GRUPPE 80

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Neues aus dem Erdbeerbunker

GRUPPE 80 sind kein Literaturklub, sondern die coolste Band der Republik. Die vier bis sechs Musiker spielen seit 2008 NDW-inspirierten Punk mit Casio-Keyboard und Stakkatorhythmen. Die Texte sind durchweg ernst, werden aber mit einer Lockerheit vorgetragen, die der sonstigen deutschsprachigen Punk-Szene abgeht. Pointiert reduzieren sie ihre Message auf kurzweilige Statements zur eigenen Lage und der Lage der Nation, die jedes Kind sofort mitsingen kann. Während der Konzerte werden prinzipiell die Instrumente gewechselt, gelegentlich kommt auch ein Drumcomputer zum Einsatz. Aufgenommen mit einem Philips-Kassettenrekorder veröffentlichte das Bremer Chaoskollektiv 2009 „Live im Erdbeerbunker“ als CD. Der selbstproduzierten LP „Gruppe 80“ (Februar 2010) legten sie eine 3,5“-Diskette mit dem Song „Formatieren“ bei. Im Oktober 2012 erschien bei Sounds of Subterrania der Nachfolger „Ja Ja“ mit einer zwanzigminütigen Bonus-CD namens „Den Letzten scheißen die Hunde“. Zwischenzeitlich wurde die erste Platte nachgepresst, auf grünem Vinyl mit Siebdruckcover.

Ende 2010 sprachen wir das letzte Mal mit euch. Was hat sich seitdem bei euch getan?

Rudi: Vor allem sind wir seit dem ersten Ox-Review um einen Achtzig-Euro-Schein ärmer, haha. Den hatten wir damals der ersten Platte beigelegt, damit ihr euch beim Schreiben auch Mühe gebt, haha.

Örg: Außerdem haben wir ein paar Konzerte gespielt und zwei Videos gemacht. Stefan Malchowski hat da ein paar schräge Ideen gehabt, die kann man sich bei YouTube angucken. Und ein paar Live-Bootlegs findet man da übrigens auch, zum Beispiel „Spaltung“ mit dem ehemaligen TRIO-Schlagzeuger Peter Behrens.

Wie kam der Kontakt zustande?

Örg: Ich kenne Peter, weil ich mal in meinem anderen Projekt THE BERNIE AND THE JÖRGIE den Song „Peter, komm raus!“ geschrieben habe, in dem es darum geht, dass Peter mal wieder was machen sollte. Er war dann auch schon ein paar Mal bei uns und wir haben mit GRUPPE 80 einige nette Abende zusammen erlebt, gemeinsam an der neuen Platte gearbeitet, und bei der Releaseparty zum neuen Album hatte er dann ja auch einen Gastauftritt.

Worin liegt für euch der Unterschied zwischen dem Debüt von 2010 und dem letztjährigen Nachfolger „Ja Ja“?

Rudi: Beide Platten wurden im Erdbeerbunker aufgenommen, wobei „Ja Ja“ deutlich besser produziert ist. Ich habe mir für das zweite Album mehr Zeit genommen und mehr Recording-Know-how angewendet. Vielleicht ist die neue Platte nicht mehr ganz so ungestüm wie das Debüt ...

Örg: Aber dadurch klingt sie insgesamt poppiger, ist besser produziert und hat trotzdem den bekannten Humor.

Das Intro von „Ja Ja“ spricht Martin Semmelrogge, was natürlich ziemlich kultig ist.

Rudi: Martin Semmelrogge war mit seiner Biografie auf Lesetour, unter anderem in Bremen. Ich war mit Bassist Kiffer zugegen und habe während der anschließenden Autogrammstunde die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, ein Intro für die Platte in mein Diktiergerät zu sprechen. In der akustischen Umsetzung spiele ich auf die Schlussszene von „Das Boot“ an, wo die Mannschaft in La Rochelle in Frankreich an Land geht, bevor die Flieger drauflos bomben. Ich habe dann noch Hafengeräusche und eine Bootspfeife mit dem Marinesignal „Höherer Offizier kommt links bei“ eingebaut, tja, und dann kommt das „Na, ihr Arschgeigen“-Intro, haha.

Rudi, wie fühlt es sich an, bei einem Auftritt im Vera in Groningen Adolf Hitler zu karikieren?

Örg: Erst mal gab’s ja fünf Minuten Intro-Vorgeplänkel, weil Rudi sich seinen Vollbart auf der Bühne zum Hitlerbärtchen gestutzt hat.

Rudi: Ich hatte vorab schon ein bisschen Bedenken, ob man das bringen kann, den „Braunen Wurm“ in Holland zu spielen. Aber es war ja nicht als Provokation zu verstehen, sondern als Warnung, und das haben die Holländer natürlich verstanden und dann auch belustigt gejubelt, als ich dann nach fünf Minuten in voller Montur mit Hitlerbärtchen dastand. Die hatten mich ja davor den ganzen Auftritt mit Vollbart gesehen.

Örg: Der Veranstalter kam danach zu uns und meinte, vor 15 Jahren hätten wir so was nicht bringen können. Aber da viele Holländer gerne deutsches Fernsehen gucken und wissen, dass Hitler inzwischen auch in Deutschland als Witzfigur dargestellt werden kann, ging das als Kunst und Karikatur durch, war also vollkommen okay.

Was ist geplant für die nahe Zukunft?

Örg: Wir haben jetzt eine Kölner Booking-Agentur und bereits einige Termine. Wir wollen spielen, spielen, spielen! Ab November steigt auch Findorff-Paule, unser Hauptgitarrist und Sänger, endlich wieder ein, der hat ja gerade Babypause und wir haben die letzten Auftritte ohne ihn spielen müssen, leider.

Rudi: Außerdem erscheint in diesen Tagen unsere neue 4-Song-EP „Zack Zack“ bei Höhnie Records und meinem Label Crauts Recordings, die deutlich härter und punkiger wird. Höhnie kennt mich noch aus STINKEBREIT-Zeiten und fand das immer gut, was wir machen. Das sind Aufnahmen, die im Zuge der zweiten LP entstanden sind, aber soundmäßig deutlich punkiger und dreckiger sind als die Songs auf der „Ja Ja“.