnert.
Ich kann natürlich schlecht beurteilen, wie wir von den Leuten gesehen wurden, aber auch wenn ich Parallelen zu ALL und CHEMICAL PEOPLE sehe und beide Bands mag, so denke ich doch, dass man uns musikalisch nicht wirklich vergleichen kann. Wir sind Australier und haben unseren eigenen Sound - und zumindest damals war das generell so, während heute auch in Australien viele Bands das kopieren, was sie aus den USA kennen. Als wir anfingen, wurden wir mit den RAMONES verglichen, aber auch mit australischen Bands wie den SAINTS und BIRTHDAY PARTY. Und es war dann beinahe ein Schock, als wir das erste Mal die DESCENDENTS hörten: "Fuck, da gibt es eine Band in Amerika, die macht das gleiche wie wir, die hört sich an wie wir!".
Ihr habt also Pop-Punk gespielt lange bevor dieser Stil so richtig gross wurde.
Oh ja, klar! Als wir anfingen, waren wir in Australien die erste Band, die so einen Sound gespielt hat. Und die Reaktionen darauf waren vom ersten Tag an entweder sehr enthusiastisch oder feindselig. Es war neu, manchen gefiel es, andere hielten es für völlige Scheisse. Mich störte das nicht weiter, und es gefiel mir vor beiden Gruppen von Leuten zu spielen - nicht selten waren die Leute, denen es nicht gefiel, in der Überzahl. Jede Art von Reaktion ist gut und es ist wohl besser, wenn dich jemand ausbuht als wenn einer gähnt.
Zeitsprung: Anfang der Neunziger habt ihr euch dann aufgelöst. Wieso?
Weil wir nach all den Jahren keine Lust mehr auf diese Art von Musik mehr hatten. Die letzte HARD-ONS-Platte 1993 hatte sich ja schon deutlich von denen davor unterschieden und das war die Richtung, in die wir gehen wollten. Wir waren sehr zufrieden damit, die Platte war eben lärmiger und experimenteller, aber es zeigte sich, dass die Leute das nicht hören wollten. Die übliche Reaktion "No, that´s not the HARD-ONS!", und da dachten wir uns, wenn uns die Leute diese Veränderung nicht zugestehen und uns so nicht hören wollen, dann verändern wir uns eben gleich richtig und lösen uns auf. Der Hauptgrund für die Auflösung war also unsere Enttäuschung darüber, dass die Leute von uns erwarteten, jahrein jahraus die gleiche Musik zu spielen. Aber das war ja nie unser Ziel gewesen! Mangelnde Kreativität war auf jeden Fall nicht das Problem: ich hatte hunderte Ideen für neue Songs, aber keiner davon klang wie die HARD-ONS.
Sondern?
Hör dir meine andere Band NUNCHAKA SUPERFLY an, dann weisst du´s. Wenn das Interview erscheint müsste übrigens auch endlich unser Album raus sein. Und ganz ehrlich: als die HARD-ONS sich auflösten, war das absolut phantastisch für mich. Wir hatten sofort neue Bands und machten weiter Musik. Ich nahm ausser mit NUNCHAKA SUPERFLY in den letzten Jahren noch eine CD auf, nur ich und ein anderer Typ, und das klingt wie Musik aus einem Soundtrack.
Was haben die anderen beiden nach dem Ende der HARD-ONS gemacht?
Ray hat mit mir zusammen bei NUNCHAKA SUPERFLY gespielt und hatte ausserdem noch eine zweite Band mit dem Schlagzeuger von NUNCHAKA SUPERFLY sowie dessen Bruder, der Saxophon spielte. Keish gründete eine Band namens MALIBU STACEY, die sich ziemlich nach BLUE öYSTER CULT anhörte. Was NUNCHAKA SUPERFLY anbelangt, so ist das eine Band ohne Melodien. O.k., mittlerweile haben wir ein paar Melodien, aber als ich die Band anfing, war das meine höchste Priorität: keine Melodien! Schliesslich hatte ich melodiöse Sachen so lange gemacht, ich hatte einfach keinen Bock mehr drauf.
