VICTIMS FAMILY

White Bread Blues

VICTIMS FAMILY waren Ende der Achtziger und in den frühen Neunzigern eine jener US-Bands, die in Europa eine zweite Heimat gefunden hatten – damals, als tourende Bands aus Übersee noch nicht zur Normalität gehörten.

Sie kamen aus San Francisco, ihr europäisches Label war Konkurrent aus Amsterdam, und wie die befreundeten NOMEANSNO auch waren sie in einer Hinsicht völlig rücksichtslos: Sänger und Gitarrist Ralph Spight wie Bassist Larry Boothroyd scherten sich nicht um irgendwelche Genregrenzen.

Natürlich lagen ihre Wurzeln in der Punk- und Hardcore-Szene der Bay Area, doch hatten sie diese längst hinter sich gelassen, allerdings nur musikalisch und nicht die Attitüde. Funky und groovy, jazzig verbreakt, aber doch immer noch hardcorig druckvoll – frickelig, fiebrig und vibrierend, wie NOMEANSNO auch, so begeisterten VICTIMS FAMILY seinerzeit in den AJZs und besetzten Häusern des gerade wiedervereinigten Deutschlands.

Nachdem 1986 das Debüt „Voltage And Violets“ auf Mordam Records erschienen war, kam dort 1988 mit „Things I Hate To Admit“ auch der Nachfolger, und auch die dritte LP „White Bread Blues“ von 1990 war auf Mordam, bevor die Band dann für die die nächsten vier Alben zu Alternative Tentacles wechselte.

Produziert wurde „White Bread Blues“ von NOMEANSNOs John Wright, eine absolut logische Zusammenarbeit, aus der ein extrem griffiges, trotz seiner Komplexität mitreißendes Album hervorging, das nun von Saint Rose Records aus Santa Rosa, CA neu aufgelegt wurde, und zwar in Vollausstattung mit Textblatt sowie einem dicken Beiheft, in dem viele Freunde und Begleiter ihnen Tribut zollen, dazu massig Fotos und Flyer.

Zudem liegt das Album zwecks Vinylschonung noch als CD bei. Ein essentielles Werk, aus einer Zeit, in der verstanden wurde, dass man nicht Metal oder Jazz spielen muss, um maximale musikalische Komplexität zu zelebrieren.

VICTIMS FAMILY sind übrigens seit einer Weile wieder aktiv und waren zuletzt im Frühjahr 2010 auf Europatour.