Während sich andere Bands immer noch nicht wieder nach Europa trauen, ist die unermüdliche Tour-Maschine CLOWNS bereits zum vierten Mal, seit die Beschränkungen durch die Pandemie gefallen sind, hierzulande im Sommer unterwegs. Corona hat auch in der Musik der Australier seine Spuren hinterlassen, allerdings mit einer unerwarteten Wendung: Die Band um Bassistin Hanny Tilbrook und Sänger Stevie Williams, die sich vor ihrer Show in Köln im überhitzten Bandbus zum Interview stellen, haben im Lockdown ihre Unsterblichkeit entdeckt und diesem Thema nun ihr neues Album „Endless“ gewidmet.
Das Video zur ersten Single, das Albumcover sowie euer Look auf den Promofotos sind stark von den Achtzigern geprägt. Woher kommt dieser Einfluss?
Stevie: Es gibt definitiv einen starken Einfluss der Achtziger. Wir selbst sind zwar in den Neunzigern aufgewachsen, aber das war ja im Grunde nichts anderes als eine Fortführung der Achtziger. Allerdings haben wir nicht bewusst danach gesucht.
Hanny: Und wir mögen genauso den Rock’n’Roll der späten Siebziger. Wir sind in diese Musik verliebt. Es gab aber nie die Entscheidung, etwas Bestimmtes zu tun oder anzuziehen. Das ist einfach das, was wir tun und tragen. Das einzige Dumme an unserem Pressefoto ist, dass es sehr kalt war, als es entstanden ist. Matt, unser Freund, der unsere Fotos macht, meinte, wir müssen etwas anderes anziehen. Also haben wir uns auf diesem Foto den Arsch abgefroren.
Stevie: Jared und Cam repräsentieren definitiv dieses Achtziger-Jahre-Ding. Sie sehen aus wie direkt aus dem Film „The Breakfast Club“ oder so.
Hanny: Stimmt, sie sehen einfach so aus. Jared sieht so aus, seit er fünf war.
Stevie: Auf dem neuen Album sind die Achtziger ein großer Einfluss, was den Einsatz verschiedener Synthesizer-Sounds und ein bisschen Thrash Metal betrifft. Für uns war dabei aber die Suche nach der ständigen Weiterentwicklung entscheidend. Was das Kreative betrifft, wollen wir nicht auf der Stelle treten. Wir sind ein wenig besessen davon sicherzustellen, dass jedes Album sich von dem vorherigen unterscheidet. Achtziger-Jahre-Metal war nun etwas, auf das wir uns alle einigen können und das wir in der Vergangenheit noch nicht behandelt hatten. Jetzt hören wir oft: „Oh, ihr macht jetzt dieses Achtziger-Jahre-Ding ...“ Tatsächlich sind wir immer noch die gleiche Band, die auch „Lucid Again“ gemacht hat. Die Veränderungen sind nicht bewusst geschehen, wir haben das nicht konstruiert.
In „Formaldehyde“ gibt es die fantastische Zeile: „Do something that means something“. Abgesehen von der Band, was tut ihr, das bedeutungsvoll in eurem Leben ist?
Hanny: Es kann allein schon etwas bedeuten, wenn man sich bewusst macht, wie es einem selbst geht, oder Dinge tatsächlich bewusst zu tut. Bei uns läuft es so, dass wir tagsüber normalen Jobs nachgehen und nachts sind wir CLOWNS, die versuchen, ihre Band nach vorne zu bringen. Acht Stunden am Tag verrichten wir banale Arbeit, die wir nicht mögen, der die Gesellschaft aber sehr viel Bedeutung beimisst, und darüber machen wir uns lustig.
Stevie: Die Zeile hatte eine besondere Bedeutung für uns, als wir die Texte geschrieben haben. Am Anfang des Stücks geht es um Dinge, die ich bei vielen populären Songs satt habe. Schließlich offenbart sich in der zweiten Strophe, dass ich eigentlich lieber Songs übers Kiffen mag. Aber was war das Letzte, das ich gemacht habe, das wirklich etwas bedeutet hat? Verdammt, ich weiß es nicht. Gestern sind wir als Support von FEINE SAHNE FISCHFILET vor 7.000 Leuten aufgetreten. Ich glaube, das bedeutete etwas.
Wahrscheinlich auch den Leuten, die dort waren. Zu einer Show zu gehen, kann etwas bedeuten. Wenn man einen Job oder eine Familie hat, bleibt meistens keine Zeit mehr, etwas Bedeutungsvolles zu tun. Da wäre es doch am besten, ewig zu leben. Und darum geht es auf eurem neuen Album.
Stevie: Ganz genau, das Thema Unsterblichkeit zieht sich durch das gesamte Album. Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen wir einfach noch ein paar ein paar andere Dinge klären mussten.
Hanny: Ich habe nicht das Gefühl, dass es dabei direkt um Corona ging, aber es war faszinierend, als Stevie und Jake im Lockdown förmlich explodierten und anfingen, so viel wie möglich zu schreiben. Das ganze „Endless“-Thema trifft auf viele verschiedene Arten für dieses Album zu. Es ist persönlich für jeden von uns. Es steht für das, was die Band ist und was Musik für uns ist. Wir werden das wahrscheinlich nur machen können, bis unsere Körper nicht mehr durchhalten oder wir zu alt sind.
Stevie: Ein Großteil der Songs und Riffs ist entstandenen, als die Pandemie die Welt fest im Griff hatte. Damals ging es uns vor allem darum, CLOWNS einfach am Leben zu erhalten. Wir wollten nicht, dass die ganze Arbeit, die wir investiert hatten, umsonst gewesen war. Wir alle machten eine schwierige Zeit durch, die uns endlos erschien und in gewisser Weise endlos war. Das Motiv der Unsterblichkeit tauchte irgendwann in den Texten auf, als wir uns gegenseitig Demos zuschickten. Als uns das bewusst wurde, sind wir näher darauf eingegangen. Auf seltsame Weise hatte sich das Thema im kollektiven Geist manifestiert. Wir haben natürlich irgendwann angefangen, gezielt entsprechende Texte zu schreiben, zum Beispiel das Stück „Z3r0s&0n3s“, auf Deutsch „Nullen & Einsen“. In diesem Song steckte bereits ganz viel Unsterblichkeit und ich habe dann den Begriff gegooglet und die Wikipedia-Seite dazu gelesen. Dort stand, dass es eine neue Technologie gibt, bei der man alle seine Gedanken auf einen Mikrochip hochladen kann, und wenn man den dann in ein iPad oder so steckt, wird ein Avatar des Gesichts erstellt und so erlangt man eine Form von Unsterblichkeit. In dem Text geht es auch um die damit verbundenen ethischen Fragen und wie schräg es einfach ist, so was zu tun. Das Konzept der Unsterblichkeit bietet also jede Menge Gesprächsstoff, es gibt viel zu diskutieren. Viele Leute haben Angst zu sterben, aber ist Unsterblichkeit wirklich das, was wir wollen?
Hanny: Das, was du tust, hat nur eine Bedeutung, wenn du weißt, dass alles endlich ist. Wenn es das nicht wäre, worum ginge es dann wirklich? Was wäre dann noch relevant?
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