Mit NUNCHAKA SUPERFLY konntest du aber nie an den Erfolg der HARD-ONS anknüpfen, und ich denke mal, die wenigsten HARD-ONS-Fans werden überhaupt von der Nachfolgerband gehört haben. Es war also erstmal ein Abstieg für euch, oder?
Ja, das stimmt schon. Es war auch nicht einfach mit der Band, weil wir so viele Line-Up-Wechsel hatten. Um genau zu sein sagten mir mehrere Leute ich sei ein Arschloch und sie hätten keine Lust was mit mir zu machen... Naja, nach all den Jahren mit den HARD-ONS war ich eben nur diese Band gewöhnt: wir waren drei Freunde, kannten uns seit Jahren und kamen immer irgendwie klar. Aber als ich dann mit anderen Leuten was machte, war es ein richtiger Schock für mich, mit Leuten zu arbeiten, die ihr eigenes Ego einbringen wollten. Ich suchte also ständig nach neuen Leuten, gerade auch nach einem Sänger, und letztendlich habe ich mich dann entschlossen selber zu singen. Meiner Meinung nach ist ein Sänger auch kein Musiker, sondern ein Typ, der berühmt werden will.
Wie kamt ihr dann auf die Idee, die HARD-ONS wieder zu reaktivieren?
Die Antwort wird dich überraschen: weil wir zu diesem Zeitpunkt alle drei Bands hatten, die Spass machten und wir musikalisch sehr zufrieden waren. Trotzdem tauchten sowohl bei mir wie bei Keish immer wieder Songs auf, die zu 100% HARD-ONS-Songs waren bzw. sein müssten. Wir unterhielten uns darüber und entschlossen uns dann, einfach mal wieder zusammen zu jammen, einfach um zu sehen, wie es läuft. Es lief, wir hatten zwölf neue Songs, und so dachten wir uns, wir versuchen es einfach nochmal.
Ihr konntet euch also auch nach dem Ende der HARD-ONS noch gegenseitig ertragen.
Klar, wir sind immer Freunde geblieben. Unsere Bands haben zusammen gespielt, und wir waren damals nicht im Streit auseinandergegangen.
Wie waren die Reaktionen in Australien auf eure Reunion? Soweit ich weiss wart ihr dort seinerzeit sowas die absoluten Punk-Helden und eine der bekanntesten Bands des Landes, auch im Ausland.
Wie bei jeder Reunion hast du natürlich immer Meckerer, die nur darauf warten dich auseinanderzunehmen. Es gab also natürlich auch ein paar negative Reaktion, man warf uns vor, des Geldes wegen wieder zu spielen, es hiess, wir seien nicht so gut wie früher, wir seien jetzt alte Männer, und so weiter. Der andere Teil der Reaktionen war eher enthusiastisch. Nun, damit hatten wir gerechnet, und letztendlich war und ist es spannend für uns, uns zu beweisen. Jedenfalls sind wir uns darüber im Klaren, dass fünf Jahre eine lange Zeit sind und wir uns neue, junge Fans erst wieder erarbeiten müssen: teilweise kommen die Kids wegen der Vorband zu unseren Shows, sehen uns, sind begeistert und fragen, ob wir schon eine Platte raushaben... Wir finden, wir sind genauso gut wie zuvor, wenn nicht sogar etwas besser, weil wir in der Zwischenzeit mit so vielen verschiedenen Musikern und Stilen gearbeitet haben, dass wir jetzt mit den HARD-ONS andere Sachen ausprobieren können und ausserdem viel tighter spielen. Überleg mal, vor dem Split haben wir eine Ewigkeit lang nur die HARD-ONS gehabt, haben nie mit anderen Leuten gespielt, von den Aufnahmen mit Henry Rollins sowie Jerry A. von POISON IDEA mal abgesehen. Als wir dann mit anderen Musikern spielten, war das eine Offenbarung, es kam mir vor, als sei ich die ganzen Jahre davor blind gewesen.
