Lesen bildet: „Was liest du [...] noch?“ fragt Jan Röhlk in dieser Ausgabe Ronja vom Plastic Bomb in einem langen Interview, und die antwortet: „[...] An Fanzines lese ich: [...] Ox (meist mit Abscheu).“ Gut, nun weiß ich also Bescheid. Zum Plastic Bomb, zu der Gründergeneration um Micha (ausgestiegen), Swen (ausgestiegen), Helge (beim Ox), Tom (beim Ox), Frank (ausgestiegen), Kuwe (verschollen) pflegte ich immer ein kollegiales Verhältnis. Man sah sich, traf sich, diskutierte, aber war sich im Grunde immer wohlgesonnen, auch wenn im Detail mal unterschiedliche Positionen vertreten wurden. Vor ein paar Jahren kam dann Ronja dazu, die im Ox auch mal interviewt wurde, und an einer Weiterführung des kollegialen Verhältnisses, etwa in Form meiner Hilfe bei der Vermittlung einer neuen Druckerei, gab es meinerseits nie einen Zweifel. Dass sich das Plastic Bomb unter Ronjas Führung veränderte, auch ganz zuletzt, Stichwort: #punktoo – für mich völlig in Ordnung. Aber nun auf diesem Wege lesen zu müssen, wie Ronja das Ox rezipiert, nämlich „meist mit Abscheu“ ... Okay. Geschluckt. Hingenommen. Mit dem Ox-Schreiber kommuniziert, der eigentlich für diese oder nächste Ausgabe ein Interview mit Ronja fürs Ox machen wollte, und ihm erklärt, dass ich daran nach dieser Aussage kein Interesse mehr habe, wofür der auch Verständnis hatte –im Gegensatz zu Ronja, die auf die Absage sinngemäß mit „Das war ja nicht so gemeint“ und etwas eingeschnappt reagierte. „Meist mit Abscheu“ ... Nun, für mich ist das eine sehr unzweideutige, an Klarheit nicht zu überbietende Aussage, die den Vorteil hat – und ich bin ein Freund klarer Worte –, dass ich nun weiß, woran ich bin. Niemand wird gezwungen, das Ox zu lesen, und wenn frau dabei Abscheu findet (duden.de sagt zu „Abscheu“: „Substantiv, maskulin oder feminin – a. physischer Ekel; b. heftiger Widerwille, starke [moralische] Abneigung“) akzeptiere ich das. Und empfinde meinerseits eine gewisse Abneigung, mich weiterhin mit diesem Menschen und dem von ihm verantworteten Druckerzeugnis zu beschäftigen. Abgesehen davon ist Jans Interview nur mäßig erhellend und hilfreich, hier zeigt sich die Schwäche eines nur per Mail geführten Interviews überdeutlich. Hier hätte (am Telefon, via Zoom) diskutiert und nachgefragt werden müssen, anstatt 1:1 abzudrucken. Parallel zum Ox gibt es ein Interview mit REPTILIANS FROM ANDROMEDA aus Istanbul (unseres finde ich gehaltvoller), Mika hat das Presswerk Optimal Records zum Thema Nachhaltigkeit befragt (die große Frage bleibt offen: Warum die auch so viel unnötigen Scheiß auf Vinyl pressen – aber anderes Thema, gepresst wird, was von Labels in Auftrag gegeben wird), KALI MASI kommen zu Wort und beim Modern Illusion Records-Interview ist der Fließtext so groß wie im Ox die Überschriften. So auch bei NOBELSCHROTT. Hätte jeweils auch auf eine Seite gepasst, dann wäre mehr Platz für andere Bands gewesen. Mal drüber nachdenken. Ansonsten: Reviews, News, Kolumnen. Trust lese ich ... meist mit Genuss.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Joachim Hiller