BONES

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Bonanza Boulevard

Wie schön es doch ist, überrascht zu werden! Die BONES aus Karlskrona, Schweden veröffentlichten im Oktober ihr viertes Album, und wenn man bei einer Band darauf zählte, dass sich wenig ändert, dann sicherlich bei dieser. Schließlich ist sie mit ihrem grundsoliden Punk'n'Roll zwischen SOCIAL DISTORTION, MOTÖRHEAD, Elvis Presley und diversen Rockabilly-Einflüssen schon recht weit gekommen. Nicht ganz zu Unrecht wird sie als eine der heißesten europäischen Bands des Genres gehandelt, die nur um Haaresbreite den Support-Slot auf der 2005er SOCIAL D.-Europatour verpasst hat. Mit drei Alben auf People Like You Records erspielte sich der Vierer eine beachtliche Anzahl Fans in der europäischen Szene. Und diese werden sicherlich auch vom vierten und nun auf Century Media erscheinenden BONES-Album "Burnout Boulevard" recht angetan sein. Eine gewisse Abkehr von der traditionellen Taktung ihres aufgekratzten Sounds hört man auf dem neuen Album dennoch: die BONES sind versierter geworden. Sie hauen dem Hörer nicht mehr nur rauhe Riffs, trinkfeste Refrains und pumpende Rhythmen um die Ohren, sie garnieren das Rock'n'Roll-Grundgerüst ihres Sounds neuerdings mit vielen Melodien, kleinen melancholischen Momenten und allerlei songwriterischer Finesse. Bessere BONES gab es in meinen Auge nie, da es der Band auch noch nie geglückt ist, solche Ohrwürmer zu schreiben wie auf "Burnout Boulevard". Ich sprach mit BONES-Sänger Beef Bonanza.



Beef, Ende vergangenen Jahres habt ihr anlässlich eures zehnjährigen Bestehens ein Konzert in Kopenhagen gespielt. Habt ihr 1996, im Gründungsjahr der BONES, damit gerechnet, so lange durch zu halten?


Ehrlich gesagt, haben wir uns gar keine Gedanken gemacht, ob oder wie lange wir das Leben als Band durchhalten würden. Was daran liegt, dass wir gewissermaßen in den Tag hineinleben: Wir nehmen Alben auf und touren, ohne dabei wirklich darüber nachzudenken, dass die Zeit gerade vergeht wie im Flug. Dementsprechend war es dann 2006, es fiel uns wie Schuppen von den Augen, dass es die BONES nun schon zehn Jahre gab. Weil wir viel durchgemacht hatten in diesen zehn Jahren, entschlossen wir uns, in Kopenhagen eine kleine Party zu feiern und diese Show zu spielen.

Was hat sich in den zehn Jahren alles verändert?

Ach, nicht viel. Unsere Arbeitsweise hat sich seit dem ersten Tag der Band kaum verändert, weder was das Songwriting betrifft, noch was die weiteren Angelegenheiten der BONES angeht. Wir schreiben die Songs in der Regel alle gemeinsam und jeder bringt seine Meinung auch ein bei den Merch-Designs, der Tourplanung und so weiter. Das ist zwar ein sehr zeitaufwändiges Vorgehen, in meinen Augen ist es für eine Band aber sehr wichtig, dass alle Mitglieder bei allem zu Wort kommen, was die Gruppe betrifft.

In den frühen Tagen der BONES habt ihr ja auch noch ein eigenes Label unterhalten, was ist damit eigentlich passiert?

Hm, ich weiß nicht einmal, ob ich es wirklich als Label bezeichnen soll, was wir damals gemacht haben. Wir haben die "Horrorway"-EP 1997 selbst veröffentlicht, mehr aber nicht. Heute wollen ja viele, dass wir die EP noch einmal neu auflegen, wobei es eher unwahrscheinlich ist, dass wir das tun werden. Jedenfalls wurden wir ja schon 1999 von People Like You unter Vertrag genommen, wodurch wir unsere Alben nicht mehr selbst herausbringen mussten.