Wie kamt ihr seinerzeit mit Rollins in Kontakt?
Unser Manager machte Rollins´ Touren in Australien, Rollins stand auf die HARD-ONS und als wir ihn dann fragten, ob wir nicht was zusammen machen könnten, gefiel ihm die Idee.
Wie lange ist die Band denn jetzt wieder zusammen?
Seit Anfang ´98. Aber es ist jetzt kein Vollzeit-Job mehr wie früher. Ausserdem haben wir ja noch unsere anderen Bands.
Sind denn die alten Fans mit euch zurückgekehrt?
Ja, zum Teil zumindest. Viele sind jetzt wie wir in den Dreissigern, manche tauchen bei den Konzerten auf, aber viele sind nicht mehr an Musik interessiert. Es ist halt so, dass Musik für viele Leute nur ein paar Jahre in ihrer Jugend eine Rolle spielt. Dann wenden sie sich anderen Dingen zu. Aber es gibt natürlich Leute, die uns über all die Jahre treu geblieben sind, die auch zu NUNCHAKA SUPERFLY-Konzerten kommen.
Und was ist den Bands, mit denen ihr damals zusammen gespielt habt?
Ha, die reformieren sich auch! Vor anderthalb Monaten war ich bei den MEANIES, die gibt´s auch wieder! Leider haben die einen neuen Gitarristen, der etwas cleaner spielt, aber sonst waren sie gewohnt gut.
Was ist mit neuen HARD-ONS-Songs?
Wir haben neulich sechs Songs aufgenommen, mit denen wir aber nur halb zufrieden sind, also werden wir das nach dieser Tour in Ordnung bringen. Aber wir haben schon genug Songs für ein neues Album geschrieben, allerdings wollen wir noch abwarten, was uns in nächster Zeit so einfällt, und dann ein neues Album in Angriff nehmen.
Würdest du sagen, dass ihr euch musikalisch verändert habt?
Ich denke schon, und viele andere Leute sagen das auch. Wir würden klingen, als wäre unser letztes Album von ´93 gerade erschienen. Aber ich kann die Leute beruhigen: die ganzen noisigen Sachen von dieser Platte sind Vergangenheit, das werden wir nicht wieder machen. Wir haben ja jetzt unsere anderen Bands, um unsere diesbezüglichen Gelüste zu befriedigen. Mit den HARD-ONS wollen wir nur noch "Pop" machen, denn wir verstehen die HARD-ONS letztendlich als Popband.
Wie ist es eigentlich, mit einem Namen wie THE HARD-ONS ("hard-on" heisst soviel wie "erigierter Penis"...) geschlagen zu sein? Ich meine mit siebzehn oder achtzehn geht das noch, aber als erwachsener Mann von über dreissig...?
Ach, weisst du, man gewöhnt sich an alles. Manchmal hat es uns natürlich genervt, da war der Name echt ein Fluch, denn es gab immer wieder Leute, die haben sich mehr für den verdammten Namen als für die Musik interessiert. Aber was sollten wir denn machen? Uns umbenennen? Nein! Wir haben uns den Namen ausgedacht, da waren wir vierzehn und hätten niemals gedacht, wir würden jemals so bekannt.
Seid ihr heute noch bzw. wieder Teil der australischen Punkszene?
Nicht wirklich. Klar, es gibt eine Punkszene, aber ich denke, die ist ziemlich beschissen. Viele Bands klingen ziemlich New York-mässig, und darauf stehe ich überhaupt nicht. Ich persönlich bin heute sowieso nicht mehr besonders an Punkrock interessiert, was vielleicht damit zu tun hat, dass ich "alt" bin... Du hast einfach schon alles gehört, und was Bands wie PENNYWISE oder OFFSPRING anbelangt, so ist das doch kein Punkrock. Solche Musik begeistert mich nicht, nein, mein Ding sind eher Bands wie MELVINS oder JESUS LIZARD. Sowieso hat mich diese ganze Szene-Sache noch nie interessiert, und ich habe es früher gehasst und hasse es heute, wenn Leute mich für die "Punkszene" in die Pflicht nehmen und mir sagen wollen, was ich zu tun und zu lassen habe.
