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TV PRIEST

Uppers

TV PRIEST-Frontman Charlie Drinkwater ist kein ganz neues Gesicht in der Musikwelt. Einen Namen hat er sich bislang hauptsächlich als Art Director bei Island Records gemacht. Auch in seinen Dreißigern noch auf der Suche nach neuen Herausforderungen hat der Londoner zunächst dort hingeschmissen, seine eigene Agentur gegründet und 2019 schließlich ein seit über einem Jahrzehnt auf Eis liegendes Jugendbandprojekt wiederbelebt. Auch die übrigen TV PRIEST-Bandmitglieder haben der Musik nie ganz den Rücken gekehrt, während Architekt/Gitarrist Alex Sprogis und Gärtner/Drummer Ed Kelland eher ein Hobby daraus machten, hat sich Bassist Nic Bueth ein eigenes Musikstudio (Studio East) zugelegt und arbeitet als Produzent, Mixer und Toningenieur. „I love working with the energy, aggression, passion and pace of punk and post punk, but genre really is no boundary; so long as it has edge, a message and a DIY ethic, I’m into it. If you’d like to make some music together then please get in touch and if you’re ever nearby then swing on by the studios for a cup of tea and chat“, beschreibt er sich auf seiner Homepage und bringt damit die Essenz seiner eigenen Band auf den Punkt. Eine Tasse Tee und ein Plausch mit Ecken und Kanten, nach jugendlichem Übermut oder allzu offensichtlichen Botschaften sucht man auf dem Debüt der bekennend Linken tatsächlich vergeblich – was „Uppers“ nicht weniger energiegeladen ausfallen lässt. Wütend palaverndes Gekeife ersetzen in Garagenlärm und THE FALL-Gedenkgesang getauchte kryptische Textfetzen, mit denen Drinkwater laut eigener Aussage möglichst gewinnbringende Diskussionen anfachen will. Ohne sich gänzlich darauf festlegen zu lassen, versteht sich, textfreie elektronisch-krautige Klanglandschaften („History week“) haben hier ebenso ihre Existenzberechtigung wie gitarrenbefeuerter Krach. Die beiden bereits 2020 veröffentlichten Singles „House of York“ und „Runner up“ haben zwar nicht ihren Weg auf „Uppers“ gefunden, gesellschaftskritische Noten finden sich aber zwischen den Zeilen auch hier – wenn man denn will. In „This island“ zum Beispiel, einem Abgesang auf den Niedergang Großbritanniens. Den direkten Zeitbezug nimmt Drinkwater dabei bewusst in Kauf: „I want the record to age – I don’t care about making something ‚timeless‘. All my favorite records transport me somewhere else.“ Geschrieben und aufgenommen wurde das alles vor dem ersten Lockdown und sollte eigentlich schon 2020 auf einem kleinen Indielabel veröffentlicht werden, bis Sub Pop unverhofft auf den Plan trat. Live haben TV PRIEST pandemiebedingt tatsächlich erst einen einzigen Gig zusammen spielen dürfen, Mythosalarmstufe Rot also. Davon, ob sie den hohen Erwartungen tatsächlich auch gerecht werden, darf man sich hoffentlich bald in munter schwitzender großer Runde überzeugen.