Nun habt ihr auch People Like You verlassen und seid zu Century Media gewechselt. Warum eigentlich? Als ich Anfang dieses Jahres Tobbe von People Like You interviewte, sagte er, dass ihr eine der Bands seid, die gemeinsam mit dem Label gewachsen ist, weswegen mich euer Labelwechsel überrascht hat.

Wir haben bei People Like You unsere ersten drei Alben sowie einige Mini-CDs veröffentlicht. Gerade deshalb sind wir, wie Tobbe dir sagte, in der Tat gemeinsam mit dem Label gewachsen. Dennoch hatten wir das Gefühl, dass wir mit unserem vierten Album einen Schritt weiter gehen wollten, und als Century Media uns einen Deal anboten, haben wir daher ziemlich schnell zugesagt.

Aber Century Media ist doch primär ein Metal-Label, das so gut wie gar keine Punk- und nur wenige Rock'n'Roll-Bands unter Vertrag hat?

Richtig, aber wir denken, dass sie trotzdem sehr viel für uns tun können. Century Media unterhält Büros auf der ganzen Welt und hat überall einen gut funktionierenden Vertrieb. Eines unserer großen Ziele ist, dass wir zukünftig in Ländern auftreten können, wo wir bisher noch nicht waren. Und ich bin zuversichtlich, dass Century Media uns dabei helfen können, weil sie die Kapazitäten haben, die internationale Promotion für die BONES und für "Burnout Boulevard" zu stemmen.

Inwiefern würdest du sagen, dass "Burnout Boulevard" im Gegensatz zu euren ersten drei Alben melancholischer ist? Ich meine in "Ain't life a mother fucker" beschreibt ihr den Tod auf dem elektrischen Stuhl und an anderen Stellen geht ihr auf ungewöhnlich persönliche Weise mit dem Thema Beziehung um.


Ehrlich gesagt, würde ich gar nicht mal unbedingt sagen, dass "Burnout Boulevard" melancholischer ist als unsere ersten drei Alben. Jeder Mensch sieht die Welt mit anderen Augen und jemand anderer erkennt in Texten wie "Ain't life a mother fucker" vielleicht eine eher ironische Bedeutung. Und die individuelle Interpretation möchte ich niemandem kaputt machen, weil ich denke, dass es cool ist, wenn jemand sich mit den Inhalten beschäftigt und ein Song von uns jemandem da draußen vielleicht sogar etwas bedeutet. Ich denke, dass unsere Texte immer so etwas wie ein Report sind, die Beschreibung einer ganz bestimmten Situation aus unseren Augen. Und da das Leben nicht immer nur spaßig ist, fallen diese Berichte mal positiver und mal ein wenig negativer aus. Aber wirklich schwarz sehen wir nie, das würde nicht zu den BONES passen.

Ganz allgemein hat sich euer Songwriting aber immens verbessert. Man könnte fast sagen, dass ihr nie zuvor ein solches Gefühl für Melodien gezeigt habt, wie auf "Burnout Boulevard".

Oh, danke. Ich denke, dass zwei Dinge wesentlich dafür waren, dass dieses Album so geworden ist, wie es ist. Erstens sind wir gerade durch die vielen Shows in den letzten Jahren besser geworden, was das Spielen angeht. Zweitens - und ich denke, dass das wesentlich ist - hat ja Boner, unser Gitarrist, das Album produziert. Nun war es in der Vergangenheit nicht so, dass ein externer Produzent bestimmt hätte, was wir tun und was nicht - wir hatten bei jedem Album mitzureden. Jedoch war die Arbeitsweise mit Boner in seinem Studio MWC noch ein wenig anders, weil wir wirklich machen konnten, was wir wollen. Zudem besitzt Boner mittlerweile ein sehr gutes Händchen dafür, einen knackigen Sound zu produzieren. Und auf "Burnout Boulevard" hört man das mehr als deutlich.