Was bedeutet dann Punk noch für dich? Ist es eine bestimmte Geisteshaltung?
Als ich damals Punk für mich entdeckte, gefiel mir daran, dass es bedeutete, dass jeder machen kann, wozu er Lust hat. Dabei steht die Musik ganz weit oben, und ganz weit unten kommen dann bestimmte Inhalte. Punkrock bedeutete für mich Freiheit, und als Lebensstil hiess es, sich nicht über alles Gedanken machen zu müssen. Es spielte keine Rolle, wie du aussiehst, was für einen Job du hast, ob du Mann oder Frau oder schwul oder was auch immer bist. Punks waren Aussenseiter, und da fühlte ich mich wohl, denn in der Schule war ich auch immer ein Aussenseiter. Als Kind machst du dir darüber noch richtig Gedanken, es beschäftigt dich, doch als ich dann Punk war, spielte das keine Rolle mehr. Und die Musik war so überwältigend, dass der Rest da draussen sowieso egal war. Die PISTOLS, THE DAMNED, BIRTHDAY PARTY, da wusste ich wieder, warum ich lebe! Dieses Gefühl habe ich auch heute noch, Musik bedeutet mir immer noch so viel, dieses Gefühl wird sogar jeden Tag stärker und ich liebe es neue Musik zu entdecken. Nur ist es nicht aufregend BLINK 182 zu entdecken, sondern John Zorn. Oder Krautrock wie FAUST. Musik, das ist der Punkt, ist heute wie damals für mich das Wichtigste im Leben.
Australische Bands, gerade alte Helden wie frühe AC/DC, THE SAINTS, RADIO BIRDMAN oder ROSE TATTOO erfreuen sich in letzter Zeit wieder wachsender Beliebtheit. Hast du dafür eine Erklärung?
Nein, aber es ist interessant, dass australische Bands generell zwar bei anderen Bands und Musikern ziemlich beliebt sind, das Publikum allerdings dem nicht folgt. Australien hat im Gegensatz zu England oder den USA eben keine so riesige Medienmaschinerie, und das hat wohl auch was damit zu tun, dass selten mal eine Band richtig gross wird. Und schau nur mal nach England, die haben die allerbeschissensten Bands, ehrlich die haben nur Müll zu bieten: wenn ich nur an SUEDE oder OASIS denke wir mir schon schlecht. Aber die englischen Medien machen so einen Wirbel um ihre Bands, dass der Rest der Welt darauf reinfällt und sie auch für toll hält. Und Amerika ist da nicht viel besser: weil es ja das ach so tolle und starke Amerika ist, findet scheinbar jeder alles gut, was von dort kommt... Australien dagegen ist immer das Land am Arsch der Welt gewesen, das man schon mal vergisst. Dabei sind unsere Bands sehr einflussreich gewesen, freilich ohne dass das mal jemand anerkannt hätte. Wenn die Leute über Punk in den Siebzigern reden, kommen sie mit den SEX PISTOLS an, dabei gab es die SAINTS schon viel länger und sie waren besser. Oder schau dir an, wie stark BIRTHDAY PARTY die englische Musikszene beeinflusst haben. Oder die SCIENTISTS: jede Band aus Seattle schien die SCIENTISTS zu vergöttern, MUDHONEY waren sogar eine absolute Kopie von ihnen. Tja, aber Australien hat dafür nie Anerkennung bekommen. Aber das Schicksal verbindet Australien wohl mit Deutschland und Krautrock: Bands wie CAN und FAUST haben bislang auch nie die Anerkennung erfahren, die sie verdienen.
Joachim Hiller, Tom Van Laak
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