Denk ich an Pittsburgh, denk ich an ANTI-FLAG, die sich mit ihrem Label A-F Records auch immer wieder darum bemühen, befreundeten Bands zu helfen. Und so erschien das Debüt-Album der hyperaktiven Punk-goes-Noise-goes-Blues-Combo vor zwei Jahren eben dort, bevor das ursprünglich aus Gitarrist/Sänger Phil Boyd und Drummer/Sänger Paul Quattrone bestehende Duo 2003 beim US-Label Birdman unterschrieb und im März nun via dessen europäischem Lizenzpartner Mute endlich das zweite Album „Thunder & Lightning“ auch hierzulande erschien.
Also Pittsburgh. Andere Bands kommen aus New York, genauer gesagt Brooklyn, the hip place to be. „Genau das ist ein guter Grund in Pittsburgh zu leben“, erläutert Paul. „Es ist weit weg von all den ‚music cities‘, und gleichzeitig ist es so gut gelegen, dass man in akzeptabler Zeit New York, Cleveland, Baltimore Washington oder Chicago erreichen kann, um dort eine Show zu spielen. Und überhaupt, New York: Mir scheint, als ob viele dieser neuen NYC-Bands nur einen Sound kopieren, der vor drei Jahren mal neu und angesagt war.“
Ob MODEY LEMON denn Teil einer bestimmten Szene in Pittsburgh sind, frage ich weiter. Paul: „Es gibt hier nicht wirklich eine ‚Szene‘ mit ein paar ähnlichen Bands, ja es gibt nicht mal zwei Bands, die sich gleichen. Sowieso ist hier alles recht undergroundig, man kennt sich eben, und außerdem hat Pittsburgh den Vorteil, dass man hier echt billig leben kann – ich zahle schlappe 150 Dollar für meine Wohnung ... Da kann man es sich als Band einfach leisten, viel auf Tour zu gehen und von seiner Musik irgendwie zu leben, ohne noch zwischendrin jobben zu müssen.“
Bereits erwähnt: Der Wechsel vom Polit-Punk-Label A-F zum Indie-Veteranen Mute – irgendwie außergewöhnlich, oder? „Ja, durchaus“, bestätigt Paul, „aber mit unserem US-Label Birdman gibt es auch den ‚missing link‘. Das ist ein kleines Label, das von Dave Katznelson gemacht wird. Der war früher mal bei Warner, hat gute Kontakte, und er spielte unsere Aufnahmen Daniel Miller von Mute vor. Dass wir anfangs auf A-F waren, liegt daran, dass die auch aus Pittsburgh kommen – musikalisch waren wir da natürlich Außenseiter.“ MODEY LEMON – (k)eine Punkband? „Also mir macht es nichts aus, wenn wir als Punkband bezeichnet werden, aber ich möchte uns auch nicht darauf beschränken. Wir spielen sehr aggressiv, und das wirkt eben punkig. Meine liebsten Punkbands sind letztlich auch immer aggressive Rock‘n‘Roll-Bands.“
Musikalisch reicht das Spektrum des Duos von SUICIDE über JON SPENCER BLUES EXPLOSION bis zu MC5 – Vergleiche, mit denen sie sich wohl fühlen? „Diese Vergleiche habe ich schon häufiger gehört, wir lieben diese Bands, aber unsere Plattensammlungen sind natürlich noch ein ganzes Stück größer.“ Und witzigerweise sind Paul und Phil mittlerweile Labelmates aller drei Bands – wie fühlt man sich da? „Großartig! Als wir bei Mute zu Besuch waren, durften wir auch mal ins Lager und uns nach Belieben bedienen. Ich glaube, wir haben fünfmal soviel rausgeschleppt, als die erwartet hatten, hahaha. Und natürlich vor allem Vinyl.“
Und von wegen Duo: Das Album wurde zwar noch als Duo eingespielt, doch Jason Kirker, der Mann hinter dem Mischpult, war da schon so involviert, dass man ihn nach den Aufnahmen einfach als drittes Mitglied in die Band holte. Paul: „Jason passt einfach zu uns, und für ihn sprach auch, dass er eine schöne Sammlung alter Moog-Synthies besitzt. Zudem spielt er noch Bass und Gitarre, das hilft enorm, unsere ganzen neuen Ideen umzusetzen.“ Zum Beispiel beim neuen Album, das man ab dem Sommer in Angriff nehmen will – aber das ist schon wieder ein ganz andere Geschichte.
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