Ich will nicht damit anfangen, in den Songs von "Burnout Boulevard" politische oder soziale Bedeutungen zu sehen, da ihr ja wiederholt gesagt habt, dass ihr definitiv keine politische Band seid. Jedoch habt ihr in mehreren Interviews davon gesprochen, dass ihr neben den BONES unter anderem als Sozialarbeiter, Erzieher und Betreuer behinderter Menschen arbeitet. Würdest du sagen, dass das, abseits der BONES, eine Art soziales Statement von euch ist?

Es wäre in der Tat etwas komisch, mehr oder weniger eindeutige politische Bedeutungen in "Burnout Boulevard" hineinzuinterpretieren, weil wir schon immer eine Band waren, die keine politischen Songs schreibt und auch keine politischen Statements abgibt. Wir sehen einfach keinen Grund dafür, die BONES als Kanal zu benutzen, um den Menschen zu sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben. Wenn Bands das machen, habe ich damit kein Problem, aber für uns ist das nichts. Das beschreibt aber nur die Band. Uns allen ist aber klar, das außerhalb dieser Welt der BONES sehr viel Scheiße passiert. Und es ist auch nicht so, dass wir uns keine Gedanken machen würden. Und ja, vielleicht können wir durch die Jobs einen kleinen Beitrag leisten, um vielleicht das Leben des einen oder anderen zu verbessern. Wobei wir ja auch nur zwischen den Touren arbeiten, wenn wir zusehen müssen, dass wir irgendwie an Geld kommen. Wir arbeiten außerdem nicht alle in sozial orientierten Jobs. Neben psychologischen Diensten und denen, die du genannt hast, arbeiten wir in den verschiedensten Jobs, für Umzugsfirmen, Tonstudios und so weiter.

Strebt ihr denn an, von der Band leben zu können?

Man wird sehen, wohin die Reise geht. Wie ich bereits sagte, sind wir unglaublich schlecht darin beziehungsweise machen gar keine Pläne. Allerdings sind die Aussichten für ein Leben als Berufsmusiker ja auch nicht die besten, weil sich ein grundlegender Wandel in der Einstellung der Leute vollzogen hat, was Musik angeht. Die meisten können Musik doch gar nicht mehr wertschätzen, sondern sehen darin etwas mehr oder weniger Bedeutungsloses, das sie auf einem Memory-Stick mit sich herum tragen und was sie sich bei Bedarf gratis aus dem Internet herunterladen können. Das finde ich traurig. Für mich gehören der Tonträger, das Booklet und das Artwork bei einer Veröffentlichung einfach dazu. Musik ist für mich nicht bloß eine Datei, die du dir eben mal auf den Rechner ziehst. Für mich persönlich können weder illegale noch legale Downloads die Magie ersetzen, die eine physische Veröffentlichung hat.

Welche Magie meinst du?


Das meinte ich jetzt tatsächlich eher in Bezug auf illegale Downloads, denn die Leute vergessen, wie sehr sie sich früher auf das Veröffentlichungsdatum von Alben gefreut haben, und laden ein Album einfach so runter, bevor es im Laden steht. Verrückt! Früher habe ich richtig die Tage gezählt, dann am Veröffentlichungstag manchmal sogar die Schule geschwänzt, um mir das Album kaufen zu gehen. Und jetzt: Alles weg ... was für eine Zukunft, haha!

Und selbst die HELLACOPTERS haben kürzlich kapituliert.

Wie gesagt: wir sehen niemals schwarz! Aber ja, die Trennung der HELLACOPTERS ist wirklich traurig. Sie haben dem Rock'n'Roll viele neue Impulse gegeben und sehr vielen skandinavischen Bands den Weg geebnet - wir werden sie vermissen. Dennoch wird Rock'n'Roll nicht sterben, nur weil eine Band sich aufgelöst hat.