Neun unveröffentlichte musikalische Perlen von der Genfer Band DISCOLOKOSST (1979-81) sind in diesen Tagen auf dem gleichnamigen Album erschienen. Aufgenommen im Sommer 1981, wurden die Aufnahmen, wie so oft in der Zeit, nie veröffentlicht. Bis zum heutigen Datum existierten auf einem Tonträger nur die beiden Songs "Rock is rock" und "C'est pas assez" (beide live). Dies auf dem Welschschweizer "Palladium 81"-Sampler von Heroic Records, der 1981 erschien. Die sieben weiteren Songs stammen vom Originalmaster, das 1981 im THC Studio aufgenommen wurde.
Als Teil der zweiten Punkwelle von 1979 bis '81 konnten sich DISCOLOKOSST von den anderen Schweizer Punkbands durch ihre provokanten Texte und Auftritte hervorheben. Songs wie "Découiller quelque part", oder "Les babas sous-hommes", sowie das leicht surreale "Ma petite amie est brune" untermalen dies. Ihre einzige Botschaft war, absolut keine zu haben! Ebenso hatten sie genau so viele Feinde wie Bewunderer. Ihre Feinde verteufelten sie als Faschisten, da sie mit der Ironie ihrer Texte nicht klar kamen und diese als Provokation verstanden. Auf der anderen Seite folgten ihnen ihre Bewunderer per Autostop zu all ihren Auftritten, die manchmal auch blutig sein konnten ... Mehr darüber im Interview mit dem DISCOLOKOSST-Gründungsmitglied Philippe Stucki.
Warst du ein echter Punk?
Das Einzige, was mich interessierte, war es krachen zu lassen und zu provozieren. Unsere Musik war klar Punk.
Welches waren deine musikalischen wie politischen Einflüsse?
Wir hatten keine politischen Einflüsse. Wir wollten nur provozieren im Geiste des Widerspruches, mit Liedern wie „Nucléaire“, Kernenergie, auf uns aufmerksam machen, das war alles. Musikalisch waren wir sozialisiert durch Gruppen wie THE CRAMPS, THE RAMONES und die Pariser MÉTAL URBAIN. Auf dem Song „Con bête et laid“ hört man sogar Einflüsse von THE FLYING LIZARDS. Von meiner Seite gab es da noch eine Schwäche für die Discosängerin Dee D. Jackson mit ihrem Song „Galaxy police“. Ich hatte da meine eigene funky Discoversion vom Song „La grosse Lulu“.
Wer hat was in der Band gemacht?
Matias Jamarillo am Mikrofon, Ross alias Yves Rossinger am Bass und ich an Gitarre, Synthie, Drum-Maschine und Back Vocals. Dann gab es noch Plastic alias Yves Arnold am Synthie, wenn er nicht gerade unter dem Namen Xerxès Von Munsrhein aufgetreten ist. Es war auch er, der das unglaubliche Intro auf dem neuen Album, „Extrême droite“ schrieb.
Wer war euer Publikum?
Zuerst unsere Kumpels, danach die Leute, die auf unsere Konzerte kamen, die Punks.
Gab es zu dieser Zeit in der Welschschweiz eine Infrastruktur für Bands, wie dies in England oder Frankreich der Fall war?
Zu diesem Zeitpunkt gab es dafür keine Strukturen in Genf. Weder für Auftritte noch ein unabhängiges Label. Es gab da CHANGé, eine Vereinigung von Rockfans. Diese waren bedacht Konzerte zu organisieren. Sie haben es uns ermöglicht, am 26. November 1980 als Vorgruppe von den UK SUBS zu spielen. An diesem Abend gab es dann aber noch ein Handgemenge mit den Subs, da ihr Mischer unseren Sound sabotierte.
Wie kam es dazu, dass ihr nach gut 25 Jahren ein Album herausbringt?
Eines Tages erhielt ich einen Anruf eines Typen, der mir erklärte, dass er und sein Kumpel die Geschichte der Genfer Punks aufarbeiten wollten. Er fragte mich ebenfalls, ob es unveröffentlichtes Musikmaterial gäbe, dies für eine Platte. Wir, die ehemaligen Mitglieder der Band, durchsuchten daraufhin unsere Schränke und fanden dort das Masterband von Aufnahmen, die wir damals machten.
Wer hat 1981 die Aufnahmen produziert und gab es einen Deal?
Unser erster Manager Ordure, Dominique Benoît, der auch bei YODLER KILLERS Backing-Vocals gesungen hat war, stand hinter den Aufnahmen. Er hat danach fortwährend davon Kopien auf Kassetten angefertigt und diese unter den Kumpels verteilt. Zum heutigen Zeitpunkt haben wir absolut mit niemanden einen Vertrag, ebenso keinen Manager. Die acht Songs wurden im THC Studio von Yves Roth, dem Gitarristen von CODE, aufgenommen. Ich war damals zuständig für die Aufnahmen und nahm diese auf einer 16-Spur-Maschine auf.
Warum hat sich die Band aufgelöst?
Das war ganz einfach: Matias, der Sänger, ist nach Kolumbien ausgewandert und dort in die Armee eingetreten. Das war das Ende von DISCOLOKOSST.
Wie stehst du heute zu der Veröffentlichung dieses Albums?
Mir ist das eigentlich egal. Falls die Platte einigen Leuten gefallen sollte, warum nicht. Ich denke, Matias und Ross ist das wichtiger und das gefällt ihnen auch.
Was wurde aus euch, nachdem sich DISCOLOKOSST aufgelöst hatte?
Ich habe mit Ross das Projekt RAPOSE ins Leben gerufen.
Gibt es noch weitere unveröffentlichte Aufnahmen in deinem Schrank?
Da gibt es noch einige Musiktapes und Revox-Bänder mit Live- und Übungsraumaufnahmen.
Arbeitest du heute noch an musikalischen Projekten?
Nein.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #76 Februar/März 2008 und Oktay Gürbüz
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #76 Februar/März 2008 und Joachim Hiller