CRANIAL

Foto

Ende offen

Das Würzburger Quartett CRANIAL kommt mit ordentlichem Donnergrollen angerauscht. Zuverlässig liefert die Band um den früheren OMEGA MASSIF-Gitarristen Michael Melchers wuchtigen, atmosphärischen Sludge. Vier Songs mit jeweils rund zehn Minuten Spielzeit. Ihr zweites Album „Alternate Endings“ veröffentlichen die Schwergewichte wie schon die EP „Dead Ends“ (2015) und das Debütalbum „Dark Towers, Bright Lights“ (2017) über Moment of Collapse Records. „Never change a winning team“, meinen die beiden Gitarristen Michael Melchers und Sebastian Kröckel im Ox-Interview.

Alternate Endings“ heißt das neue Album. Ein Ausdruck aus der Filmwelt. Das Ende einer Geschichte, das geplant oder diskutiert, aber letztendlich nicht verwendet wurde. Was steckt dahinter?

Bastian:
Die Texte auf dem Album sind sehr persönlich gehalten und beschreiben Gefühlszustände. Verfasst wurden sie von unserem Bassisten Julian und mir. „Alternate Endings“ beschreibt also verschiedene Gefühlszustände, in denen das Ende offen bleibt.

Michael: Bei uns ist immer zuerst die Musik da und dann kommen Albumtitel und Texte. Diesmal haben wir ziemlich lange gebraucht, um einen passenden Titel zu finden. Ich finde, dass diesmal jeder Song ein bisschen anders klingt und zumindest ganz leicht in eine andere Richtung tendiert. Deshalb hat „Alternate Endings“ wie Arsch auf Eimer gepasst.

Wie viel von deiner alten Band OMEGA MASSIF steckt noch im Sound von CRANIAL?

Michael:
Jede Menge, würde ich sagen. Ich war ja auch bei OMEGA MASSIF für die Grundriffs zuständig. Die Herangehensweise ist also ganz ähnlich. Anders kann ich gar keine Songs schreiben. Ich suche mir ein treibendes Riff und weite das dann aus. Also habe ich quasi das Rückgrat von OMEGA MASSIF mit hinüber zu CRANIAL genommen.

Inzwischen gibt es ja drei Bands, in denen die Jungs von OMEGA MASSIF jetzt spielen, neben euch noch PHANTOM WINTER und BLACKSMOKER. Ihr seid dem Sound von OMEGA MASSIF irgendwie am nächsten.

Michael:
Das finde ich auch. Immerhin habe ich für viele Songs von OMEGA MASSIF die Basis geliefert und schreibe jetzt genauso weiter. Der Split der Band hatte für mich, und vermutlich auch für die anderen, ja keine musikalischen Gründe, sondern persönliche. In der Konstellation ging es einfach nicht mehr weiter.

Und wie versteht ihr euch mit den anderen beiden Nachfolgebands?

Michael:
Wir haben eigentlich keinen Kontakt. Wir sind nicht im Streit auseinandergegangen, eher wie bei einer Ehe, in der man sich nichts mehr zu sagen hat. Deshalb war es wie eine Befreiung, als wir uns nicht mehr sehen mussten. Inzwischen begegnen wir uns hin und wieder bei gemeinsamen Konzerten wie Bands, die nichts miteinander zu tun haben.

Wie und wo ist das neue Album von CRANIAL entstanden?

Bastian:
Die Songs wurden eigentlich schon direkt nach dem letzten Album geschrieben. Nach ungefähr einem Jahr war das Material dann größtenteils fertig. Im Studio wollten wir diesmal etwas anderes ausprobieren. Beim ersten Album waren wir in der Tonmeisterei in Oldenburg. Deshalb sind wir für „Alternate Endings“ zu Ghost City Recordings in der Nähe vom Brombachsee bei Nürnberg gegangen. Dort haben wir alle Songs binnen einer Woche live eingespielt. Das hat für jede Menge Dynamik gesorgt. Danach gab’s noch ein paar Overdubs. Aufgenommen und gemischt haben Jan Kerscher und Nikita Kamprad. Den kennen wir aus Würzburg von DER WEG EINER FREIHEIT. Gemastert hat das Album CULT OF LUNA-Schlagzeuger Magnus Lindberg in Schweden.

Welche Rolle spielen Texte bei euch? Eigentlich versteht man bei all dem Grunzen kein Wort.

Bastian:
Unsere Musik würde auch ohne Gesang gut funktionieren. Wir sehen in den Vocals eher eine Art Sahnehäubchen. Wir wollten auf jeden Fall alle Gesang dabeihaben. Wir hören selbst gerne Bands, die so singen, und wir finden, es passt einfach zu unserer Musik. Beim letzten Song haben wir sogar einen clean gesungenen Part von Jan. Die Stimmen spielen bei uns aber eher eine untergeordnete Rolle und sind eher wie ein weiteres Instrument gedacht.

Und wie bedeutsam ist das – wie immer von Olli Hummel aus München gestaltete –Artwork bei euch?

Michael:
Auch da bin ich geprägt von OMEGA MASSIF. Unser damaliges Label Denovali Records hat bei der Verpackung großen Wert auf Ästhetik gelegt. Und die Jungs von Moment of Collapse sehen das ähnlich. Bei Olli haben wir natürlich den Vorteil, dass er ein alter Freund von uns ist. Deshalb können wir ihm voll vertrauen. Er versteht unsere Denkweise und man kann bei ihm durchaus auch offen Kritik äußern. Das ist uns lieber, als irgendeinen Künstler zu beauftragen. Mit seinen Arbeiten sind wir bislang immer voll zufrieden gewesen. Und gerade bei Vinyl sehen seine Sachen besonders toll aus.

Momentan probt ihr ja noch in der Würzburger Posthalle, dem ehemaligen Briefverteilerzentrum. Die soll aber bald abgerissen werden. Was macht ihr dann?

Michael:
Einen konkreten Plan haben wir noch nicht. Aber wir wohnen ja sowieso sehr weit verstreut. Unser Schlagzeuger Cornelius lebt und arbeitet in Bonn als Sachbearbeiter bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und kommt nur einmal im Monat zum Proben vorbei. Ich wohne im wunderschönen Kurort Bad Kissingen und arbeite dort als Internist, unser Bassist Julian wohnt in Haßfurt und arbeitet als Erzieher mit schwer erziehbaren Kindern. Bastian lebt als Einziger in Würzburg und ist Redakteur bei der Tageszeitung Mainpost. Wir werden schon irgendwo was finden.

Und wie funktioniert euer Bandleben, wenn ihr so weit entfernt voneinander seid?

Michael:
Viele Entscheidungen werden einfach online oder am Telefon getroffen. Wir versuchen wenigstens, an einem Wochenende im Monat zu proben.