Diese Band eckt an, nicht nur im Interview, sondern auch mit ihrem aktuellen Album „We‘re Down Til We‘re Underground“. Alles begann damit, dass Wes Eishold, Sohn eines amerikanischen GIs und ehemaliger Roadie von TEN YARD FIGHT, Tim Cossar kennen lernte, der damals für diese Bostoner Band Gitarre spielte. Als TEN YARD FIGHT sich später auflösten, gründeten die beiden zusammen AMERICAN NIGHTMARE. Die neue Band erfreute sich immer größerer Popularität, doch dann kam der Schlag ins Gesicht, denn aus rechtlichen Gründen musste der Name AMERICAN NIGHTMARE geändert werden.
Erst hieß die Band kurze Zeit AMERICAN NOTHING, seit Anfang letzten Jahres dann GIVE UP THE GHOST, und ist trotz allem gut im Geschäft. „Background Music“, das Debüt der umbenannten Hardcore-Band, wurde von Equal Vision unter dem neuen Namen wiederveröffentlicht, und der kürzlich veröffentlichte Longplayer „We‘re Down Til We‘re Underground“ landete bei Burning Heart. Gute Zeiten für die Band, doch Sänger Wes ist angepisst, wütend und frustriert. Beste Voraussetzungen also für ein nettes Gespräch.
Ihr hattet ja ernsthafte Probleme mit eurem früheren Namen, wie denkst du inzwischen darüber?
„Zurückblickend kann man sagen, dass es mehr Nachteile als Vorteile hatte. Es war wirklich nervig. Wir mussten viel Geld dafür bezahlen, um das Drama endlich zu beenden, und eigentlich wollten wir unseren Namen gar nicht ändern. Die Vorteile waren vielleicht, dass es ziemlich publik gemacht wurde, dass wir den Namen ändern mussten, und die Leute deshalb auch darüber gesprochen haben. So wusste wenigstens jeder Bescheid.“
Welche Probleme ergaben sich denn für Equal Vision?
„Es kam zu ähnlichen Problemen wie bei uns, vielleicht sogar zu schlimmeren, da sie ja eine Firma leiten und sich Gedanken darüber machen mussten, verklagt zu werden. Im schlimmsten Fall hätten wir uns auflösen können. Equal Vision hatten diese Option nicht, sie mussten ein bisschen zittern. Aber jetzt ist alles überstanden.“
Was möchte eure Band dem Hörer vermitteln?
„Wir sind wirklich keine Band mit einer Message – das waren wir nie. Wenn, dann sind wir ein Ausdruck dessen, was viele Menschen denken und fühlen, und ein Kommentar zu dem recht abwechslungsreichen Leben, das wir führen.“
In „Love American“ singst du „in a world of sluts we keep the wet dream alive“. Ist das nicht extremstes Machogehabe?
„Meinst du das ernst? Das Problem ist wohl, dass du es nicht kapierst. Du denkst vielleicht, ‚sluts‘ sind nur Frauen. Es ist ein Wortspiel, das bei dir nicht richtig angekommen ist. Ehrlich gesagt, ist die Welt ziemlich langweilig. Sex ist in Ordnung, Sexismus nicht. Wahrscheinlich ist es sogar gut, dass du das fragst, denn im Hardcore gibt es viel mormonenhafte Homophobie und Sexismus, und die Leute tolerieren das.“
Ist der Titel „We‘re Down Til We‘re Underground“ denn Programm?
„Der Titel ist wirklich symptomatisch, obwohl es kein beschissenes Konzeptalbum ist. So gekünstelt sind wir nicht. Trotzdem gibt es Themen, die immer wieder aufgegriffen werden. Der Titel beschreibt, wie wir – ich, meine Freunde und die, die sich mit den Texten identifizieren können – leben und fühlen. Wir werden bedroht, stellen aber selbst eine Bedrohung dar. Man bekommt auch eine Vorstellung davon, wie viel unserer Liebe in dieser Sache steckt. Von der Schönheit, die sich hinter der hässlichen Fassade verbirgt. ‚Underground‘ steht für den Tod oder für die Ewigkeit. Manche Leute dachten fälschlicherweise, es hätte etwas mit Underground-Musik zu tun.“
Ihr habt u.a. bei Equal Vision, Reflections, Burning Heart und Bridge Nine Platten veröffentlicht. Bist du da jeweils über die Verkäufe informiert, oder vertraust du auf die Verlässlichkeit der Label?
„Was mich betrifft, so weiß ich rein gar nichts. Aber man muss schon ein wenig Vertrauen haben, aber auch nicht zuviel. Generell bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich nie etwas von jemandem einfach so bekommen werde, so läuft es halt. Das soll nicht heißen, dass man nie etwas für uns getan hat. Aber die Wahrheit ist, dass Bands abgezogen werden. Damit will ich keines der Labels, mit denen wir gearbeitet haben, diskreditieren. Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es nicht frustrierend ist, wenn man Musiker pleite und obdachlos sieht. Vielleicht bin ich neidisch oder einfach nur ehrlich. Wir mögen aber alle, mit denen wir bisher gearbeitet haben – die einen mehr, die anderen weniger.“
Jemand von euch spielt bei SOME GIRLS, deren aktuelle Veröffentlichung „All My Friends Are Going Death“ auf Deathwish. Inc. erschienen ist. Wer ist da noch mit von der Partie?
„SOME GIRLS sind fünf Leute aus San Diego. Einer von THE LOCUST spielt mit. Ansonsten noch Leute von UNBROKEN und TRISTEZA. Mir ist es aber nicht wichtig, wer genau dabei ist, und bei welchen Bands sie sonst noch mitspielen.“
Hast du je versucht ein Lied aus einer positiven Stimmung heraus zu schreiben?
„Nicht wirklich aus einer positiven Stimmung heraus. Aber aus der Erkenntnis heraus, wie lächerlich eine hochdramatische, depressive Stimmung ist, und man besser darüber lacht, wie traurig man eigentlich ist und sich „wake the fuck up“ sagt. Geh raus, lache und versuche Spaß zu haben.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Thomas Eberhardt
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