Okay, das war es dann also. „Jenseits von Gut und Böse“ soll der letzte Wurf sein für TERRORGRUPPE, ehe Schluss ist im Punkerwolkenkuckucksheim, das sie immer bewohnten. Zumindest klang ihre Musik für mich immer irgendwie so wie dieses Wort, was es gar nicht gibt. Sie klang nach Irrsinn, Spaß, Witzwut und Tempo. Und einzigartig eben. Die Jungs von TERRORGRUPPE waren für mich immer die wahren Fun-Punks des Landes. Zu seriös und gut und echtpunkig für ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN. Und zu juvenil und zwanghaft aufmüpfig für den ganzen Rest der Establishment-Rebellen. Sie waren Mitte der Neunziger die Band, mit der ich für mich persönlich den Punkt für das legendäre SO36 in Berlin abhaken konnte. „Dagewesen. Die TERRORGRUPPE gesehen. Ist also doppelt geil!“ Und sie waren für mich mit ihrem Album „Musik für Arschlöcher“ monatelang Helden. Allein „Keine Airbags für die CSU“: Himmel, welche Abreibung für die korrupten Politbonzen! Genau das, was ich als junger Mensch brauchte, um mich abzusetzen vom Rest der sterbenslangweiligen Langweiler! Was danach kam? Egal. Gut: „Melodien für Milliarden“ nahm ich noch mit. Der Rest: Solide, okay, TERRORGRUPPE eben. Ein Muss zwar für einen Fan der ersten Stunde – weil der ja seiner Band treu bleibt. Aber ganz ehrlich: Die erste Platte war für mich die, die zählte. Und jetzt liegt da „Jenseits von Gut und Böse“. Und ich gehe mit zittrigen Fingern ran. Ich möchte, dass das hier gut wird und mich noch mal umhaut. Dass TERRORGRUPPE mit einem Knall gehen, der zumindest in etwa so laut ist wie dieser erste Rumms 1995. Und dann stelle ich plötzlich zweierlei fest. Erstens: Nein, an das Debüt reichen sie nicht heran. Der Knall ist nicht laut genug. Einen Song wie etwa „Der Trottel“ kann ich mir sogar nicht mal wirklich anhören. Irgendwie geht es mir stellenweise allzu juvenil zu. Aber zweitens: Ich merke, dass das auch gar nicht nötig ist. Diese einzigartige Band hat ihre Schuldigkeit doch lange schon getan und macht jetzt das, was am wichtigsten ist: noch einmal Spaß haben. Noch einmal Anfang/Mitte zwanzig sein. Noch einmal Punkrock spielen, als sei der nicht lange schon in den großen Arenen angekommen. Und siehe da, langsam, aber sicher erschließt sich mir dieses Album doch noch. Bringt mich zum Mitsingen. Zum Entdecken eines Ernstes, der hier und da nur gewollt-gekonnt zwischen den Zeilen verborgen liegt und hervorlugt und wichtig und zeitgemäß ist („Alexandra“, „Nestlé“, „Easy Jet“). Verpackt in die Musik, die mich damals – Mitte der Neunziger – schon so gepackt hatte und immer wieder packen wird, sobald ich sie höre. Sollte das hier wirklich der Abschied von TERRORGRUPPE sein, dann gehen sie so, dass jeder, der auch nur ein bisschen was mit ihnen anfangen kann, zwei Tränchen verdrücken wird: Eines für die Trauer darüber, dass sie fort sind. Und eines für die Freude, dass sie noch mal einen rausgehauen haben.
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