Mit "Testimony" veröffentlichten ANTILLECTUAL aus der Umgebung von Nijmegen, Niederlande Anfang des Jahres ihr zweites Album und stellten den Vorgänger damit klar in den Schatten. Zwar bleiben sie ihrem Stil treu und spielen weiterhin melodischen Punkrock der kalifornischen (beziehungsweise Winnipeg-) Schule der 90er Jahre mit durchdachten politischen Texten, diesen haben sie aber so perfektioniert, dass ihnen ein Platz in der Oberliga sicher sein dürfte. Gut für ANTILLECTUAL, aber auch gut für das deutsche Publikum, das bisher ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde. ANTILLECTUAL starten durch und nach der Tour im Frühjahr wird es in Zukunft auch häufiger Shows im Ox-Land geben. Gitarrist und Sänger Willem beantwortete mir einige Fragen.
Euer neues Album bekommt fast ausschließlich gute Kritiken, als Nächstes steht eine Tour durch die USA auf dem Programm. Es scheint momentan alles ziemlich gut für euch zu laufen. Seid ihr zufrieden?
Es ist wirklich großartig, dass das Album anderen Leuten genauso gut gefällt, wie uns selbst. Wir kriegen echt super Resonanz, sowohl von Seiten der "offiziellen" Reviews als auch von Leuten auf unseren Konzerten. Dadurch fühlt sich die ganze Sache noch ein bisschen richtiger an, wobei wir nicht Musik machen, um irgendjemandem zu gefallen. "Testimony" erscheint im September in den USA auf Jump Start Records und im Anschluss sind wir dort dreieinhalb Wochen auf Tour. Auch wenn wir bereits zwei Mal dort waren, freuen wir uns echt darauf. Das Tollste ist, dass wir neben vielen großartigen Bands auf dem The Fest #7 spielen, dem wahrscheinlich besten Festival in den USA. In Deutschland wurde das Album von Fond Of Life veröffentlicht. Das ist das erste Mal, dass sich jemand ernsthaft darum kümmert, dass unsere Sachen auch dort rausgebracht werden. Wir sind also wirklich sehr zufrieden damit, wie es sich im Moment entwickelt.
Bei eurem Bandnamen könnte man auf die Idee kommen, ihr nehmt euch als Band nicht besonders ernst und Spaß würde bei euch im Vordergrund stehen. Liest man aber eure Texte, die sehr reflektiert eine Vielzahl von Themen behandeln, sieht die Sache ganz anders aus. Seht ihr euch als eine politische Band und habt ihr eine besondere Message, die ihr eurem Publikum vermitteln wollt? Wie wichtig ist euch dieser Aspekt?
Unser Bandname wird auf ganz verschiedene Arten interpretiert und das ist auch gut so, solange wir nicht einzig und allein darauf reduziert werden. Natürlich bedeutet Punkrock für uns Spaß und wir genießen es in der Band zu sein, aber der Name soll eigentlich etwas anderes ausdrücken. Er bedeutet vielmehr "anti" zu sein, aber auf einer intellektuellen Ebene. Dinge kritisch zu betrachten und seine eigenen Ideen zu verwirklichen und nicht blind allem Politischen zu folgen, was gerade in der Szene gehypet wird. Sich seines Handelns bewusst sein und es kritisch zu beleuchten sind Dinge, die wir mit der Band vermitteln oder anregen wollen. Wir werden oft als politische Band bezeichnet und ich habe damit auch kein Problem, schließlich versuchen wir auch Themen, die über das Persönliche hinausgehen, zu behandeln. Wir haben also einen politischen Anspruch. Die Message ist allerdings weder eine "Band-Ideologie" noch etwas, womit einer von uns nicht einverstanden wäre. Worüber wir singen, ist also Konsens in der Band. Ich bin sehr froh darüber, dass so etwas wie die Punk-Szene existiert, in der es die Möglichkeit gibt, eine Message weiterzugeben. Auf der anderen Seite denke ich aber nicht, dass jede Punkband auch eine politische Botschaft haben sollte. Für mich bedeutet Punk, dass man selbst entscheiden kann, was man tun möchte. Egal, ob politisch oder nicht.
Als ich euch zum ersten Mal gehört habe, dachte ich sofort, dass ihr früher bestimmt sehr viel 90er California-Punk gehört haben müsst. Ist das euer musikalischer Background oder womit seid ihr aufgewachsen?
Volltreffer! Genau damit sind wir aufgewachsen. Als Erstes sind wir mit dieser Musik durch die Skate-Szene in Berührung gekommen, zu der wir früher gehörten. Ich denke aber, dass wir Einflüsse aus vielen verwandten Musikstilen verarbeiten, wie Hardcore, Metal, Emo, Rock oder was auch immer, um die Sache interessant zu halten. Sowohl für uns, als auch für die Leute, die unsere Musik hören. Der Anfang kam aber ganz klar durch die Skate-Szene, durch die wir Punkrock und all die verschiedenen Spielarten erst kennen gelernt haben.
Welche Band beziehungsweise welches Album war für euch am einflussreichsten, hat euch dazu bewogen, selbst Musik zu machen, oder dafür gesorgt, Dinge anders zu betrachten?
Das ist wirklich schwierig, ich würde hier eher die ganze Punk-Szene und die Idee, die dahinter steckt, nennen. Wir haben nicht wegen irgendeinem Album oder einer Band angefangen, Musik zu machen. Am meisten hat mich aber wohl PROPAGANDHI beeinflusst. Ich habe mit "How To Clean Everything" angefangen und habe die Band mit jedem Album mehr gemocht. Für mich ist das die beste Band in Bezug auf großartige Melodien, kombiniert mit einer politischen Botschaft. Als wir im August mit ihnen gespielt haben, ist echt ein großer Traum von uns in Erfüllung gegangen. Beeinflusst haben uns aber auch Bands wie HOT WATER MUSIC, STRIKE ANYWHERE oder RISE AGAINST.
Gibt es irgendwelche besonders spannenden Tourstorys? Was war das Lustigste, Faszinierendste oder Schockierendste, was euch bisher passiert ist?
Wir sind ja ziemlich viel auf Tour und da passieren viele unglaubliche Sachen, deshalb ist es schwer, die krassesten Dinge herauszupicken. Wir haben sowohl in Vans als auch in teuren Villen geschlafen, hatten richtig miese Autopannen, abgerissene Anhänger, nackte Bandkollegen, durchzechte Nächte und was weiß ich noch alles. Was ich aber am meisten am Touren mag, ist das weit weg von zu Hause sein, eine ganz eigene Atmosphäre mit den anderen im Bus schaffen und zu realisieren, dass wir wegen unserer Band, der Musik und der Texte durch die Welt fahren können. Das Gefühl ist unbeschreiblich.
Wo seht ihr ANTILLECTUAL in einem Jahr? Habt ihr besondere Ziele, die ihr unbedingt erreichen wollt?
Als wir vor sieben Jahren mit der Band angefangen haben, hatten wir keine Ziele, und wir haben uns auch bisher auf lange Sicht keine gesetzt. Im Moment konzentrieren wir uns fürs Erste aufs Touren. Ein neues Album steht dann erst für Winter 2009/10 an. Falls es schneller geht oder sich verzögert, ist das aber auch okay. Wenn du deine Ziele zu hoch ansetzt, wirst du nur enttäuscht, ohne Ziele erreicht man aber auch nichts. Wir versuchen, uns irgendwo dazwischen zu bewegen.
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