Der Schmerz ist noch frisch, die Ohren pfeiffen noch. Vorgestern die CD bekommen, gestern MODEY LEMON in Köln live gesehen - mit beschämenden 20 anderen. Köln, die hippe Stadt, wo die Clubs bei offensichtlichen Bands den Zustrom von Erstsemesterchen in stylishem Szene-Outfit kaum fassen können - und bei Konzerten wie diesem ist das Grundinteresse in der Stadt nicht einmal so groß, dass 50, 60 Leute auftauchen.
Aber hey, ich habe alle Anwesenden fotografiert, kommt also nicht in einem halben Jahr an und behauptet, ihr hätte die Band schon "damals" gesehen. Mag sein, dass das geringe Interesse etwas damit zu tun hatte, dass das neue Album erst Ende Mai erschienen ist, aber dem steht entgehen, dass das bereits Longplayer Nr.
3 ist. Das Debüt war, man kennt sich eben, auf A-F Records im heimischen Pittsburgh veröffentlicht worden, man wechselte dann in den USA zu Birdman und bekam kurz darauf für Europa den Mute-Deal, und mit dieser soliden Basis unter den Füßen geht es jetzt hoffentlich weiter.
Das Konzert war jedenfalls schon mal eine Offenbarung, ein unglaubliches Noise-Fest, das Trio machte die Hölle los: Keyboard, Moog, Bass, Gitarre im Wechsel, dazu unglaublich Drumming von infernalischer Härte, ausnahmsweise ohne Becken ("Die habe ich in Berlin vergessen"), dafür mit Ölfass und Blech als Ersatz.
Labelmate der EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN zu sein verpflichtet. Da wirkt das Album beinahe schlapp dagegen. Beinahe ... Denn MODEY LEMON haben sich im Vergleich zum Vorgänger modifiziert, aus der Duo-Besetzung mit Gelegenheitsverstärkung ist ein permanentes Trio geworden, Jason Kirker jetzt so richtig dabei, und ihr Herangehen an, ja, nennen wir es ganz einfach Noiserock, ist immer noch sehr eigenwillig.
Da trifft jugendliches Ungestüm(die sehen ja auch alle so jung und harmlos aus vor bzw. nach dem Konzert) auf hemmungslose Experimentierlust, wird Krautrock und KRAFTWERK mit Garagepunk verwurstet, tribalistisches Drumming (man beruft sich auf den Nigerianer Fela Kuti), Psychdelic Rock auf Hardcore-Gebolze, das an alte BEASTIE BOYS erinnert.
Keine leichte Kost, speziell dann nicht, wenn man bei "Trapped rabbits" (ein Bezug auf die Cover-Collage, die wiederum von "Watership Down" inspiriert ist) die 16-Minuten-Grenze knackt. Und doch, kein überambitioniertes Art-Rock-Gepose, sondern das Werk von drei Menschen, die ihre Band sehr ernst nehmen.
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