Das zweite Album von BOSTON MANOR trifft einen zunächst unerwartet. Der düstere Kontext und die breitere Musikalität setzen sich merklich von den ersten Veröffentlichungen der Briten ab. Die Mischung aus Indierock, Pop-Punk und Elektro, die „Welcome To The Neighbourhood“ bestimmt, entwickelt jedoch schnell einen faszinierenden Reiz.
Wir sind stolz darauf, unsere künstlerischen Grenzen zu überschreiten und zu erweitern“, greift Frontmann Henry Cox den Faden auf. „Ich gehe nicht so weit, zu behaupten, dass wir das Rad neu erfinden. Doch ich denke, dass es für jeden Künstler wichtig ist, immer außerhalb seiner Komfortzone zu existieren. Schließlich wollen wir nicht zwei Mal die gleiche Platte machen.“ Das aktuelle Album der Musiker aus Blackpool markiert eine deutliche Abkehr vom Sound des 2016er „Be Nothing“: „Obwohl wir von Beginn an gegen dieses Label kämpfen, wurde unser Debüt vor allem mit Pop-Punk in Verbindung gebracht“, so der Sänger. „Für uns ist das zu kurz gegriffen. Daher haben wir uns darauf konzentriert, alle Facetten unseres Spiels anzureichern. So kommt die härtere Seite besser zur Geltung. Zusätzlich haben wir Groove- und Blues-Klänge implementiert. Da wir große Fans von NINE INCH NAILS und MINISTRY sind, haben wir uns mit Elektro- und Industrial-Sounds beschäftigt und versucht, sie in unseren Melodien zu verwenden.“ Diese Intentionen sind auf „Welcome To The Neighbourhood“ spürbar. Gleichwohl wird es wohl noch dauern, bis BOSTON MANOR in den Augen der Hörer die skizzierte Enge verlassen: „Bei uns soll jede Platte anders sein“, gibt Henry die Richtung vor. „Unabhängig davon gehe ich davon aus, dass unsere künftigen Platten einander viel ähnlicher sein werden als unser Debüt und das neue Album. Wir arbeiten bereits am nächsten Release und konzentrieren uns darauf, den Sound, den die neuen Songs aufweisen, zu erweitern.“
Die großen Unterschiede zwischen beiden Alben überraschen selbst den Frontmann: „Hättest du mir ,Welcome To The Neighbourhood‘ an dem Tag vorgespielt, als wir die Aufnahmen für ,Be Nothing‘ beendeten, hätte ich nie geglaubt, dass so ein Album von uns stammen könnte. Doch die Wahrheit ist, dass wir immer schon in eine schwerere, düstere Richtung gehen wollten. Unser Debüt hat das nur nicht widergespiegelt. Das lag auch daran, dass etliche Songs schon älter waren.“ Veränderungen im Kreativprozess spielen ebenfalls mit hinein: „Beim Schreiben der neuen Platte haben wir die Songs zunächst auf ihre grundlegende Inkarnation reduziert, um sie von da aus zu erweitern“, erzählt Henry. „Als Startpunkt haben wir jeweils eine Gesangslinie oder einen zentralen Riff gesucht. Das hat gut funktioniert, denn wir haben latent die Tendenz, Dinge zu verkomplizieren. Die veränderte Arbeitsphilosophie hat uns geholfen.“ Zu guter Letzt bringen BOSTON MANOR auch den erforderlichen Mut auf, Veränderungen einzuleiten: „Für uns existieren weder Grenzen noch Regeln“, so der Sänger. „Ich persönlich merke es immer sofort, ob eine Band auf natürliche Weise voranschreitet oder sich verbiegt und etwas nur zu tun vorgibt. Jeder Schritt, den wir gehen, basiert auf einer sorgfältig durchdachten Entscheidung.“
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