Duncan Reid, Sängerlegende von THE BOYS, hat nun mit seiner Band BIG HEADS das dritte Album „Bombs Away“ aufgenommen, ein absolut gelungenes zudem. Also haben wir ihm mal ein paar kurze Fragen gestellt und ein Anflug von Altersmilde wird spürbar, ob es um Terror in der britischen Heimat geht, um Fußball oder Powerpop.
Duncan, ich stelle mir das Spielen mit einem Kumpel und zwei netten jungen Damen richtig reizend vor. Klingt die neue Scheibe auch deshalb so harmonisch?
Haha! Ich bin zwar auch ohne meine Band schon äußerst reizend, aber es hilft natürlich, sich mit ein bisschen Anmut zu umgeben. Ehrlich gesagt finde ich es wunderbar, in einer Band zu spielen, in der sowohl Männer als auch Frauen sind. Die Bandatmosphäre ist total locker und wer weiß, vielleicht macht das die Harmonien ja noch schöner? Karen, unsere Schlagzeugerin, singt auf der Platte einige Harmonien und sie hat wirklich eine Engelsstimme.
Gab es beim Arbeitsablauf bei dem Album etwas Neues? Beim Arrangement oder beim Schreiben der Songs und Texte?
Die Band spielt auf dieser Platte eine größere Rolle. Auf der ersten Platte, „Little Big Head“, habe ich fast alle Instrumente selbst eingespielt. Bis auf das Schlagzeug, weil mein Freund Vom Ritchie darauf bestanden hat, das zu übernehmen. Das zweite Album ist in erster Linie eine Zusammenarbeit von mir und Alexander Gold und wie schon das erste wurde es ganz großartig produziert von Tony Barber, dem Bassisten von CHELSEA und früher THE BUZZCOCKS. Auf der aktuellen Platte spielt die ganze Band mit und Sean Genockey hat die Produktion übernommen, da Tony nach New York gezogen ist. Der Sound ist umwerfend.
„C’mon Josephine“ ist ein totaler Ohrwurm, ärgert es dich ein wenig, dass man da so einen Hit herausbringt und der vermutlich „nur“ unter unseresgleichen bleibt, also nicht richtig populär wird?
Ich habe aufgehört, mich über Sachen zu ärgern. Was wir spielen, ist dermaßen altmodisch, dass wir schon fast riskieren, originell zu sein. Ich bin einfach froh, dass wir so eine tolle Platte gemacht haben, dass die Leute echt Spaß daran haben und dass sie so großartige Kritiken bekommen hat. Uns werden jetzt sogar schon ein paar große Festivalauftritte angeboten und ein paar Sachen wurden im Mainstream-Radio gespielt. Ist also alles prima. Die Hauptsache ist, wir lieben, was wir tun.
Das Album hat ja den provokanten Titel „Bombs Away“ und am Schluss singst du dennoch „God save me now“, spricht daraus die Akzeptanz dessen, dass man sowieso nichts ändern und damit dennoch zufrieden sein kann?
Nicht so richtig. „Bombs away“ ist der Titelsong, er macht sich über Politiker lustig, die finden, dass es eine gute Idee ist, Bomben auf Menschen zu werfen. Perfekt für einen Glamrock-Drumbeat! „God save me now“ ist ein kompliziertes Stück voller Fragen. Ich bin letztendlich ein Heuchler. Ich singe darüber, dass man sich keine Sorgen machen soll, aber sorge mich permanent und versuche, etwas zu verändern.
In London, wo du wohnst, gab es auch eine schlimmen Anschlag mit einem Auto, die Regierung verkündete daraufhin, dass sie nun „härter durchgreifen“ will.
Diese Angriffe sind schrecklich und unsere Regierung ist nicht nur in Bezug darauf völlig ratlos. Aber das ist ein europaweites Problem. Es gab in letzter Zeit ein paar Angriffe bei uns, aber letztes Jahr waren es Frankreich und Deutschland. Was wir wissen, ist, dass man dem nicht mit Härte beikommen kann. Nur mit Kommunikation und Freundlichkeit haben wir eine Chance. Leicht gesagt, wenn man nicht das Opfer ist. In Großbritannien gibt es seit vielen Jahren Terrorismus, früher war es eben die IRA. Wir machen weiter.
Kannst du durch deine Musik, die ja auch Glück ausstrahlt, von all dem abschalten?
Ja, total. Wenn ich Musik mache, bin ich wirklich komplett nur „im Moment“. Das muss ich auch sein, um spielen zu können, da ist es unmöglich, an irgendwas anderes zu denken. Ich schätze, alle Musiker leiden ein bisschen, wenn sie nach einer Tour wieder nach Hause kommen. Das ist immer so, wie nach einem Urlaub zurück in der Realität zu sein.
Ihr werdet ja mit dem Begriff Powerpop in Verbindung gebracht. Ich glaube, jeder 77er-Punk wie du wäre früher auf die Barrikaden gegangen, wenn man ihn mit Pop in Verbindung gebracht hätte. Indes, viele Acts waren ja eigentlich – aus heutiger Sicht zumindest –, Popmusik, etwa DEVO, BLONDIE, STRANGLERS. Ist das also nur reines Schubladendenken? Gute Musik ist gute Musik ...
Wir wurden ja als „die BEATLES des Punk“ bezeichnet, weil wir diese ganzen schönen Harmonien hatten. Ich habe mich damit nie so richtig befasst, bis es irgendwann hieß, BIG HEADS seien eine Powerpop-Band. Jetzt liebe ich Bands wie CHEAP TRICK und JELLYFISH und finde es toll, unseren „Heavy Melody Power Pop Punk“ zu spielen.
Du warst mal im Management des Fußballclubs Nottingham Forrest aktiv. Wie siehst du die Entwicklung des Profifußballs heute, als eine reine Geldmaschine? Und was verbindet für dich Fußball und Punk?
Die englische Premier League ist weltweit so erfolgreich, weil es keine englische Liga ist. Es ist eine Weltliga mit ein paar wenigen englischen Spielern und dazu Spielern aus aller Welt. Daher schaut sich das die ganze Welt an, von den USA bis Thailand, und die Clubs gehören Thailändern, Amerikanern, Chinesen, Russen, Arabern und so weiter. Was Fußball mit Punk verbunden hat, war, dass beides eine Sache der englischen Arbeiterklasse war. Jetzt ist Fußball so beliebt wie noch nie, aber weder englisch noch Arbeiterklasse. Letztendlich ist mir das egal. Es ist eben, wie es ist.
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