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Fuck you

Nach dem Ausstieg von Frontmann Alex Varkatzas wurde jüngst das Personalkarussell angeworfen und die Rollen wurden neu verteilt. Wir haben uns mit Brandon Saller zusammengesetzt, um herauszufinden, wo die Kalifornier sich als alte Hasen im Musikgeschäft selbst verorten und wie sich ein solch signifikanter Besetzungswechsel auf die Banddynamik auswirkt.

Im Juni wird euer achtes Album „Baptize“ veröffentlicht, euer erstes ohne Alex. Die im Vorfeld veröffentlichten Singles sind auf gemischte Reaktionen gestoßen. Wie geht ihr nach 23 Jahren mit Kritiken um?

Natürlich geht so was nicht spurlos an uns vorbei. Wir sind auch nur Menschen. Du steckst deine gesamte Energie und Kreativität in etwas und wenn dir dann von einer Person, die keinerlei Bezug zu dir als Mensch hat, Sellout vorgeworfen wird, schmerzt das. Ebenso wenn man dich, geschützt durch die Anonymität des Netzes, auf das Übelste beleidigt – aber so ist das heutzutage. Manche fühlen sich durch das Profilieren mit Hasstiraden dir gegenüber besser. Es ist zwar eine erbärmliche Vorstellung, seine Zeit mit so etwas zu verschwenden, aber ändern kann man es nicht. Wir haben uns durch solche Vorkommnisse die typische „Fuck you“-Attitüde angewöhnt. Vielleicht kommt das aber auch mit dem fortgeschrittenen Alter oder weil wir nach wie vor absolut privilegiert sind, mit unserer Musik unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Am Ende des Tages muss ich lediglich vor mir selbst Rechenschaft ablegen. Habe ich alles gegeben? Habe ich das Maximum erreicht und bin zufrieden mit dem Ergebnis? Das sind die Fragen, die man sich stellen muss. Wir haben uns als Band weiterentwickelt, es wäre sehr befremdlich, wenn wir noch die gleiche Musik wie vor zwanzig Jahren machen würden. Das würde uns als Band keineswegs zufriedenstellen. Wir sind erwachsen geworden, es kamen neue Einflüsse hinzu und wir wollten für uns selbst auch immer wieder neue Dinge ausprobieren. Wenn den Leuten nicht passt, dass wir vielleicht etwas weniger schreien und etwas mehr singen, ist das vollkommen legitim. Da draußen gibt es unendlich viele Bands. Wenn du uns scheiße findest, dann verschwende doch nicht deine Zeit damit, uns das zu sagen, sondern finde Bands, für die du dich begeistern kannst. Das Leben ist zu kurz für überbordende Negativität.

Inwiefern hat sich die Banddynamik durch den Ausstieg von Alex verändert? Gefühlt warst du vorher auch der Quasi-Frontmann, ihr hattet ja bereits eine Tour ohne Alex gespielt, die damals gut lief.
Wie du richtig sagst, wussten wir schon vor Alex’ Ausstieg, dass es ohne ihn funktionieren könnte. Wir waren vor einiger Zeit eine Europatour, bei der Alex krankheitsbedingt passen musste. Damals sprang ich als Frontmann ein, während Kyle Rosa mich an den Drums vertrat. Dieses Line-up hat auf Anhieb gut gepasst und wir mussten uns somit keine großen Gedanken machen, als Alex uns seinen Ausstieg mitteilte. Wir konnten nahtlos weiterarbeiten. Natürlich ist es zu jedem Zeitpunkt schade, wenn nach vielen Jahren der Zusammenarbeit ein so wichtiger Teil der Band wegfällt. Aufgeben war allerdings nie eine Option. Die logische Konsequenz aus dem Besetzungswechsel war, dass ich den Leadsänger gebe und Kyle nun an den Drums sitzt. Davon abgesehen ist Kyle ein absolut geiler Typ, der richtig Bock auf die Band hat. Die Integration fällt da gleich doppelt leicht. Porter hat nun den Schreigesang übernommen und weiter geht der wilde Ritt.