Ob Stan Twitter, Fan-Accounts, oder „Bandoms“: Viele der Gepflogenheiten der Fankultur, wie wir sie heute kennen, haben ihren Ursprung auf Tumblr. Denn Tumblr diente als Katalysator für das ultimative Gedeihen von Fankultur online und hat sie nachhaltig geformt und geprägt.
Macht man einen Schritt zurück, so landet man bei Eminems Song „Stan“, der im Jahr 2000 erschien und einen Fan beschreibt, der eine parasoziale Beziehung mit dem Rapper pflegt und sogar bis zum Tod geht. „Stan“ steht also für „Stalker Fan“. Heute ist „Stan“ ein geläufiger Begriff in Fankreisen, der nicht notwendigerweise in der Extremform genutzt wird, sondern einfach einen großen Fan eines/einer Künstler:in beschreibt. Noch einen Schritt weiter spricht man heute weniger von „Fankultur“ und mehr von „Stankultur“, die ihre eigene Sprache, Regeln und Traditionen umfasst. Viele dieser Traditionen und sprachlichen Ausdrücke haben dabei ihre Anfänge auf Tumblr gefunden. Tumblr war die ausschlaggebende Online-Plattform, die dabei half, „Communities“ zu schaffen, Fans zu vernetzen, und Austausch innerhalb von Fandoms zu fördern. Der größte Unterschied zu heutigen Plattformen, auf denen Stankultur weiter kultiviert wird, ist dabei, dass Anonymität auf Tumblr groß geschrieben wurde und Personenkult somit wenig Bedeutung hatte. Während einige Fan-Accounts auf beispielsweise X (ehemals Twitter) mittlerweile schon ihre eigenen Fans haben, zählten auf Tumblr weder Aussehen noch andere persönliche Details, sondern vielmehr das Füllen des eigenen Blogs mit nennenswerten Inhalten, beispielsweise Bildern von Bands, Zitaten aus Songs, oder Ausschnitten aus Musikvideos.
Der Kult rund um Bands war auf Tumblr auch ein anderer. Der Begriff „Bandom“ wurde auf der Plattform geprägt und war von großer Bedeutung auf Tumblr. „Bandom“ beschrieb dabei vor allem den Fandom rund um alternative Bands. Dabei wurden MY CHEMICAL ROMANCE, FALL OUT BOY und PANIC! AT THE DISCO die drei wichtigsten Bands auf Tumblr und somit zur „holy emo trinity“, die wohl die größte Popularität unter alternativen Bands auf Tumblr genoss. Ein vergleichbares Phänomen findet man, in diesem Ausmaß, nicht in der aktuellen Stankultur.
Dass 2014 der Höhepunkt der Fandom-Kultur auf Tumblr war, erkennt man aber auch daran, dass es 2014 mit „DashCon“ die erste und einzige eigene Fan-Convention von Tumblr selbst gab. Auch wenn sie am Ende wegen schlechter Organisation ein Reinfall war, so zeigt die Convention doch, wie weitreichend die Einflüsse von Tumblr waren, nicht nur online und auf Musikkonsum bezogen, sondern vor allem auch auf Fan-Communities in der echten Welt. Mit der Schnelllebigkeit auf TikTok ist auch ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeit von Band-Popularität und -Wachstum verloren gegangen.
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